Angedacht: Ohne Sonne geht es nicht

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Dieter Lorenz, Superintendent im Ruhestand. Fotorechte: Lorenz

Wir leben in einer Zeit, die Sorgen macht. Der Krieg in der Ukraine, unsere Verflochtenheit darin und die negativen Implikationen für unsere wirtschaftliche Stabilität ist jeden Tag im Fokus der Medien.

Man mag manche Aktionen für nicht angemessen halten, aber die Klimafrage mit all den Folgen für die zukünftigen Generationen ist inzwischen weltweit ein Topthema der politischen Agenda.

Man wird nicht leugnen können, dass die Corona-Pandemie großes Leid an Leib und Seele für viele Menschen mit sich gebracht hat.

Und nicht zuletzt macht die unverhohlene Rohheit und wachsende Gewaltbereitschaft in unserer Gesellschaft immer wieder Schlagzeilen und macht vielen auch Angst.

Es ist nicht leicht, in diesem bedrängenden Umfeld einen klaren Kopf und ein mutiges Herz zu behalten. Gibt es Wege, die mir helfen, nicht in diesem negativen Sog der täglichen Nachrichten zu versinken?

Mir ist ein mongolisches Sprichwort in dieser Frage immer wieder wegweisend und hilfreich: „Ein einziger Sonnenstrahl wärmt für viele Winter.“

Mit dieser Sentenz soll doch gesagt werden, dass man die Winter nicht vertreiben kann, aber man braucht ein bisschen Wärme, damit man nicht erfriert. Natürlich sind mit „Winter“ nicht die natürlichen frostigen Jahresabschnitte gemeint, sondern die vielerlei dunklen Zeiten im Leben, denen niemand entkommen kann.

Um aber nicht einer depressiven Weltsicht zu verfallen, braucht es immer wieder Erfahrungen, die die Wolkendecke aufreißen, braucht es „Wärmeerfahrungen“, die mich innerlich aufrichten und trotz allem meinem Herzen Mut und Zuversicht schenken.

Man muss freilich solchen Sonnenstrahlen sein Herz öffnen und ihnen Wohnung in der eigenen Seele geben: Der eine Mensch, der mir heute freundlich begegnet ist, wiegt viele Unfreundlichkeiten auf.

Die eine Hand, die mir heute geholfen hat, macht viele Verweigerungen weniger wichtig. Das eine Wort, das mich heute berührt hat, übertönt alle anderen Misstöne des Tages.

Wenn das so stimmt, dass andere mir zu wärmenden Sonnenstrahlen werden können, dann gilt das ja auch umgekehrt: Ich selbst kann ein solcher Sonnenstrahl für andere sein, indem ich ihnen freundlich zugewandt bin, ihnen meine Hand helfend anbiete, meine Worte ihnen Mut und Zuversicht schenken.

Für mich ist eine Liedstrophe von Dietrich Bonhoeffer immer wieder ein solcher Sonnenstrahl in unserer leider doch oft so winterlichen Zeit: „Von guten Mächten wunderbar geborgen, erwarten wir getrost, was kommen mag. Gott ist mit uns am Abend und am Morgen und ganz gewiss an jedem neuen Tag.“