Detmold. 38 Jahre lang war Daniel Stabrawa als Geiger und Erster Konzertmeister bei den Berliner Philharmonikern tätig. 2021 verließ er seine langjährige Wirkungsstätte und ist seitdem Künstlerischer Leiter des Detmolder Kammerorchesters. Die LIPPISCHE WOCHENZEITUNG traf den Musiker nun zum exklusiven Gespräch über seinen beruflichen Werdegang, sein Engagement beim Kammerorchester in Detmold sowie die große Bedeutung der Musik in seinem Leben.
LWZ: Guten Tag Herr Stabrawa, vielen Dank, dass Sie sich die Zeit nehmen und einen Einblick in Ihre Arbeit gewähren. Erzählen Sie doch erstmal etwas über sich.
Daniel Stabrawa: Ich bin 67 Jahre alt und war lange Zeit als Geiger und erster Konzertmeister bei den Berliner Philharmonikern tätig. Nach meiner Pensionierung 2021 habe ich mich entschlossen, weiter Musik zu machen – aber eben nicht mehr als Konzertmeister, sondern mit jungen, talentierten Menschen, die sich noch ausbilden möchten.
LWZ: Wollten Sie schon immer Musiker werden?
Stabrawa: Ja! Ich glaube, es ist eine Voraussetzung, schon als Kind von sich aus den Drang zu haben, musizieren zu wollen – und den hatte ich. Natürlich hatte auch ich Phasen, in denen ich weniger Lust hatte, besonders nach der Pubertät habe ich aber extrem viel, teilweise sieben bis acht Stunden täglich und auch im Urlaub, geübt. Ich hatte ein Ziel: Musik zu machen. Mir hat es Spaß gemacht und ich habe gemerkt, dass ich durch das Üben immer besser wurde. Was sich danach ergeben hat, war eine Kombination aus Glück, Zufall und dem Ergebnis meines Fleißes.
LWZ: Was war der Anfang ihres professionellen, beruflichen Werdegangs? Und wie ist dieser weiter verlaufen?
Stabrawa: Als Student wurde ich von dem Dirigenten des Krakauer Kammerorchesters eingeladen, mitzuspielen. Nach dem Konzert hat er mich darauf hingewiesen, dass ich mir mein Geld abholen könne. Daran hatte ich überhaupt nicht gedacht – es war für mich großartig, mit etwas, was mir so viel Spaß bereitet, mein Geld zu verdienen. Somit wusste ich, dass ich Geiger werden wollte, hatte aber keinen genauen Plan oder bestimmtes Ziel. Daraufhin habe ich an Wettbewerben teilgenommen, um andere Künstler aus der ganzen Welt kennenzulernen.
LWZ: Wie ging es dann weiter?
Stabrawa: Meine erste berufliche Einstellung ergab sich schließlich als Konzertmeister beim Krakauer Sinfonieorchester. Direkt bei so einem großen Orchester anzufangen, war nicht einfach. Darüber hinaus habe ich angefangen, mit meiner Frau als Pianistin und einem Freund als Cellisten regelmäßig Kammermusik zu spielen. Später wollte ich eigentlich zur Nationalphilharmonie nach Warschau, dann kam aber gleichzeitig das Angebot der Berliner Philharmoniker, bei der ich 1983 nach einem Probespiel zunächst als Geiger und drei Jahre später als erster Konzertmeister angefangen habe.
LWZ: Wie haben Sie die Zeit bei den Berliner Philharmonikern erlebt?
Stabrawa: Jeder Tag war eine Herausforderung: Der Anspruch war es, jedes Mal auf allerhöchstem Niveau zu performen. Wir wollten immer das Beste geben und hatten das Ziel, besonders zu sein. Eine tolle Erfahrung war es vor allem, die besten Dirigenten und Solisten des Jahrhunderts – sowohl als Künstler, aber auch als Menschen – hautnah zu erleben. Ich bin sehr dankbar, dass ich auf höchster Ebene agieren durfte – es ist ein absolutes Privileg, Teil dieser Einheit gewesen zu sein. Faszinierend fand ich es, dass jeder der 60 bis 80 Musiker eine eigene Wahrnehmung des Geschehenen hatte: Nach dem Konzert gab es immer Künstler, die begeistert und andere, die total gebrochen waren.
LWZ: Vermissen Sie die Zeit dort?
Stabrawa: Ich glaube, ich kann es nicht vermissen, da ich es erlebt habe. Somit ist es noch in mir. Ich habe die Zeit geliebt, aber jetzt ist es vorbei und ich möchte auch nicht wieder zurück. Zudem war es sowohl körperlich als auch psychisch sehr anstrengend. So bin ich zum Beispiel auch krank aufgetreten, da der Leiter kurzfristig nicht zu ersetzen ist.
LWZ: Wie sind Sie schließlich zum Detmolder Kammerorchester gekommen?
Stabrawa: Mein Vorgänger Alfredo Perl und ich kennen uns, er lebt in Berlin und hat mich des Öfteren bei Konzerten besucht – die Welt der Musik ist dann eben doch klein. Irgendwann hat er mich zu einem Konzert nach Detmold eingeladen. So ist der Kontakt entstanden und wurde aufrechterhalten, als das Detmolder Kammerorchester einen neuen künstlerischen Leiter gesucht hat. Ich habe zunächst etwas gezögert, da es eine verantwortungsvolle Aufgabe ist, die ich sehr ernst nehme. Meine Bedenken waren, ob ich es physisch durchstehe, da es auch viel Kraft kostet. Ich möchte aufhören, wenn es am schönsten ist und nicht Konzerte geben, wenn ich zu schwach bin und keine Kontrolle mehr habe. Aktuell bin ich jedoch sehr froh, hier zu sein. Es ist zwar anstrengend, macht aber auch viel Spaß, mit noch jungen, aber bereits hochprofessionellen, Künstlern zu arbeiten und meine Erfahrung weiterzugeben. Diese kann man erst im Beruf sammeln und ich freue mich, wenn sich fremde Menschen nach nur einer Stunde durch Tipps von mir verbessern.
LWZ: Was begeistert Sie besonders am Detmolder Kammerorchester?
Stabrawa: Das Orchester ist ein Schatz in Detmold und muss unbedingt erhalten bleiben! Insgesamt ist es mehr eine Idee als ein Beruf. Zudem existiert es schon über 60 Jahre – es ist wichtig, dass ein Orchester Tradition hat, Dirigenten und Leiter kommen und gehen, aber das Orchester bleibt. Dies gibt ihm ein spezielles Flair. Wir alle lieben die Musik und ihre Schönheit und möchten dies dem Publikum zeigen.
LWZ: Was ist in diesem Jahr noch mit dem Kammerorchester geplant?
Stabrawa: Das letzte Konzert dieser Saison findet am Dienstag, 4. Juli, im Konzerthaus der Hochschule für Musik in Detmold statt. Die Zuhörer können sich auf Stücke von Mozart, Tansman und Wagner freuen. Das erste Abonnementkonzert der neuen Spielzeit ist am 31. Oktober und wird nicht wie bisher im Konzerthaus, sondern in der Stadthalle stattfinden. Die kommende Saison ist schon fast fertig geplant – nach dem Konzert ist immer vor dem Konzert.
LWZ: Verraten Sie uns abschließend, welche Bedeutung die Musik im Allgemeinen für Sie im Leben hat.
Stabrawa: Musik ist nicht vom Leben zu trennen, es ist unsere Umgebung. Die Aufgabe der Komponisten ist es, die Geräusche der Umwelt zu ordnen und in Bahnen zu lenken. Ich persönlich liebe es zu musizieren und übe momentan zum Beispiel Klavier, da die vollkommenen Klänge und Harmonien mich beruhigen. Gerne schaue ich mir aber auch Opern bis zum Ende an, die ich zufällig im Fernsehen entdecke. Für mich ist immer die Musik die schönste, die ich gerade spiele oder höre. Wenn ich in ein Konzert gehe, suche ich auch nicht nach Fehlern, dann möchte ich einfach die Musik als Idee genießen. Zusammenfassend kann man sagen, dass Musik für mich wie eine Sprache ist, über die man sich, vielleicht sogar besser als durch Worte, ausdrücken kann.
Das Gespräch führte Redakteurin Alina Knoerich.
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Bereits zu Schulzeiten entdeckte Yves Brummel seine Leidenschaft für Journalismus, die er während seiner knapp neunjährigen Tätigkeit als Freier Mitarbeiter in der Lokalsportredaktion des Westfalen-Blatts in Gütersloh vertiefen durfte. Nach Stationen unter anderem in den Medienabteilungen von Arminia Bielefeld und Dr. Kurt Wolff sowie in der Sportkommunikation der Arvato-Medienfabrik landete er nach Abschluss seines Masterstudiums im Bereich Journalismus und Medienkommunikation als Freier Redakteur bei Lippe aktuell. Zudem war der gebürtige Gütersloher zu dieser Zeit für den Postillon in Lage tätig. Seit 2023 ist er Freier Redakteur bei der LWZ und schreibt für das Westfalen-Blatt in Schloß Holte-Stukenbrock.