Technische Hochschule OWL: Kanzlerin Soltwedel seit vier Jahrzehnten im öffentlichen Dienst

34
Die Urkunde anlässlich ihres Dienstjubiläums bekam Kanzlerin Nicole Soltwedel (r.) am Mittwoch (18.) von der Vorsitzenden des Hochschulrats, Professorin Dr. Antonia Kesel, überreicht. Foto: TH OWL

Lemgo. Eine Weiche zu stellen bedeutet, eine Richtung vorzugeben. Aber wo führt die Reise hin, im Leben oder beruflich? Und über welche Stationen? Als Nicole Soltwedel vor etwas mehr als 14.610 Tagen mit ihrem Vater über ihren weiteren Werdegang verhandelte, konnte die gebürtige Hamburgerin noch längst nicht ahnen, dass sie heute in bereits zweiter Amtszeit Kanzlerin der Technischen Hochschule Ostwestfalen-Lippe sein und auf ziemlich genau 40 Jahre im Öffentlichen zurückblicken würde.

„Mein Vater wollte, dass ich Abitur mache. Doch mit 16 hatte ich keine Lust mehr auf Schule. Wir einigten uns darauf, dass ich eine Ausbildung beginne.“ Und so trat Nicole Soltwedel zum 1. Oktober 1983 bei der damaligen Behörde für Wissenschaft und Forschung in Hamburg ihre zweieinhalbjährige Ausbildung zur Verwaltungsfachangestellten an.

Wie umfangreich die Themenfelder und wie vielschichtig die Aufgaben in einer Verwaltung sein können, merkte Nicole Soltwedel schon bald. „Diese Vielfalt finde ich bis heute eine erfüllende Herausforderung“, schwärmt sie und ist nach wie vor fasziniert von den unterschiedlichen Möglichkeiten, etwas bewegen und an unterschiedlichen Stellschrauben drehen zu können. „Der Öffentliche Dienst ist für viele unterschiedliche Menschen ideal. Man wird durch Ausbildung und Studium zur Generalistin ausgebildet. Die Vertiefung kommt in den unterschiedlichen Abteilungen, vermittelt Fachwissen und Methodenkompetenz. Jede und jeder kann hier die passende Tätigkeit finden, ohne den Arbeitgeber wechseln zu müssen.“

Im Alter von 18 Jahren führte sie der Weg nach ihrer Ausbildung ins Rechtsamt der Hamburger Polizei. „Ich erhielt spannende Einblicke in die straffe Organisation der Exekutive“, sagt Nicole Soltwedel rückblickend. Als rund ein Jahr später die Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg (HAW Hamburg) eine Stelle ausgeschrieben hatte, überzeugte die nun ausgebildete Verwaltungsfachangestellte im Bewerbungsverfahren und wechselte ins Hochschulwesen. Nicole Soltwedel vertiefte zunächst im Studierendensekretariat, später im Personalreferat ihre Verwaltungserfahrung.

„Ich wollte mich weiterentwickeln und absolvierte später den sogenannten Aufstiegslehrgang vom Mittleren in den Gehobenen Dienst. Für dieses Studium zur Diplom-Verwaltungswirtin wurde ich freigestellt. Es hat mir großen Spaß gemacht, auch wenn ich unter Zeitdruck in zweieinhalb Jahren fertigwerden musste.“ 2006 hatte Nicole Soltwedel erfolgreich ihr Diplom erworben und war im Anschluss im Personalreferat und in der Fakultät für Wirtschaft und Soziales der HAW Hamburg tätig, bevor sie 2009 zunächst die Stellvertretung und ab 2011 die Leitung des zentralen Servicebereichs Finanz- und Rechnungswesen/Controlling der Hochschule mit einem Finanzvolumen von rund 110 Millionen Euro übernahm.

Parallel zu ihrer Berufstätigkeit erlangte Nicole Soltwedel 2010 an der Technischen Universität Kaiserslautern den Master of Arts im Studiengang Ökonomie und Management. Im Januar 2017 folgte sie dem Ruf an die Technische Hochschule Ostwestfalen-Lippe und übernahm ihr Amt als Kanzlerin. Im September 2022 wurde sie für eine weitere sechsjährige Amtszeit ab Januar 2023 wiedergewählt. Als Kanzlerin hat sie die Verantwortung für rund 750 Beschäftigte und einem Finanzvolumen von rund 90 Millionen Euro.

„Meine Entscheidung damals, in den Öffentlichen Dienst und an eine Hochschule zu gehen, war für mich genau die richtige. Die Freude am Austausch auf dem Campus und am Gestalten des Hochschullebens erfüllt mich“, unterstreicht die Fachfrau, die keine Scheu hat, die Verantwortung in der Verwaltung zu übernehmen und auch ziemlich dicke Bretter zu bohren. Die Umsetzung der Umbenennung Anfang 2019 in „Technische Hochschule Ostwestfalen-Lippe“ sei so ein Brett gewesen. „Hierfür hatten wir eine hochprofessionelle Projektgruppe, die interdisziplinäre Zusammenarbeit hat großen Spaß gemacht und das Ergebnis überzeugt.“

Nach eigenen Angaben liebt sie die Herausforderung aber auch die Abwechslung, etwa in Sachen Digitalisierung. Als Kanzlerin, sagt Nicole Soltwedel, müsse man eben Impulse setzen. „Früher wurden im Immatrikulationsamt die Studierendenausweise noch mit der Schreibmaschine und Kohlepapier ausgestellt. Heute undenkbar – und doch gar nicht so lange her. Und auch mit der Strategie ‚One Face to the Customer‘ fahren wir dort gut. Zuverlässige Ansprechpartner schaffen Vertrauen und geben unseren Studierenden Sicherheit“, erläutert die Kanzlerin.

Und überhaupt müsse man die Chancen sehen, die sich durch die Digitalisierung böten. „Diese macht aber nur Sinn, wenn die Menschen etwas davon haben, wenn Prozesse vereinfacht oder transparenter werden. Es braucht einen Mehrwert.“ Der Umgang mit der Pandemie war dabei eine einschneidende Erfahrung, in der die Kanzlerin die Digitalisierung entschieden vorangetrieben hat. In Zusammenarbeit mit den Kollegen in den Dezernaten und Stabsstellen wurden Grundlagenentscheidungen getroffen und Maßnahmen für die Digitalisierung der Verwaltung eingeleitet und umgesetzt.

Um betriebswirtschaftlich die Orientierung zu behalten, seien klare und konsensuale Ziele wichtig, nur so können gemeinsame Anstrengungen gelingen. Nicole Soltwedel muss dabei auf die Bedürfnisse der Hochschulmitglieder und die zweckmäßige Verausgabung, Verteilung und Verwendung der Finanzen achten. „Unsere Haushaltskonsolidierung war und ist eine solches Ziel, das das Präsidium unserer TH OWL klar im Blick hat. Wir sind auf einem guten Weg. Die Zahlen sprechen für sich.“

Nicole Soltwedel ist ein Energiebündel, und Kanzlerin einer Hochschule zu sein, ist kein „Nine-to-five-Job“. Kraft für ihren Berufsalltag zieht sie in ihrer Freizeit beim Austausch mit Freunden. „Ich achte darauf, einen Ausgleich zu finden. Das gebe ich auch unseren Führungskräften mit auf den Weg“, sagt sie. Ausreichend Sport und Schlaf gehöre dazu. „Ich kann mich auch gut abgrenzen und am Wochenende die Arbeit mal komplett ausblenden, auch wenn ich im Notfall erreichbar bleibe.“

Eine andere Quelle, die „Akkus“ aufzuladen, ist für die Kanzlerin das Reisen, zum Beispiel Wandern am Bodensee. „Ich sehe mir gern die Welt an und bin dann auch mal weiter weg in der Natur, am liebsten mit dem Rucksack und Freunden auf neuen Pfaden.“

Und die Kanzlerin hat eine Schwäche für Kuchen, kein Wunder, war ihr Vater doch Bäcker und Konditor. Ehrensache, dass am Wochenende etwas Feines auf der Kaffeetafel steht. „Selbstgebackenen Pflaumenkuchen, den liebe ich. Man muss auch genießen können, den Augenblick bewusst erleben und sich nicht ständig den Kopf zerbrechen, was die Zukunft bringen könnte“, sagt sie. (lwz)