E-Rezept im Praxistest: Lippische Ärzte, Apotheker und Patienten begrüßen Einführung

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Seit Anfang des Jahres ist das Ausstellen eines E-Rezeptes für verschreibungspflichtige Medikamente Pflicht. Foto: Alina Knoerich

Kreis Lippe. „Es wird auf Dauer vieles für die Patienten vereinfachen, kann im Zusammenspiel mit der elektronischen Patientenakte die Versorgung der Patienten verbessern und die Prozesse in den Apotheken verschlanken“, ist sich Christian Schmidt, Apotheker im Medicum Detmold, sicher. Seit Anfang des Jahres sind Arztpraxen bundesweit verpflichtet, E-Rezepte auszustellen.

Westfalen-Lippe gehört jedoch zu den Modellregionen, weshalb für die Apotheken vor Ort das E-Rezept bereits seit September 2022 verpflichtend ist und die Ärzte es bereits verstärkt ausgestellt haben. „Die Region ist also vergleichsweise gut vorbereitet gewesen“, berichtet Schmidt und ergänzt: „E-Rezepte sind zeitgemäß und die Patienten stehen den Neuerungen positiv gegenüber.“

Für sie sei es komfortabel, wenn sie für Folgerezepte innerhalb eines Quartals nicht erneut die Arztpraxis aufsuchen müssen. Mit der App der Gematik sei es außerdem möglich, das E-Rezept an die Apotheke zu übermitteln und Medikamente per Boten zustellen zu lassen. Das Recht auf einen Papierausdruck bleibe weiterhin bestehen.

Der Apotheker gibt jedoch an, dass es bei der Zusammenarbeit verschiedener Akteure und Softwaresysteme zwangsläufig zu Anlaufschwierigkeiten und Mehraufwand kommen könne: „Manche Ärzte signieren die E-Rezepte nicht sofort. Dies hat zur Folge, dass Patienten manchmal schon in der Apotheke sind, bevor ihr Rezept zur Verfügung steht.“ Darüber hinaus sorge sich Schmidt, dass die Apotheken von den Krankenkassen für Fehler, die außerhalb ihres Verantwortungsbereiches liegen, finanziell in Regress genommen werden.

Auch Dr. med. Matthias Hempel, Facharzt für Allgemeinmedizin und Innere Medizin in Detmold, sieht in dem E-Rezept einen Gewinn: „Insbesondere ermöglicht es, dass zahlreiche gesammelte E-Rezepte mit nur wenigen Mausklicks signiert werden können. Diese Signierung kann erfolgen, ohne dass eine Medizinische Fachangestellte den Arzt im Behandlungszimmer während eines Patientengesprächs um eine Unterschrift bitten muss.“

Zudem verringerten sich Warteschlagen am Empfang und die Ersparnis von Druckern, Tonern sowie Spezialpapier komme nicht nur dem Geldbeutel, sondern auch der Umwelt zugute. „In unserer Praxis funktioniert das E-Rezept hervorragend“, erklärt Dr. Hempel erfreut. „Wir waren eine der ersten Praxen in Deutschland, die Anfang 2022 das erste E-Rezept ausgestellt hat.“

Dadurch sei genügend Zeit zum Üben und Anpassen gewesen. Verbesserungspotential sieht Hempel in der Geschwindigkeit des Signiervorgangs: „Aktuell bedauern wir, dass Privatrezepte, Heilmittel- und Betäubungsmittelrezepte noch nicht als E-Rezept ausgestellt werden können.“ Aufgrund der gesetzlichen Vorschriften stelle zudem die medikamentöse Versorgung von Heim- und Pflegepatienten eine weitere Herausforderung dar.

Die Patienten würden aber nach kurzer Aufklärung positives Feedback geben. Es werde als Erleichterung empfunden, dass Folgerezepte nicht mehr in der Praxis abgeholt werden müssten und Medikamente als E-Rezept elektronisch im Urlaub bestellt und kurz darauf in der Apotheke abgeholt werden könnten, sollten sie zu Hause vergessen worden sein.

Kritik beziehe sich darauf, dass sie kein Rezept mehr in der Hand hielten und überprüfen könnten, was die Praxis aufgeschrieben habe. „Dies könnte durch die Nutzung der E-Rezept-App, deren Nutzung aktuell jedoch noch recht umständlich ist, gelöst werden“, erklärt Hempel.

Verbesserungspotential sieht auch Stefan Kuster, Pressesprecher der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe (KVWL). Zwar sei das E-Rezept seit Jahresanfang gut in die flächendeckende Anwendung gestartet, die Abläufe im Zusammenspiel zwischen Arztpraxen, Apotheken und Versicherten müssten sich jedoch noch einspielen.

Kuster führt weiter aus: „Neben einer zeitnahen Signatur ist vor allem die lückenlose Verfügbarkeit der technischen Dienste von Bund und Softwareherstellern entscheidend, Störungen müssen schneller in die Praxis- und Apotheken-Verwaltungs-Systeme kommuniziert werden.“ Ein weiteres Problem bestehe aufgrund des „Zuweisungsverbots“ bei der Belieferung von Pflegeheimen mit Medikamenten: Der Patient dürfe dem Arzt bisher nicht erlauben, das E-Rezept direkt an die heimversorgende Apotheke weiterzuleiten.

Darüber hinaus hält Kuster eine Informationsoffensive der Krankenkassen und damit Aufklärung der Patienten sowie eine einfacher zu installierende und freizuschaltende E-Rezept-App für notwendig.


Schon gewusst? – So wird das E-Rezept in der Apotheke eingelöst

Das E-Rezept kann in der Apotheke auf drei verschiedene Arten eingelöst werden: mit der elektronischen Gesundheitskarte, durch die E-Rezept-App der Gematik oder durch einen Papierausdruck mit einem speziellen Rezept-Code. Sabine Wolter, Gesundheitsexpertin der Verbraucherzentrale NRW, erläutert: „Das Einlösen mit der Gesundheitskarte der Krankenkasse ist einfach – man steckt die Gesundheitskarte in ein Lesegerät in der Apotheke. Dort wird das E-Rezept aus dem zentralen E-Rezept-Server abgerufen und man erhält sein Medikament.“

Wer die technischen Möglichkeiten besitze, könne auch per App seine E-Rezepte einlösen und verwalten – sie biete mehr Funktionen. So sei zum Beispiel sichtbar, wenn der E-Rezept-Code von der Arztpraxis an die App übertragen wurde und es bestehe die Möglichkeit, die Verfügbarkeit der Medikamente vorab in der Apotheke anzufragen und diese zu reservieren.

Kostenfreier Online-Selbstlernkurs zum E-Rezept

Zudem startet am Montag, 12. Februar, der kostenlose Online-Selbstlernkurs „Mein E-Rezept – Rezept einlösen leicht gemacht“ der Verbraucherzentrale NRW. In drei wöchentlichen Lerneinheiten vermitteln Fachleute der Verbraucherzentrale anhand von Video-Anleitungen Wissenswertes rund um das Thema. Inhaltlich wird es zum Beispiel um die verschiedenen Einlösemöglichkeiten, die Anmeldung und Einlösung des E-Rezeptes in der E-Rezept-App sowie um das Thema Datenschutz gehen.

Das Erlernte wird durch Übungen vertieft. Eine Einführung in das Wochenthema sowie ein Link zu einer interaktiven Lerneinheit wird jeweils zu Wochenbeginn per Mail an die Kursteilnehmer verschickt. In einem wöchentlichen Online-Talk können offene Fragen geklärt werden. Neben einer NFC-fähigen Gesundheitskarte wird für den Kurs, sofern Interesse an der E-Rezept-App besteht, die PIN der Krankenkasse benötigt, welche frühzeitig beantragt werden sollte. Die Anmeldung zu dem Kurs ist ab sofort auf der Homepage der Verbraucherzentrale möglich.