Krieg in Gaza: Klaus Großkop aus Extertal saß in Haifa fest

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Klaus Großkop aus Extertal saß bei Kriegsausbruch in Haifa fest, da sein Flug gecancelt wurde. Foto: Mathias Lindner

Kreis Lippe/Extertal/Haifa. „Mein Herz brennt für Israel“, sagt Klaus Großkop, seitdem er 2011 zum ersten Mal das Land bereist habe. Jedes Jahr fährt der Extertaler nun in den Nahen Osten, um im Heiligen Land zu beten: für die Holocaust-Opfer und deren Hinterbliebene.

Ein Bedürfnis sei es ihm, zu zeigen, dass an sie gedacht werde und man ihnen beiseite stehe. So haben sich über die Jahre Freundschaften entwickelt, zum Beispiel in der Nähe des See Genezareth oder in Jerusalem. Diese Stadt empfindet der Besucher Großkop als ganz harmonisch – unkompliziert kann er Kontakt aufnehmen, ob mit Juden oder Palästinensern.

Die Geschichte dieses Ortes ist weniger harmonisch, und rechtmäßige Ansprüche sind bis heute nicht geklärt. Knapp 900.000 Menschen leben in Jerusalem. 62 Prozent sind Juden, 35 Prozent Muslime, es gibt 1.200 Synagogen und nur 73 Moscheen. Jerusalem ist Muslimen und Juden gleichermaßen heilig: Salomon erbaute dort seinen Tempel und Mohammed stieg dort in den Himmel auf.

1980 erklärte Israel mit dem Jerusalem-Gesetz die „Heilige Stadt“ in ihrer Gesamtheit zur Hauptstadt Israels. Der UN-Sicherheitsrat wiederum erklärt diese Annexion für null und nichtig. „Wie soll es Frieden geben, wenn Diskriminierung zu einem Verfassungswert erhoben wird?“, fragen sich nicht nur arabische Abgeordnete, sondern auch israelische Historiker und Diplomaten.

Großkops Reise durch Israel soll dieses Mal in der Hafenstadt Haifa ihren stimmigen Abschluss finden, doch es kommt anders – der Flug zurück in die Heimat wird gecancelt. Denn ein Krieg bricht aus, der für Israelis wie für Palästinenser ein unvorstellbares Horror-Szenario bedeutet. Die Zahlen der Toten und Verletzten auf beiden Seiten sind bekannt, das Ausmaß des Schreckens lässt sich in keiner Maßeinheit ausdrücken.

Klaus Großkop bleibt über Nacht in Haifa; der Marinehafen bietet mit den dort stationierten Soldaten einen besonderen Schutz, doch die Soldaten verlassen nach und nach den Ort in Richtung Kriegsgebiet. Großkop und seine Mitreisenden beten für die israelischen Soldaten, die sehr ergriffen sind von dieser Geste.

Allerdings macht der handwerklich begabte Großkop, der vor Ort auch gerne seine Hilfe anbietet, keinen Unterschied – für jedes Gotteskind betet er, egal von welcher Nationalität es ist. „Für Frieden bete ich und für ein gemeinsames Miteinander – Krieg ist keine Lösung“, meint er, jedoch sei ein kriegerischer Angriff natürlich ein moralisches Dilemma, denn darauf müsse ja reagiert werden.

In der hebräischen Bibel steht: „(…) so sollst du geben Leben für Leben, Auge für Auge, Zahn für Zahn“ –  1.200 getötete Israelis, die Zahl der getöteten Palästinenser ist wenigstens zehnmal so hoch – biblisch geht diese Rechnung schon mal nicht auf. Auch wird die Frage immer lauter: Ist alles erlaubt, um sich zu verteidigen? Wo sind die Grenzen der Verhältnismäßigkeit? Ist es Völkermord, was Israel da betreibt?

Die Proteste im eigenen Land werden immer lauter – tausende Israelis gehen auf die Straße, bekunden ihre Unzufriedenheit mit Regierungschef Benjamin Netanyahu und fordern ein Ende des Krieges – sie protestieren in Jerusalem, Tel Aviv und der Hafenstadt Haifa.

In Haifa erhält Klaus Großkop am Morgen des 8. Oktober 2023 die Nachricht, einen Flug ab Tel Aviv nutzen zu können, doch so kurzfristig ist der Flughafen unmöglich zu erreichen. Auch die nächste Möglichkeit für einen Rückflug lässt sich organisatorisch nicht umsetzen. Das zurate gezogene Auswärtige Amt hat ebenfalls keine zu realisierenden Angebote für eine Heimreise nach Deutschland parat.

Hinzu kommt, dass Haifa als sicherer Ort für Touristen und Besucher gilt und die Menschen in Brennpunkten der Krise natürlich vorrangig behandelt werden. So nutzt der Extertaler schließlich die Gelegenheit, mit einem Kreuzfahrtschiff, das Zypern anfährt, außer Landes zu gelangen, um nicht einen der unsicheren Flughäfen nutzen zu müssen – ein allerdings kostspieliges Unterfangen, da es aus eigener Tasche bezahlt werden muss.

Von Zypern geht es nach Antalya und von dort aus nach Hannover – letztendlich ist der Lipper erleichtert, dass er wieder heil in der Heimat angekommen ist, mit dem schalen Beigeschmack, dass in seinem geliebten Israel viel Leid herrscht und viel Leid von ihm ausgeht.