Lemgo. Die Lemgoer und auch auswärtige Besucher fragten sich seit längerem, wo der Wetterhahn, der stets auf dem Kirchturm von St. Nicolai sowie auf dem zweiten städtischen Kirchturm zu sehen war, geblieben ist.
Rund 15 Jahre war er nicht mehr oben an seinem Platz zu sehen, sondern fristete sein Dasein im Turmeingang an der Wand. Von 2005 bis 2008 fand eine große statische Sanierung der Kirche zusammen mit der Lemgoer Architektin Dr. Manuela Kramp und eine Neugestaltung des Innenraumes durch Cord-Möller-Ewerbeck statt.
Im Rahmen dieser Arbeiten wurde im Anschluss auch der Kirchplatz als größer Platz der Lemgoer Innenstadt neugestaltet. Dies wurde unter der Leitung von Bauherr Dr. Andreas Lange gesteuert. Damals wurden aber keine Sanierungen an den Kirchtürmen durchgeführt, sondern nur in regelmäßigen Abständen Sicherheitskontrollen durchgeführt.
Dabei stellte man 2008 fest, dass es Schäden am Hahn sowie an der Hahnachse gab und er leider heruntergenommen werden musste. Im selben Jahr wurden die Reparaturen am Hahn durchgeführt. Zudem erhielt das „Tier“ durch den Lemgoer Goldschmied Horstmann eine neue Vergoldung.
Viele Jahre später, im Jahre 2019, wurde das gesamte Kreuz mit der großen Kugel, die rund einen Meter Durchmesser hat, bei einer Begutachtung zur Wiederaufnahme des Hahns abgenommen. Dabei stellte man fest, dass der Anschluss des Kreuzes mit einer Höhe von rund vier Metern (inklusive Kugel) an den sogenannten „Kaiserstil“ in einem sehr schlechten Zustand war, weshalb die umgehende Abnahme erfolgte.
Nach Bewilligung der Haushaltsmittel 2022 konnte dann die nötige Restaurierung und somit auch die Instandsetzung des Kreuzes, der Kugel und des Hahnaufsatzes durch die Bielefelder Metallschmiedewerkstatt „HammerArt“ ausgeführt werden. Dort fand die Entrostung des Kreuzes und der Kugel sowie eine konservatorische Behandlung in Form eines rostfreien Anstrichs zur Erhaltung der vorhandenen Substanz statt.
Weiterhin gab es eine neue Verankerung des Kreuzbalkens auf dem vorhandenen geschmiedeten Ansatz und eine zusätzliche Klammerung mit einer Manschette für den sicheren Halt. Die Kugel wurde überarbeitet und ausgebeult, der ausgeschnittene Kragen wieder eingelötet und ein neues Distanzstück (Manschette) zur Isolierung gegen Wassereintritt und zur Vermeidung von Korrosion im Kugelinneren angefertigt.
Zum Schluss wurde noch die Hahnachse und die Achshülle im Hahn überarbeitet, damit er sich hoch oben auch wieder sicher auf seinem Kreuzaufsatz drehen kann. Am Mittwoch, 2. August, kam dann der von Superintendent Dr. Andreas Lange sehnlichst erwartete Moment. Früh morgens wurden das Rampendal und die Papenstraße abgesperrt und es rückte seitens der Kranfirma „Jandt“ aus Bielefeld ein spezieller Lastenkran an, der bis zu einer Tonne heben kann und das Kreuz inklusive der Kugel und des Hahns sicher in eine Höhe von 80 Metern transportierte.
Das Besondere an dem Kran ist zudem, dass der sogenannte „Ausleger“ einen Kippmechanismus besitzt und so bis Straßenniveau abgesenkt werden kann. Gegen 8 Uhr traf die wertvolle Fracht aus Bielefeld ein und wurde von Dr. Andreas Lange, den beiden Architekten Dietlind Simon und Hans-Peter Beyer vom Sachverständigenbüro „DenkmalCheck“ aus Flensburg und vielen Schaulustigen in Empfang genommen.
Dabei waren auch Ulrike und Dr. Jochen Moll, die mittels ihrer Rossmann-Stiftung den Bauabschnitt mit 30.000 Euro förderten, da beiden am Herzen lag, das ursprüngliche Stadtbild wiederherzustellen. Auf allen Stichen der Stadt Lemgo seit dem 17. Jahrhundert sieht man den Hahn oben auf der Kirchturmspitze.
Architekt Hans-Peter Beyer enthüllte den goldenen Hahn und es wurden Handys und Kameras gezückt, um diesen einmaligen Moment festzuhalten. Beyer gebührte auch die Ehre, den Hahn wieder behutsam auf das vorbereitete Geständige zu stecken.
Kurze Zeit später, gegen 8.30 Uhr, schwebte das gut sechs Meter hohe und rund 250 Kilogramm schwere Kreuz mit Kugel und Hahn hinauf zur Kirchturmspitze und wurde dort von Mitarbeitern der Firma „Kramp & Kramp“ fachmännisch wieder mit vielen Schrauben am „Kaiserstil“, einer gut sechs bis sieben Meter langen spitzen Eichensäule, die durch die Spitze des Kirchturms führt, befestigt.
Gegen 9 Uhr war es dann geschafft. Nun muss das komplette Dach des Kirchturms noch neu eingekleidet werden. Zunächst war nur der Austausch von einigen der dortigen Bleiplatten geplant. Es stellte sich dann aber heraus, dass die Schäden doch zu groß sind. Somit verdoppelten sich die geplanten Kosten von 400.000 auf 800.000 Euro.
Es gebe zwar Zuschüsse vom Land NRW und der Landeskirche, doch rund 600.000 Euro müsse die Kirchengemeinde selbst aufbringen, sagt Dr. Andreas Lange. Dieses würde man über ein Darlehn stemmen, aber auch Spenden wären weiterhin willkommen, ergänzt er.
Wenn alles nach Plan läuft, werden die Arbeiten am Turm wohl Ende des Jahres oder Anfang 2024 beendet sein. Dann wird auch das Gerüst wieder abgebaut und der Turm erstrahlt im neuen Glanz. (al)