Bad Salzuflen. Das Stadtbild Bad Salzuflens prägen seit Jahrhunderten, noch vor der Gründung des Staatsbades, die Gradierwerke. Um 1716 waren sie noch ein Teil der Saline und wurden verwendet, um das kostbare Salz aus der Bad Salzufler Sole effektiv und einfach zu gewinnen. Davor fand die Gewinnung des weißen Goldes mittels Auskochens in Pfannen noch mühsam auf dem Salzhof statt.
Das erste Salzufler „Gradierfall“ baute Johann Friedrich Constantin Freiherr von Beust. Er war ein Fachmann in Sachen Gradierwerke und in ganz Deutschland gefragt. Graf Simon August zur Lippe beauftragte ihn, ließ ihm freie Hand und ernannte ihn sogar zum ersten Salinendirektor. Das Gradierwerk-Ensemble ist aber nicht nur ein liebevolles Relikt aus vergangenen Tagen, sondern bildet auch ein Freiluftinhalatorium und ist eines der wichtigsten therapeutischen Angebote des Staatsbades.
Das bekannteste ist das „Erlebnisgradierwerk“, das im Juli 2017 als eines der modernsten seiner Art in Europa eröffnet wurde. Nun steht für die Wahrzeichen der Stadt Bad Salzuflen eine umfangreiche Überprüfung und Sanierung an. „Die Gradierwerke laufen heutzutage länger im Jahr als früher. Diese verlängerten Betriebszeiten sind unter anderem der Grund, warum die Versinterung der Schwarzdornen schneller voranschreitet“, sagt Oliver Müterthies, Technischer Betriebsleiter der Eigenbetriebsähnlichen Einrichtung Gebäudewirtschaft (EEG) der Stadt.
Im Schnitt müsste der Schwarzdorn, der aus Polen bezogen wird, alle 15 bis 20 Jahre ausgetauscht werden. Beim Uhrenturm-Gradierwerk hätte dies 2013 stattgefunden, beim Erlebnisgradierwerk 2007 und beim nun überprüften Gradierwerk Rosengarten teilweise 1998 respektive 2008.
Während die anderen beiden Werke von innen begehbar sind, ist dies beim Gradierwerk Rosengarten nicht der Fall. Es entstand in vier Abschnitten in der Zeit von 1809 bis 1826. Es ist insgesamt 160 Meter lang und hat eine Tiefe von rund 1,5 Metern. Aufgrund seiner fehlenden Begehbarkeit wurde die Firma Gradpol aus Bielefeld beauftragt, einen großen Block des Schwarzdorns herauszuschneiden, um die dortige Holzkonstruktion freizulegen.
Dafür war Krzysztof Lazarz vor Ort und legte per Motorsäge und Beil die Öffnung frei. Seine Firma und auch er ist seit 35 Jahren auf Gradierwerke spezialisiert und betreuen rund 100 Gradierwerke in Deutschland.
Sein erstes Ergebnis, der darunter liegenden Holzkonstruktion ergab, dass das Gerüst noch „1A“ in Ordnung sei. Für die Konstruktion wird Eichen- und Lärchenholz verwendet und die großen Stützen des rund acht Meter hohen Bauwerks bestehen aus Douglasie.
Am oberen Rand der drei Gradierwerke befinden sich verteilt in gewissen Abständen 150 Holzkräne, die der Gradierwerkmeister jeden Morgen gegen 7 Uhr von Hand aufdreht. Erst dann können die rund 600.000 Liter Sole über die großen Schwarzdornwände rieseln und den feinen, zerstäubten Solenebel erzeugen.
Die Hauptspeisung erfolge, so Oliver Müterthies, über ein großes Becken, das unter dem Erlebnisgradierwerk sitze. Ein weiteres Problem sei, dass die Sole zu viel Eisen und Mangan enthalten würde. Dies führe nicht nur zur rötlichen Farbe, sondern fördere auch die Versinterung. Andere Städte hätten bereits Filtersysteme installiert, diese Option überprüfe man nun auch für Bad Salzuflen.
Bürgermeister Dirk Tolkemitt zeigte sich erleichtert, dass an der Holzkonstruktion voraussichtlich nichts erneuert werden müsse. „In den kommenden Tagen wird dieser Aspekt aber noch durch einen Statiker genau überprüft und hoffentlich bestätigt“, sagt der Bürgermeister und ergänzt: „Nach der Überprüfung kann ein Förderantrag für die Sanierung gestellt werden und mit viel Glück bekommt die Stadt eine Förderung, die zwischen 50 und 90 Prozent liegt. Anschließend findet eine europaweite Ausschreibung für die Sanierung der drei Gradierwerke statt.“
Zudem müsse man schauen, wann mit den Arbeiten begonnen werden könne. „Dieses wichtige therapeutische Angebot möchten wir den Kurgästen und Touristen natürlich erhalten“, betont Tolkemitt. Die Teilaustäusche des Schwarzdorns könnten sich allerdings bis 2026 hinziehen. Die Kosten für die gesamte Sanierung beziffert die Stadt auf rund 5,5 bis 6 Millionen Euro. (al)