Fall Walter Lübcke als mahnendes Beispiel: Bezirksregierung Detmold tritt Sicherheitsnetzwerk bei

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NRW-Innenminister Herbert Reul, Regierungspräsidentin Anna Katharina Bölling und Andre Niewöhner (Koordinator des Präventionsnetzwerk „#sicherimDienst“, von links) präsentieren die Beitrittsurkunde der Bezirksregierung Detmold, die nun auch Teil des Netzwerkes ist. Foto: Andreas Leber

Detmold/Kreis Lippe. Im großen Sitzungssaal der Bezirksregierung Detmold fand unlängst eine bedeutende Veranstaltung statt. Vor Ort ging es um „Mehr Schutz und Sicherheit von Beschäftigten im öffentlichen Dienst.“

Immer wieder werden Mitarbeiter der Städte, Gemeinden und Kreise in Ostwestfalen-Lippe durch aufgebrachte Bürger verbal und auch körperlich angegriffen. Dies trifft auf Mitarbeiter des Jobcenters genauso zu wie auf Mitarbeiter des Jugendamtes, der Polizei bis hin zu Notärzten. Diese werden dadurch sogar bei ihrer wichtigen und teilweise lebensrettenden Arbeit gestört oder gänzlich behindert.

Für diese Mitarbeiter gibt es zwar spezielle Schulungen, trotzdem können sie ihrer Arbeit im öffentlichen Dienst nicht immer sicher nachgehen. Das soll sich dank des im Januar 2022 von NRW-Innenminister Herbert Reul ins Leben gerufene Netzwerk „#sicherimDienst“ stark verbessern. Gleichzeitig soll darüber aufgeklärt werden, wie die Mitarbeiter bei einem Notfall richtig reagieren können.

Das Netzwerk dient auch für Trainingseinheiten oder den Erfahrungsaustausch untereinander, um die Sicherheit der Beschäftigten zu erhöhen. Mittlerweile hätten sich schon mehr als 1.700 Behörden, Organisationen und Verbände angeschlossen.

„Wir dürfen nicht zulassen, dass solche Menschen über unsere Mitarbeiter herfallen“, betonte Herbert Reul während der Veranstaltung in Detmold. Das finge schon bei Kleinigkeiten an, so spiele die Position des Schreibtisches im Büro genauso eine Rolle, wie, dass man Brieföffner oder Scheren dort nicht offen herumliegen lassen dürfe.

Reul freute sich zudem darüber, dass so viele neue ostwestfälische Gemeinden, Städte, Kreise und auch die Bezirksregierung Detmold nun Mitglieder dieses Präventionsnetzwerkes seien. „Diese Veranstaltung sendet auch ein starkes Signal für mehr Sicherheit und es ist sehr wichtig, dass man das Thema Gewaltschutz sichtbar macht“, so Reul weiter.

Eingeladen zu der Veranstaltung hatte Regierungspräsidentin Anna Katharina Bölling, die sich freute, dass nicht nur NRW-Innenminister Reul, sondern auch viele Hauptverwaltungsbeamte aus dem Regierungsbezirk nach Detmold gekommen seien.

Nach einer kleinen Vorführung im Foyer zum Thema „Gewaltschutztraining für Beschäftigte im öffentlichen Dienst“ durch Volker Haupt, Stadt Aachen, betonte die Regierungspräsidentin in ihrer Begrüßungsrede, dass viele weitere Mitarbeitergruppen bereits betroffen seien. Busfahrer, Postboten oder sogar Lehrer würden psychisch wie auch körperlich angegriffen. „Diese Gewalt hat bei uns in OWL nichts verloren“, betonte Bölling.

Man müsste sich den täglichen Herausforderungen im Umgang mit Gewaltsituationen stellen und sich auch gegenseitig tatkräftig unterstützen. Sie erinnerte auch an die traurigen Höhepunkte der vergangenen Jahre wie die Ermordung des Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke und des Hamelner Landrates Rüdiger Butte (2013). Früher seien es nur Drohbriefe gewesen und nun dränge man immer mehr in die Privatsphäre ein und verfolge sogar Mitarbeiter bis vor die Haustür.

Konkrete Zahlen könne man aber nicht nennen, da viele Fälle nicht angezeigt würden. Aber auch die Haas-Kommentare in Sozialen Medien nähmen immer mehr zu, so Markus Hartmann, leitender Oberstaatsanwalt und Leiter der Zentral- und Ansprechstelle Cybercrime NRW (ZAC NRW). Er referierte zum Thema „Haas im Netz – Was sicher im Amt online bedeutet“. Seine Mitarbeiter seien für dieses Thema sensibilisiert und auch das Strafrecht sei mittlerweile eindeutig, betonte Hartmann. Trotzdem müsste besonders bei der Zusammenarbeit mit der Europäischen Union noch einiges verbessert werden, denn da gebe es Nachholbedarf.

An seinen Vortrag schloss sich eine Gesprächsrunde an, die in Person von Saskia Gaebel, Ministerium des Inneren des Landes NRW, und anhand von Blicken in die Praxis aufzeigte, wo noch Notwendigkeit für präventiven Schutz bestehe und wie dieser Menschen bei Übergriffen schon geholfen habe.

Auch die Verarbeitung solcher kritischen Situationen wurde reflektiert. Dabei kamen Lea-Maxime Heil (Stadt Detmold), Frank Walther (Polizeipräsidium Bielefeld), Robin Budde (Stadt Lemgo), Landrat Sven-Georg Adenauer (Kreis Gütersloh) und Prof. Dr. Jonas Rees (Universität Bielefeld) zu Wort.

Danach leitete Andre Niewöhner vom Präventionsnetzwerk „#sicherimDienst“ die Beitrittserklärung ein. Als erstes unterzeichneten Regierungspräsidentin Anna Katharina Bölling und Innenminister Herbert Reul sowie Netzwerkkoordinator Andre Niewöhner die Beitrittsurkunde der Bezirksregierung Detmold. Danach erfolgte die Urkundenübergabe an rund 80 Bürgermeister, Landräte und Mitarbeiter aus ganz OWL.