Detmold. Die gebürtige Mexikanerin und begeisterte Wahl-Detmolderin Karla Enríquez blickt auf ein einschneidendes Musik-Erlebnis aus Kindheitstagen. Es ließ sie später professionelle Musikerin werden.
Als kleines Mädchen besucht sie jeden Sonntag in Monterrey, Mexiko, ihren Großvater. Jeden Sonntag ist sie erneut fasziniert durch das Orchester, das in dem alten schwarz-weiß-Fernseher über den Bildschirm flimmernd ein Konzert gibt. Allerdings ohne Ton – der ist ausgeschaltet. Diese rein ästhetische Begegnung mit dem klanglosen Orchester soll für Karla Enríquez prägend sein: 20 Jahre später hat sie ihren Klang zu dem Bild des Geigenspiels aus der Kindheit gefunden. Sie hat ein klassisches Geigenstudium absolviert und vor fünf Jahren ein Barockensemble gegründet.
LWZ: Frau Enríquez, wie sind Sie dazu gekommen, ihr eigenes Barockensemble zu gründen?
Karla Enríquez: Ich brauchte mein eigenes Ensemble, mit dem ich meine Vorstellungen vom idealen Klang und Konzertgeschehen umsetzen kann. Mir ist es wichtig, ein Team um mich zu haben. Damals habe ich aus der Not eine Tugend gemacht und 2018 das Ensemble Boulevard Baroque gegründet.
Das Ensemble Boulevard Baroque hat sich der sogenannten historischen Aufführungspraxis verpflichtet, also dem Musizieren nach historischen Klangvorbild. Dazu verwendet es das Instrumentarium der Entstehungszeit der jeweiligen Kompositionen. Der Fokus des Ensembles liegt auf den Werken des 17. und 18. Jahrhunderts bekannter Komponisten wie Bach, Vivaldi, Händel oder Corelli, aber auch unbekannteren wie Muffat und Hellendaal. Karla Enríquez übernimmt bei Boulevard Baroque eine Doppelfunktion. Einerseits ist sie Geigerin auf der Position der stellvertretenden Konzertmeisterin, andererseits ist sie Managerin des Ensembles.
Enríquez: Dadurch kann ich mit den Menschen musizieren, vor denen ich bereit bin, mich zu offenbaren. Das ist ein Privileg. So etwas hilft, um gute Musik zu machen und den richtigen Klang zu entwickeln. Es ist aber nicht immer einfach. Wie bei jeder Gruppe, muss man sich finden. Manchmal passt man musikalisch gut zusammen, aber menschlich passt es nicht – oder umgekehrt. Ich frage mich, ob eines der beiden Bereiche Priorität haben sollte.
LWZ: Das Ensemble musiziert auf historischen Instrumenten, auf Violine, Bratsche, Cello und Kontrabass beziehungsweise Violone, hinzu kommen Laute und Cembalo, je nach Bedarf ein Soloinstrument wie Traversflöte oder Barockoboe. Wo findet man heutzutage noch eine Geige des 17. Jahrhunderts, wenn es nicht gerade ein unerschwingliches Instrument der Cremoneser Geigenbaumeister Antonio Stradivari oder Guiseppe Guarneri sein soll?
Enríquez: Meine Geige ist ein Neubau nach historischem Vorbild. Ein 2021 fertiggestellter Nachbau eines originalen Instrumentes des italienischen Geigenbauers Santo Serafino von 1735. Lange habe ich nach dieser Geige gesucht, bis ich in Leipzig eine meinen Klangvorstellungen entsprechende Violine bei dem anerkannten Geigenbaumeister André Mehler fand. Ich habe fünf Geigen von ihm ausprobiert. Es war spannend! Nach einigen Wochen hatte ich meine Favoritin gefunden: Sie klingt sehr warm und kräftig, hat etwas Zupackendes. Ich war schnell sehr verliebt in diese Geige.
LWZ: Worin liegt der Unterschied zu einer modernen Geige?
Enríquez: Der Körper eines Barockinstrumentes ist nicht genormt. Meine Barockgeige hat einen recht dicken Hals. Dadurch hat man mehr Material in der Hand, mehr Korpus. Die Mensur ist ähnlich, aber da der Hals dicker ist, müssen sich die Finger ein wenig anders auf dem Griffbrett positionieren. Außerdem spielt man die Barockgeige „nackt“, also ohne Schulterstütze und Kinnhalter. Lediglich ein Lederläppchen legt man sich auf die Schulter, damit das Instrument nicht auf der Kleidung rutscht.
Das komplette Interview ist am kommenden Samstag, 22. April, in der Print-Ausgabe und im ePaper zu lesen.
Karla Enríquez gibt mit ihrem Ensemble Boulevard Baroque am Freitag, 28. April, ein Konzert in der Christuskirche in Detmold. Weitere Informationen sind hier zu finden.
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Bereits zu Schulzeiten entdeckte Yves Brummel seine Leidenschaft für Journalismus, die er während seiner knapp neunjährigen Tätigkeit als Freier Mitarbeiter in der Lokalsportredaktion des Westfalen-Blatts in Gütersloh vertiefen durfte. Nach Stationen unter anderem in den Medienabteilungen von Arminia Bielefeld und Dr. Kurt Wolff sowie in der Sportkommunikation der Arvato-Medienfabrik landete er nach Abschluss seines Masterstudiums im Bereich Journalismus und Medienkommunikation als Freier Redakteur bei Lippe aktuell. Zudem war der gebürtige Gütersloher zu dieser Zeit für den Postillon in Lage tätig. Seit 2023 ist er Freier Redakteur bei der LWZ und schreibt für das Westfalen-Blatt in Schloß Holte-Stukenbrock.