Kreis Lippe/Minden. Der Choreografische Leiter Miguel-Angel Zermeño hat seine Augen überall, gibt Anweisungen und greift korrigierend ein, wenn es nötig ist. Circa 80 Mädchen und Jungen tanzen zusammen für das erste Projekt nach Corona in unmittelbarer Nachbarschaft zu Lippe.
Noch gibt Zermeno da und dort Hilfestellung, um für mehr Sicherheit zu sorgen, doch die Probenzeit rast schnell dahin und es dauert nicht mehr lange, dann stehen die jungen Tänzer allein auf der Bühne, dieses Mal im Rahmen von „Martini um 12“ auf der Martinitreppe im Zentrum der Stadt Minden.
Community Dance ist in Minden schon seit 16 Jahren beheimatet – 2007 wurde der in Bonn lebende Tänzer und Choreograf Miguel-Angel Zermeño eingeladen, um dem Community Dance vor Ort auf die Beine zu helfen.
Eine absolute Erfolgsbilanz kann sich sehen lassen, und sogar in Corona-Zeiten hat sich Zermeño mit seinem Team etwas einfallen lassen: Statt die Proben abzusagen, wurde das schon gebuchte Theater nebst Orchester für eine Videoproduktion genutzt, wobei das Stück nicht nur auf der Bühne stattfand, sondern auch der leere Publikumsraum betanzt wurde.
Bei jedem der mittlerweile 15 Tanz-Projekte wurden mehrere ganz unterschiedliche Schulen eingebunden, so zum Beispiel auch die Wichernschule, eine Förderschule für Menschen mit Behinderung. „Inklusion soll nicht als besonderes Merkmal eines Tanzprojektes hervorgehoben werden, sondern es ist als Teil der Gesellschaft zu sehen und gehört als Selbstverständlichkeit dazu – das war vielmehr ein Automatismus als eine Überlegung“, erklärt Zermeño die Einbindung dieser Schule.
Zu dem damaligen Zeitpunkt war es noch nicht gang und gäbe, inklusive Projekte zu organisieren – da war die Stadt Minden ein Vorreiter. Der mexikanische Choreograf meint allerdings, dass man bei Community-Dance-Projekten von einer allzu beliebten Etikettierung wie inklusiv oder integrativ wegkommen müsse, denn mit dem Hervorheben einer Gruppierung sorge man quasi schon für eine Art Ausgrenzung.
Bisher waren alle Projekte reine Schülertanzprojekte und für den erfahrenen Choreografen fehlt da ein großer Teil der Gesellschaft: „Mein Wunsch ist es, die zukünftigen Projekte für jedermann zu öffnen, so dass es Generationen übergreifend ist und es ebenso eine kulturelle Vielfalt gibt – quasi eine Einladung an alle hier Lebenden; denn Tanz ist ideal, sich auch über Sprachprobleme hinweg gut zu verständigen. Alle fühlen sich dann als Teil eines Teams und das ist wichtig, auch für die Gesellschaft.“
Nach den Jahren der Corona-Pandemie kann jetzt endlich wieder ohne Auflagen, unbeschwert und mit viel Kontakt geprobt werden. „Con-Takt“, so heißt das Stück dann auch zweideutig: Die gelben Socken, mit denen alle Tänzerfüße versehen sind, bewegen sich im Takt zur Musik und können auch als gute Vernetzung untereinander gesehen werden.
An dem dieses Jahr eher kleinen Projekt haben sich sieben Schulen beteiligt und arbeiten jeweils an einer Szene – allen gemeinsam ist die Nutzung von Weltmusik. Funktionieren würde es nicht ohne das Team hinter dem künstlerischen Leiter: Mit im Boot sind die Tanzpädagoginnen Petra Brozmanova-Nottmeier und Anna Weber (Ratsgymnasium), Elke Moormann (Kuhlenkampschule und Wichernschule), Samira Janzen-Diab (Freiherr-von-Vincke-Realschule), Laura Álvarez (Waldorfschule), Anna Nasirov (Lutherschule) und Kira Bekemeyer (Käthe-Kollwitz-Realschule), die die einzelnen Gruppen betreuen.
Mit dem 16. Community Dance Projekt gibt es dieses Jahr eine Neuerung – ähnlich dem Slogan „Minden – die Stadt mit dem Plus“, wird der Schüleraufführung noch ein kleiner, für sich stehender Teil angehangen: Menschen aus der Ukraine, Kinder wie Erwachsene, tanzen kostümiert ein folkloristisches Stück ihrer Heimat.
Die jungen Tänzer der weiterführenden Schulen Mindens werden als große „Community Dance Minden“- Companie an diesem Samstag, 3. Juni, ab 12 Uhr, auf der Martinitreppe das Stück „Con-Takt II“ aufführen.
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Der gebürtige Aachener Mathias Lindner liebt das Kreativsein und hat sich in vielen kulturellen Sparten ausprobiert: Musik, Zeichnen, Gestalten, Schreiben, Radio machen und seit zwölf Jahren mit Leidenschaft Filmen – am liebsten Tiere und Tanz. Bei allem, was er macht, ist ihm eines besonders wichtig: Der Humor, der ihm auch dann wieder auf die Beine hilft, wenn er als Berichterstatter in einem Schweinemaststall gelandet ist.