Tausende Apothekenmitarbeiter in OWL auf der Straße

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Auf dem Prinzipalmarkt in Münster versammeln sich rund 1.000 Apothekeninhaber und -mitarbeiter, um gegen die Gesundheitspolitik zu protestieren. Foto: Apothekerverband Westfalen-Lippe

Kreis Lippe/Münster. Geschlossen – damit sie nicht für immer dichtmachen müssen. Die Apotheken in Westfalen-Lippe haben an diesem Mittwoch, 14. Juni, aus Protest gegen die Gesundheitspolitik nicht geöffnet. Stattdessen sind die Apothekenteams auf die Straße gegangen, um lautstark von der Bundesregierung einen Kurswechsel zu fordern.

Dramatische Lieferengpässe, die Patienten und Apothekenmitarbeiter belasten, unnötige Bürokratie, ungerechtfertigte Regressforderungen der Krankenkassen und eine mittlerweile defizitäre Vergütung – dagegen setzen sich die Apotheken derzeit zur Wehr.

Mit einer Vielzahl von Protestaktionen in Westfalen-Lippe haben sie die Missstände und ihre Forderungen öffentlich gemacht: In Münster etwa fanden sich gut 1.000 Inhaber sowie Mitarbeiter zu einer Kundgebung vor dem Rathaus ein. In Herford haben 900 Teilnehmer protestiert.

600 sind in Dortmund auf die Straße gegangen, rund 500 in Paderborn, in Hagen, Recklinghausen und Detmold je 300, 250 in Gütersloh und 150 in Soest. An vielen weiteren Orten haben die Apotheken mit Infoständen vor den Notdienstapotheken ihre Patienten informiert.

„Keine Eintagsfliege“

„Bei ihnen stoßen wir auf großes Verständnis“, so Thomas Rochell, Vorstandsvorsitzender des Apothekerverbandes Westfalen-Lippe, „denn wir protestieren insbesondere für sie und ihre Versorgung. Wenn sich die Bedingungen nicht ändern, wird die Zahl der Apotheken vor Ort weiter zurückgehen. Mittlerweile haben wir in den vergangen 20 Jahren mehr als 4.000 Apotheken verloren – und 10.000 Unternehmer.“

Mehr als 90 Prozent der westfälisch-lippischen Apotheken haben sich einer Umfrage des AVWL zufolge an dem Protesttag beteiligt. „Das hat es noch nie gegeben“, sagt Rochell. Dies zeige, wie belastend und angespannt die Situation sei.

Die Apothekenteams fordern von der Bundesregierung mehr Handlungsfreiheiten, um im Falle von Lieferengpässen Lösungen für die Patienten zu finden. Sie verlangen einen Abbau der Bürokratie, die ohnehin knappe Mitarbeiterressourcen unnötig bindet. Sie drängen auf einen Schutz vor ungerecht-fertigten Regressen der Krankenkassen, die die Abgabe von Alternativpräparaten im Falle von Lieferengpässen zu einem wirtschaftlichen Risiko werden lassen.

Und sie fordern eine Anpassung der Vergütung, die trotz steigender Personal- und Sachkosten in den vergangenen zehn Jahren nicht erhöht, sondern zuletzt sogar gekürzt worden ist. „Wir müssen aber unsere Mitarbeiter auch in Zukunft noch bezahlen können“, kritisiert Thomas Rochell.

In Akutfällen ist die Versorgung der Patienten an diesem Protesttag durch die Notdienstapotheken gesichert gewesen – und ab dem Folgetag wieder durch alle Apotheken. „Ich bin sehr froh, wenn wir dann wieder für unsere Patienten da sein können“, so Rochell. Dennoch: „Wenn die Politik nun nicht gegensteuert, werden weitere Aktionen folgen. Der Protest bleibt keine Eintagsfliege.“ (lwz)