TBV Lemgo Lippe jubelt: Kastelic‘ Paraden sichern Heimsieg

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Auf seine Fans kann der TBV jederzeit bauen. Foto: TBV Lemgo Lippe

Lemgo. Sein neunter Strafwurf entpuppte sich als wichtigster: Als Samuel Zehnder auch den letzten Siebenmeter versenkt und damit seine hundertprozentige Ausbeute perfekt gemacht hatte, galt es noch eine zehnsekündige Angriffswelle der Erlanger zu überstehen.

Als diese am glänzend aufgelegten Urh Kastelic zerschellt war, kannte der Jubel sowohl auf dem Platz als auch auf den Tribünen keine Grenzen: Mit 28:27 (16:14) hat der TBV Lemgo Lippe den HC Erlangen nach einem höchst intensiven Spiel in die Knie gezwungen, und feiert vor 3.056 Zuschauern in der Phoenix Contact-Arena im zweiten Anlauf den ersten Saisonsieg.

Vor dem Spiel

Wie schon bei der Auftaktniederlage in Gummersbach musste TBV-Trainer Florian Kehrmann auch für die Heimpremiere auf die verletzten Tim Suton und Bobby Schagen verzichten. Ebenfalls nicht mit dabei war Emil Buhl Laerke. Dafür waren Oleksil Tomashevskyi und Frederik Puls ins Lemgoer Spieltagsaufgebot gerückt.

Den Rückraum bildeten Thomas Houtepen, Lukas Hutecek und Niels Versteijnen, die Flügelzange Zehnder sowie Lukas Zerbe, und Jan Brosch begann am Kreis. Defensiv komplettierten Frederik Simak und TBV-Neuzugang Nicolai Theilinger im Spezialistenwechsel die Lemgoer 6:0-Deckung. Leos Petrovsky wechselte sich sowohl vorne als auch hinten mit Brosch ab.

Spielverlauf

Kehrmann hatte eine „körperlich sehr intensives Spiel“ prognostiziert – und genau das
bekamen die Zuschauer von Beginn an geboten. Die frühe Überzahl – Erlangens Nikolai Link hatte Hutecek unsanft zu Fall gebracht – nutzte Versteijnen zum ersten Heimtreffer in der neuen Saison.

Auch Kastelic war gleich auf dem Posten: Nachdem er bereits Olssons ersten Torabschluss entschärft hatte, blieb er auch beim Stand von 2:2 Sieger im Duell gegen den heran rauschenden Nico Büdel, dem sich nach einem Versteijnen-Fehlpass die Chance zur ersten Erlanger Führung bot.

Doch aufgeschoben ist nicht aufgehoben: Gegen das aggressive Vorpreschen der Gäste, die den Lippern gerade im Innenblock mit Link und Sebastian Firnhaber eine Menge abverlangten, benötigte der TBV aus den Positionsangriffen heraus etwas Zeit, um sich erfolgversprechende Wurfsituationen zu erarbeiten.

Weil Lemgo von Beginn an vor allem defensiv gut dagegenhielt, war die Anfangsphase ausgeglichen. Als einlaufender Kreisläufer verschaffte Zerbe dem TBV zwar etwas Luft (8:6, 14. Minute), doch der Offensivmotor stockte zusehends. Obwohl Kastelic sehenswert einen Gegenstoß von Firnhaber parierte, gingen einige Lemgoer Ungenauigkeiten dem Doppelschlag von Christopher Bissel zum 9:11 (20.) voraus.

In der Auszeit krempelten die Lipper wieder die Ärmel hoch, packten in der Deckung zu
und erzwangen einen weiteren Strafwurf, mit dem Zehnder die Partie zunächst wieder pari stellte (11:11, 24.). Lemgo war wieder im Flow: Nach einem Ballgewinn von Brosch schickte dieser Zerbe auf die Reise, der zur 14:12-Führung traf.

Trotz einer Zeitstrafe gegen Theilinger ging der TBV mit einer Zwei-Tore-Führung in die Pause: Zuvor hatte Versteijnen mit einem beherzten Wurf über den Block von Ex-Lemgoer Gedeón Guardiola hinweg erstmals auf plus drei stellen können (16:13).

Nach der Pause gelang zunächst ein Start nach Maß: Angeführt von zwei Kastelic-Paraden markierte Brosch mit seinem Treffer zum 18:14 die höchste Führung nach 35 Minuten. Doch das Team von Harmut Mayerhoffer ließ nicht locker und wurde Nutznießer schwindender Kräfte aufseiten der Hausherren.

Nachdem die Führung auf 21:20 dahingeschmolzen war, markierte Erlangens Siebenmeterschütze Christoph Steinert vom Punkt den 21:21-Ausgleich. Längst war deutlich mehr Feuer unterm Dach. Während die Lipper mit der ein oder anderen Entscheidung der Referees haderten, eilte Erlangen mit 21:23 davon.

Zwischenzeitlich kam der 18-jährige Frederik Puls vom Team HandbALL zu seinem
Bundesligadebüt. Mit dem berüchtigten Wechsel ins 7:6 errang Lemgo neuen Mut: Zehnder traf aus dem Spiel und vom Punkt, ehe Hutecek als stetiger Antreiber und Unruheherd zur erneuten Lemgoer Führung schmetterte (25:24).

Spätestens jetzt wurden die Zuschauer Zeuge eines richtigen Handball-Krimis: Obwohl der TBV in dieser Phase nicht perfekt Angriff spielte, gelangen auf der Gegenseite extrem wichtige Ballgewinne.

Vor allem Simak überzeugte als Turm in der Schlacht, setzte in Minute 56 auch vorne mit seinem Tor zum 27:25 einen entscheidenden Akzent, ehe er nach dem erneuten Ausgleich den entscheidenden Siebenmeter von Zehnder herausholte – und schließlich in den Lemgoer Jubelarien unterging.

Stimme zum Spiel

Florian Kehrmann: „Wir haben heute eine unglaubliche Willensleistung gezeigt. Wir mussten auf ein paar wichtige Spieler verzichten. Aber wenn einzelne Spieler über sich hinauswachsen, das Publikum mitkommt und man insgesamt sehr leidenschaftlich Abwehr spielt, dann kann man die Punkte trotz dieser Vorzeichen zu Hause behalten – auch wenn vermutlich viele vorher nicht daran geglaubt haben. Der Glaube an den Sieg ist im Laufe des Spiels immer mehr gewachsen. Hinten raus war es ein Spiel, das sehr viel Leidenschaft gezeigt hat. Letztendlich hatten wir dann den entscheidenden Punch am Ende. Verdient ist es bei einem Sieg mit einem Tor Unterschied nie, aber meine Mannschaft hat sich heute diese beiden Punkte verdient. Ich bin mega stolz auf die Jungs und auch auf das Publikum. Denn es ist das passiert, was man sich als Trainer wünscht: Der Funke ist übergesprungen und das hat auch den Ausschlag dafür gegeben, dass wir Erlangen heute schlagen
konnten.“ (lwz)


TBV: Zecher, Kastelic (17/1 Paraden); Hutecek (3), Theilinger, Zehnder (11/9), Brosch (4), Simak (1), Tomashevskyi, Carstensen, Zerbe (3), Versteijnen (5), Houtepen (1), Puls, Petrovsky.

HC Erlangen: Obling (6 Paraden), Ferlin (4 Paraden); Lonborg, Bialowas (2), Mävers (2), Firnhaber (3), Büdel (3), Bissel (6), Metzner (1), Svensson, Guardiola, Link, Jeppsson, Steinert (4/1), Olsson (1), Zechel (1).