Auszubildende dringend gesucht – DEHOGA-Geschäftsführer Kai Buhrke im exklusiven LWZ-Interview

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DEHOGA-Geschäftsführer Kai Buhrke spricht im LWZ-Interview über die aktuelle Situation in der Gastronomie. Foto: Andreas Leber

Kreis Lippe/Detmold. Dipl.-Oec. Kai Buhrke ist als langjähriger Geschäftsführer des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands (DEHOGA) für den Kreis Lippe zuständig. Im Interview mit der LIPPISCHEN WOCHENZEITUNG spricht der 54-Jährige über die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die Gastronomie und das Beherbergungsgewerbe sowie die aktuelle Lage in der Branche. So sei die Corona-Zeit ohne größere Betriebsaufgaben an Lippe vorbeigegangen.

LWZ: Herr Buhrke, wie lange sind Sie nun schon Geschäftsführer des DEHOGA in Lippe?
Kai Buhrke: Seit 2009 lenke ich hauptamtlich die Geschicke des DEHOGA. Neben mir wird der Verband von zahlreichen Mitgliedern ehrenamtlich begleitet.

LWZ: Was ist der DEHOGA genau und wer zählt in Lippe als Mitglied dazu?
Buhrke: Wir sind ein klassischer Arbeitgeber- und Wirtschaftsverband, der bundesweit die Interessen von rund 65.000 Unternehmen aus dem gesamten Gastgewerbe vertritt. Die Bandbreite der Betriebe, die freiwillig in unserer als Verein geführten Organisation Mitglied sind, geht dabei vom kleinen Imbiss bis zum Vier-Sterne-Hotel. Der DEHOGA-Lippe ist einer von 17 Landesverbänden und Mitglied im DEHOGA-Bundesverband, der sich auf Bundesebene für die Belange der Branche einsetzt. Mit weit über 500 Mitgliedern ist nahezu jeder zweite Betrieb aus dem Gastgewerbe bei uns im Kreis Lippe in unserer berufsständischen Interessenvertretung organisiert.

LWZ: Wie schwer war die Corona-Zeit für die DEHOGA-Mitglieder?
Buhrke: Neun Monate lang hatte Corona die Gastronomie und Hotellerie in Lippe fest im Griff. Lockdown, komplette Schließungen, Existenzängste und Kurzarbeit waren eine sehr schwere Zeit für die Branche und ihre Beschäftigten. Dank der Wirtschaftshilfen der Bundesregierung konnte vieles abgefedert werden, aber einige Betriebe haben Corona leider nicht überlebt und viele Mitarbeiter mussten die Branche unfreiwillig verlassen.

LWZ: Anhand einer Statistik aus NRW lässt sich das Corona-Ausmaß auf die Branche mittlerweile belegen.
Buhrke: Genau, 2019 gab es in NRW noch rund 42.795 Betriebe und 2021 nur noch 36.097 Betriebe, also ein sehr starker Rückgang. Ich hoffe aber, dass sich die Branche trotz der weiterhin schwierigen Rahmenbedingungen nun bald wieder erholt.

LWZ: Was hat der Gastronomiebranche zudem noch geschadet?
Buhrke: Der Angriff Russlands auf die Ukraine und die Folgen des Krieges bereiten unserer Branche große Sorgen. Die Betriebe sehen sich mit nie gekannten Kostensteigerungen konfrontiert. Die Energiepreise schnellen in unbekannte Höhen, Lebensmittel verteuern sich im Rekordtempo. Der Krieg verschärft Engpässe und treibt die Inflation. Darüber hinaus müssen die Betriebe die stark gestiegenen Löhne und Gehälter für Mitarbeiter aufbringen. Besonders bitter: Gute Nachfrage kann oft nicht bedient werden, da Mitarbeiter fehlen.

LWZ: Wie sieht es mit den Mitarbeitern in puncto Fachkräftemangel aus?
Buhrke: Mitarbeitermangel ist vielleicht treffender. Durch die Schließungen während der Corona-Pandemie verzeichnete die Branche massive Beschäftigungsrückgänge. Mit der Dauer der Pandemie stieg die Abwanderung in andere Branchen. Die Pandemie hat bis heute tiefe Spuren hinterlassen, der Mitarbeitermangel zählt deshalb zu den größten Herausforderungen in der Branche.

LWZ: Also werden Auszubildende dringend gesucht?
Buhrke: Ja, die Gastronomie und auch die Hotellerie suchen dringend in allen Bereichen Auszubildende. Ich empfehle allen Interessierten dort vorab erstmal ein Praktikum zu machen, um auszuprobieren, ob einem die Tätigkeit liegt. Eines ist jedoch sicher: Wohl kaum keine andere Branche ist so spannend und abwechslungsreich wie das Gastgewerbe. Nach der erfolgreichen Ausbildung braucht man sich auch keine Sorgen über seine Zukunft zu machen. Als ausgebildete Fachkraft ist man überall willkommenen.

LWZ: Kann die Politik die Branche in der aktuellen Situation unterstützen?
Buhrke: Ja, wir fordern für unsere Branche einen fairen Wettbewerb. Die schon durch Corona stark gebeutelte Gastronomie muss weiterhin entlastet werden und auch bei den starken Preiserhöhungen müsste dringend etwas passieren, da man die Mehrkosten nur zum Teil an die Gäste weitergeben kann.

LWZ: Momentan gilt für die Gastronomie doch ein reduzierter Mehrwertsteuersatz von sieben Prozent.
Buhrke: Das stimmt, aber leider nur befristet bis zum 31. Dezember. Nur mit den sieben Prozent Mehrwertsteuer ist es uns gelungen, die explodierenden Kosten bei Energie, Lebensmitteln und Personal zumindest teilweise aufzufangen. Unsere Gäste fühlen diesen Kostendruck und die gestiegenen Preise in fast allen Lebensbereichen auch deutlich. Die Grenze des Vertretbaren ist erreicht. Unsere Branche braucht deshalb zwingend keine Steuererhöhung, sondern ein klares Bekenntnis zur dauerhaften Geltung des reduzierten Mehrwertsteuersatzes für Speisen in Restaurants. Wir wollen weiterhin Gastgeber für alle sein, auch für Normalverdiener und ihre Familien. Ein Preis-Schock im Gastgewerbe, der im Fall einer Mehrwertsteuererhöhung auf 19 Prozent unvermeidbar wäre, passt nicht in die Zeit und würde vielen Betrieben die wirtschaftliche Basis entziehen, da viele Gäste wegbleiben würden, weil sie sich einen Restaurantbesuch nicht mehr leisten können.

LWZ: Das „Land des Hermann“ ist immer noch ein beliebtes Reiseziel, wie sehen die aktuellen Touristenzahlen aus?
Buhrke: Ja, unsere Region ist ein sehr beliebtes Reiseziel. Die amtliche Statistik für Übernachtungen hat für Lippe im Jahr 2022 rund 330.000 Gäste gezählt. Dieses ist gegenüber 2021 eine Steigerung von 39 Prozent. Wir sind dankbar und froh, dass unsere Gäste wieder in die Region und in die Betriebe zurückgekommen sind und wir wieder unsere gewohnte Rolle als perfekte Gastgeber ausfüllen können.

Das Gespräch führte Redakteur Andreas Leber.