Lippische Bauern ziehen Bilanz

Auf den heimischen Höfen herrscht Unsicherheit

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Die Maisernte des vergangenen Jahres fällt niedriger als im Schnitt der vorherigen Jahre aus. Foto: Pottkamp

Kreis Lippe. „Das Jahr 2022 war für uns alle ein sehr herausforderndes Jahr“, resümiert Dieter Hagedorn, Vorsitzender des Landwirtschaftlichen Kreisverbandes Lippe, und ergänzt: „Mit dem Angriffskrieg auf die Ukraine haben wir eine andere Zeit.“ Die Folgen des Krieges spürten die Menschen in allen Bereichen der Gesellschaft.

Auswirkungen des Ukrainekriegs

„Für uns Landwirte war es ein Jahr mit vielen Unsicherheiten und Markturbulenzen“, erläutert Hagedorn. Die Verknappung und Verteuerung der Energie trafen die Landwirtschaft nicht nur direkt, sondern auch indirekt. Beispielsweise sei Dünger im Frühjahr um ein Mehrfaches gestiegen als in der Vergangenheit. Die landwirtschaftlichen Erzeugnisse hätten notwendigerweise im Preis anziehen müssen. Doch mit der Verteuerung vieler Lebensbereiche achten die Bürger beim Einkauf deutlich stärker auf den Preis. Das haben die Bauern zu spüren bekommen. Hagedorn: „Höherpreisige Produkte wie Tierwohlfleisch, Bioprodukte oder sehr arbeitsintensive Erzeugnisse hatten und haben mit erheblichen Absatzrückgängen zu kämpfen.“ So hätten beispielsweise im Frühjahr die Spargel- und Erdbeerbauern massiv darunter gelitten, dass heimische Früchte durch günstige Importwaren ausgetauscht worden seien.

Zukunft der Landwirtschaft

Die Stimmung in den Bauernfamilien sei angespannt, sorgt sich der Vorsitzende. „Wie wird es in der Landwirtschaft weiter gehen? Das fragen sich viele Landwirte.“ Derzeit seien so viele Herausforderungen zu bewältigen, wie selten zuvor. So hätten sich die Bauern in den vergangenen Jahren auf den Weg gemacht, um vieles weiterzuentwickeln und die Zukunft möglichst nachhaltig zu gestalten, erzählt Hagedorn. „Doch wir können überhaupt nicht abschätzen, was sich zukünftig tragen wird.“ Ein Beispiel sei der Umbau der Schweineställe zu Außenklimaställen, verbunden mit erheblichen Kosten und auch Folgekosten. Doch können die Höfe das nur schaffen, wenn sich die Ausgaben irgendwann durch Einnahmen rechnen. Allerding fehle die Bereitschaft, so Hagedorn, „die erforderlichen Preise lassen sich mit teurerem Fleisch – nach höheren Tierwohlstandards erzeugt – oder Bioprodukten nicht erzielen.“ Große Investitionen seien deshalb nicht zu kalkulieren. Besonders die jungen Leute – sehr motiviert und gut ausgebildet – scheuten sich aufgrund der unsicheren Situation und fehlenden Perspektiven vor diesen.

Diesjährige Ernte

„Erfreulicher als angesichts der Trockenheit zu erwarten war, fiel die Getreide- und Rapsernte aus“, resümiert der Vorsitzende. Doch sie zeigte je nach Standort und Regen große Spannbreiten. Dagegen habe die diesjährige Sommerstrockenheit vor allem den herbstlichen Ackerfrüchten Kartoffeln, Gemüse und Mais zugesetzt. Die Erträge seien niedriger als im Schnitt der Jahre und extrem unterschiedlich. „Die Bodenqualitäten spielten eine enorm große Rolle“, beschreibt der Vorsitzende. Bei den Kartoffeln fiel die Ernte ebenso geringer aus. Die Knollen seien kleiner. Weiter zeigten die Zuckerrüben eine sehr starke Streuung. „Auf einigen Flächen liegen sie im Schnitt der Jahre, auf anderen unterdurchschnittlich“, so Hagedorn. Die Zuckergehalte zeigten sich dagegen überdurchschnittlich aufgrund der guten Witterung und viel Sonne im Herbst.

 Außergewöhnlich: Grasschnitt noch Anfang November

Die Sommertrockenheit hat sich in diesem Jahr besonders auf die Wiesen und Weiden ausgewirkt. Rinder, Pferde oder Schafe mussten auf den Weiden häufig zugefüttert werden. Insgesamt waren die Erntemengen an Heu und Grassilage deutlich reduziert. Außergewöhnlich: Noch Anfang November war ein später Grasschnitt möglich. Der warme Oktober ließ das Gras noch gut wachsen. „Dieser Schnitt ist zwar kein riesiger, trägt aber mit zu den Wintervorräten für unsere Tiere bei“, schildert Hagedorn. (lwz)