Angedacht: Aus dem Stress zur Stille

52
Winfried Neumann, Pastor im Pastoralverbund Lippe-Detmold. Fotorechte: Winfried Neumann

Dem Alltagsstress kann nur entgehen, wer’s vermeidet aufzustehen.“ Wir alle werden wohl die bittere Wahrheit dieses humorvollen Sinnspruchs bestätigen können: Stress gehört zu unserem Leben einfach dazu.

Der Begriff Stress ist ein Reizwort unserer Gegenwart. Das bedeutet nicht in erster Linie schwere körperliche Arbeit. Es handelt sich eher um eine nervliche Belastung: Wir meinen, wir würden etwas nicht schaffen, zum Beispiel eine bestimmte Leistung, die von uns gefordert wird. Oder auch wir suchen Kontakt zu anderen und finden den nicht so recht.

Dadurch entsteht Unsicherheit, ja Angst: Der Leistungsdruck wird größer, die Hektik schlimmer, die Ruhephasen immer seltener und kürzer. Am Ende ist das Ergebnis unserer Arbeit geringer, ist unsere Gesundheit geschwächt.

Ein Mensch, der selber innerlich ruhig ist, wird sicherlich mehr erkennen, mehr wahrnehmen als jemand, der sich hektisch vorantreibt. Doch diese innere Ruhe, dieses Still-Werden fällt offenbar schwer; gerade angesichts der dauernden Reizüberflutung, der wir ausgesetzt sind.

Die Bedeutung von Stille wird in einer Geschichte aus dem Alten Testament (1 Kön 19,8-13) besonders eindringlich geschildert. Der Prophet Elija ist vor dem Königspaar Ahab und Isebel in die Wüste geflohen. Am Berg Horeb, vor dem Eingang einer Höhle, wird ihm dann mitten in der Einsamkeit – auf überraschende Weise – eine religiöse Erfahrung zuteil. In der Stille, in einem leisen, sanften Säuseln begegnet ihm Gott.

Wir alle sind in den Sommerferien aufgerufen, endlich zur Ruhe zu kommen, in der Stille zu uns selber zu finden. Vielleicht können wir nun all das ausblenden, was uns das Leben schwer macht, was bei uns Stress auslöst. Auch der Glaube an Gott, die Begegnung mit seinem Wort, kann uns, wie ich hoffe, innerlich beruhigen. So sind wir eingeladen, Stille zu suchen und Stress hinter uns zu lassen, gerade jetzt in der Ferienzeit.