Begeisterung für Detmold: Neuer Stadtmarketing-Leiter Thomas Dickenbrok im Gespräch

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Menschen und Ideen zusammenführen sowie Projekte für eine wirtschaftlich starke, lebendige und einladende Stadt realisieren: Thomas Dickenbrok hat viel vor. Foto: Karen Hansmeier

Kreis Lippe/Detmold. Thomas Dickenbrok ist seit April Leiter des Stadtmarketings Detmold. Und eins wird ganz schnell deutlich: Der Mann geht in seiner Aufgabe mit einer Begeisterung auf, die ansteckt.

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Im Interview mit der LIPPISCHEN WOCHENZEITUNG spricht er über den Reiz seines Jobs, darüber, dass Kleines Großes bewirken kann, die Rolle des digitalen Zeitalters und warum das Wohlfühlen so wichtig ist.

Herr Dickenbrok, berichten Sie doch zunächst ein wenig über sich selbst. Wie sieht Ihr bisheriger Werdegang aus? Was qualifiziert Sie für Ihren Job in Detmold?

Als gebürtiger Ostwestfale kenne ich Detmold seit meiner Geburt. Ich war viele Jahre im Bereich des aktiven Marketings für Firmen und Städte aktiv. Neben einem Studium der Medienwissenschaften und 20 Jahren Selbstständigkeit als Geschäftsführer und Kreativer in einer Agentur habe ich viele Städte bei Marketing-Aktionen unterstützt.
Nach meiner Selbstständigkeit war ich leitender Digitalcoach für den Handelsverband und das Land NRW und habe in Corona-Zeiten viele Händler auch in Detmold an die Thematik herangeführt. Danach wechselte ich zum „BildungsCampus Herford“, einer städtischen Tochter, wo ich als Pressesprecher und Leiter Marketing die ehemaligen Kasernen digital und analog sichtbar habe. Nun freue ich mich unfassbar, wieder in Detmold zu sein, wo mein beruflicher Werdegang vor vielen Jahren bei Radio Lippe startete.

Sie sind zwar noch nicht ganz die sprichwörtlichen einhundert Tage im Amt, aber haben sich sicherlich trotzdem bereits einen Einblick verschaffen können. Was sind erste Projekte, die Sie auf den Weg bringen wollen oder schon gebracht haben? 
Eine Stadt kann nur so gut wirken, wie die Menschen, die das Gefühl nach innen und außen tragen. Daher steht die Vernetzung ganz klar im Vordergrund und um diese ging es in der ersten Zeit. Wir haben hier in Detmold so viel Tolles, wie die Adlerwarte, das Hermanns-Denkmal, die Innenstadt und vor allem auch eine einmalige Werbegemeinschaft, die ich so aus anderen Städten nicht kenne. Dabei war zum Beispiel das „Big Band Konzert der Bundeswehr“ ein erstes Highlight. Aber auch das Projekt „Zukunft Innenstadt“ welches wir zusammen mit der GILDE weiter fortführen.

Stadtmarketing umfasst mehr jedoch als nur „Innenstadtmanagement“. Welche Maßnahmen ergreifen Sie, um das Image Detmold weiter zu verbessern und die Stadt als attraktiven Standort für Einwohner, Touristen und Unternehmen zu positionieren?
Auch hier geht es darum, authentisch zu sein. Stadtmarketing bedeutet für mich nicht, die besten und größten Veranstaltungen zu haben oder große Künstler temporär in die Stadt zu locken. Und ganz wichtig dabei: Das Image von Detmold muss NICHT verbessert werden! Detmold hat ein sehr gutes Image, nur viele wissen davon nichts. Und darum geht es. Wir haben erstklassige Wirtschaft, eine tolle Natur, unfassbar viele Kultur-Angebote.

Wo sehen Sie konkrete Ansatzpunkte für gesamtstädtisches Marketing? 
Detmold hat Charme, Detmold hat einen Zusammenhang und sollte als Stadt in Ostwestfalen-Lippe einfach auch über die Grenzen bekannt gemacht werden. Konkret geht es in meiner Arbeit darum, dieses „Wohlfühlen in der eigenen Stadt“ bekannter zu machen und nach außen zu tragen. Etwas, bei dem jeder mitmachen kann – und muss es auch. Ganz gleich, ob das Unternehmen, was Detmold als Wirtschafts-Standort positiv nach außen zeigt oder das fünfjährige Mädchen, was einen Plüsch-Adler vom Ausflug mit nach Hause bringt.
Ein Beispiel: Warum gehen Sie in ein spezielles Restaurant? Nicht, weil das Essen besonders gut ist, sondern weil sie sich hier wohlfühlen. Und um das Wohlfühlen geht es. Das kann man auf ganz verschiedene Arten nach außen kommunizieren – analog, wie auch digital – aber dann muss man es auch leben und wir haben unfassbar positives Potential hier in der Stadt, was einfach nach außen getragen werden muss.

Ob Innenstadt oder Ortsteil, Wirtschaft oder Kultur, Lieblingsort oder Brennpunkt, Einwohner oder Besucher: Im Stadtmarketing laufen viele Fäden zusammen. Foto: Karen Hansmeier

Welche Rolle spielt dabei die Digitalisierung?
… eine enorme. Digitale Medien sind heute fixer Bestandteil des Alltags vieler Menschen. Auf kaum eine andere Weise lassen sich Bürger besser, sinnvoll und zielführend erreichen, informieren und für ihren Heimatort begeistern. Mit digitalem Marketing gelingt es zudem, nicht nur auf sachlicher, sondern auch auf emotionalen Ebene, die Schönheiten und Besonderheiten von Detmold und Umgebung zu präsentieren.
Auch bewusst zu machen, mit welchen Pfunden die Stadt wuchern kann. Und ja, man darf es sagen: Damit stärken wir auch den Stolz der Einwohner auf ihre Heimat. Dieser „Lokalstolz“ darf nach außen getragen werden. Doch nicht nur Bürger und Besucher, sondern auch Unternehmen, die sich etwa für neue Standorte interessieren, informieren sich über digitale Kommunikationskanäle.

… die Veränderung gesellschaftlichen Miteinanders?
Ein wichtiger Aspekt! Erfolgreiches Stadtmarketing lebt von Kommunikation, von Teilhabe, Zugänglichkeit und Barrierefreiheit sowie der Schaffung digitaler Infrastrukturen, die den sich verändernden Strukturen Rechnung tragen.

… das Thema Nachhaltigkeit?
Detmold ist bereits sehr nachhaltig. Das Problembewusstsein ist längst in der breiten Bevölkerung angekommen. Darüber hinaus ist die Stadt Detmold seit 2021 „Global Nachhaltige Kommune“ und hat gemeinsam mit vielen Akteuren aus der Stadtgesellschaft für ihr Handeln eine Nachhaltigkeitsstrategie entwickelt. Bei der Entwicklung der ganz konkreten Maßnahmen möchte die Stadtverwaltung möglichst viele Menschen der Stadtgesellschaft einbeziehen.

… die Mobilität?
Als ländlich gelegene Mittelstadt zählt flexible Mobilität zu einer der größten Herausforderungen. Die Stadt Detmold möchte ihre Strategien zur innerstädtischen Mobilität erneuern und langfristig sichern. Mit dem „Leitbild Mobilität“ zeigt sie ihre Ziele für die Entwicklung im Bereich Mobilität auf. Dazu gehört auch die Neuorganisation des Parkens. Ein Dauerbrenner …

Wie wollen Sie die einzelnen Akteure in ein gemeinsames Boot holen? 
… durch Gespräche und das hat bisher sehr gut geklappt. Bisher habe ich bei niemandem hier in Detmold auch nur ansatzweise das Gefühl gehabt, dass er oder sie nicht Lust hat, die Stadt voranzubringen und das ist genau die Basis, auf der man aufbauen kann. Es geht auch darum, die Angst vor „Verwaltung“ und „Behörde“ abzubauen.
Niederschwellige Möglichkeiten zu schaffen. Potentiale zu identifizieren. Ideen zuzulassen. Vielleicht mal „anders“ zu denken. Die individuellen Stärken im Zusammenspiel von öffentlichen und privaten Akteuren erlebbar zu machen. Zum Bürger zu gehen und nicht den Bürger zu sich kommen zu lassen.

Welche langfristigen Strategien verfolgen Sie, um das Stadtmarketing kontinuierlich weiterzuentwickeln und die Attraktivität Detmolds langfristig zu sichern?
Es gibt viel Positives in Detmold. Im Vergleich zu anderen Städten mutet es mancherorts sogar ein bisschen an wie „heile Welt“. Hierfür möchte ich die Menschen wieder sensibilisieren. Und damit bestehende Ansätze und neue Ideen nicht im Sande verlaufen, ist es wichtig, dass jemand die Fäden in der Hand hat, um Sinnvolles umzusetzen, alle Akteure zusammenzuführen und das vorhandene Potential zu bündeln.
Mit einem ganzheitlichen Blick auf das Wohl aller Bewohner, Besucher und den Gewerbetreibenden eine Diskussionskultur zu entwickeln und ein neues „Wir-Gefühl“ zu installieren.
Dazu gehören auch die Einbeziehung und der Ausbau der Förderung ehrenamtlichen Engagements.

 … angesichts sinkender Budgets und klammer Kassen eine Herausforderung?
Nein, definitiv nicht. Zum einen etwa, weil vieles durch die eigenen Kompetenzen im Team realisiert wird. Da können wir so manches von innen heraus angehen. Und auch mit wenigen Mitteln lässt sich viel bewirken. Oft sind es nur kleine Stellschrauben, an denen man drehen muss.
Das fängt damit an, die Menschen ernst zu nehmen, sie zu sehen, sie in der Sache mitzunehmen und einzubeziehen. Und auch hier kommt auch wieder die Digitalität ins Spiel: Die Reichweite durch Online Stadtmarketing ist nicht nur vielfach größer als die der klassischen Kommunikationskanäle, sondern auch weniger kostenintensiv.

Wie messen Sie den Erfolg Ihrer Marketingmaßnahmen?
Ich selber bin kein Mensch, der sich über Projekte oder Zahlen definiert, sondern über das Bauchgefühl. Natürlich müssen die Zahlen am Ende stimmen, viel wichtiger ist jedoch, dass das „gute Gefühl“ stimmt. Meiner Meinung nach wird in der heute viel zu schnelllebigen Zeit vieles nur an Zahlen und Zielvorgaben festgemacht.
Wenn man Menschen etwas mehr Freiraum gibt, werden Sie kreativer – genau das habe ich hier in Detmold und auch speziell bei den Kollegen, die täglich um mich herum sind, gemerkt. Wenn der Druck heraus ist, kann man freier agieren. Keine Angst zu haben, dass Zahlen nicht stimmen, dass man etwas falsch macht oder seine Ziele nicht erreicht. So ist auch meine komplette Einstellung Menschen gegenüber und speziell auch für meine Arbeit. Es geht darum, jede zu sehen und seine Fähigkeiten herauszustellen.


Das Interview führte Karen Hansmeier.