Kreis Lippe. Die Pflegeeinrichtungen haben ein Personalproblem. Das ist nichts Neues und wird sich, so wie es aussieht, auch in absehbarer Zeit nicht ändern. Abhilfe könnte eine regelmäßige, kontinuierliche Ausbildung von Altersbegleitungen, sogenannten Betreuungsassistentinnen, geben.
Da sind sich auch die Frauen des Arbeitskreises Soziales, dem die SPD-Frauen angehören, sicher. Für eine geregelte Ausbildung dieser Fachkräfte, die die examinierten Altenpfleger unterstützen sollen, sprechen sich die stellvertretende Kreisvorsitzende der SPD-Frauen, Katrin Freiberger, sowie Marianne Rautenberg, Ausschussvorsitzende Soziales Gesundheit und Arbeit im Kreis Lippe, und Birgit Scheltmann, Kreistagsmitglied und Sprecherin der SPD im Sozialausschuss, aus.
Scheltmann, die ursprünglich aus der Pflege kommt, ist zudem Ausbilderin für Betreuungskräfte und Pflegeassistenten. Alle drei trafen sich nun mit dem Leiter des Karolinenheims in Lage, Harm-Hendrik Möller. Möller ist ein Verfechter der Betreuungskräfte, die nach seiner Aussage den examinierten Kräften viel im täglichen Geschäft abnehmen könnten.
„Betreuungskräfte sind sehr wertvoll, allerdings stimmt derzeit der Betreuungsschlüssel nicht. Im Moment kommt eine Kraft auf 20 Bewohner, das muss sich ändern auf eins zu zehn“, sagt er im Gespräch mit der LIPPISCHEN WOCHENZEITUNG.
Wie die SPD-Frauen, die zur Änderung der Ausbildung von Betreuungskräften einen Antrag gestellt haben, sieht auch er dort dringend Handlungsbedarf. Derzeit würde die Ausbildung keinerlei Regeln unterliegen; es fehle die Verlässlichkeit.
„Mit der geregelten Ausbildung könnten wir hochgerechnet 70 Prozent der ausgeschiedenen Pflegekräfte in die Teilzeit zurückholen. Betreuungskräfte dürfen nicht pflegen, da ihnen das theoretische Hintergrundwissen fehlt. Sie sollen für die altersbedingt eingeschränkten Menschen da sein. Dadurch können die Pflegekräfte maßgeblich entlastet werden“, sagt Marianne Rautenberg.
Harm Hendrik Möller macht mit den Betreuungskräften in seiner Einrichtung gute Erfahrungen, wie er sagt. Allerdings fordert er, genau wie die SPD-Frauen, ein verpflichtendes, vierwöchiges Praktikum.
„Das ist wichtig, damit nicht nur die neue Betreuungskraft, sondern auch der Arbeitgeber bemerkt, ob der Job das Richtige für sie ist. Häufig fehlt die Vorbereitung auf den Umgang mit schwer demenziell erkrankten Menschen. Es muss unbedingt eine Schulung der Kräfte geben, die auf ihre Aufgaben derzeit leider nicht richtig vorbereitet werden“, sagt Birgit Scheltmann und ergänzt: „Die derzeitige modulare Ausbildung, zwei Monate inklusive Praxisblock, ist nicht an formale Bildungsabschlüsse gebunden.“
Ein Blick in die Richtlinien verrate, dass der Anspruch an Betreuungskräfte trotzdem nicht ohne sei. Scheltmann weiter: „Die persönliche Eignung und Fähigkeit, die richtige innere Haltung sollte aber vorhanden sein, um im Job glücklich zu werden. Deshalb kann und sollte auch nicht jeder als zusätzliche Betreuungskraft tätig sein.“
Ausbildung undurchsichtig
Wo in Lippe ausgebildet werde, sei etwas undurchsichtig, weil unklar bliebe, ob angekündigte Kurse wirklich stattfänden. „Zu viele Anbieter am Markt verhindern, dass Kurse voll werden, also nicht rentabel sind und abgesagt werden. Zentrale Angebote an zwei oder drei Standorten könnten die kontinuierliche Ausbildung sichern. Jeweils im Frühjahr und im Herbst, also zweimal im Jahr, wären richtig“, betont Scheltmann.
Zu den Aufgaben der zusätzlichen Betreuungskräfte, die für die Pflegebedürftigen da sein sollen, gehören zum Beispiel Alltagsaktivitäten wie Malen und Basteln, handwerkliches Arbeiten oder leichte Gartenarbeiten. Aber auch die Anfertigung von Erinnerungsalben oder -ordnern, Musik hören, Singen oder Brett- und Kartenspiele, um Erinnerungen zurückzubringen, sind wichtige Bausteine.
Die Betreuungskräfte sollen den Pflegebedürftigen zudem für Gespräche über Alltägliches und ihre Sorgen zur Verfügung stehen, ihnen durch ihre Anwesenheit Ängste nehmen sowie Sicherheit und Orientierung vermitteln. Die Angebote sollen sich an den Erwartungen, Wünschen, Fähigkeiten und Befindlichkeiten der Pflegebedürftigen unter Berücksichtigung ihrer jeweiligen Biografie orientieren.
Gespräche im Berliner Gesundheitsministerium
Vor allem müssen die Kräfte viel Empathie mitbringen. „Unser Anliegen ist nicht nur die geregelte Ausbildung, sondern auch das Berufsbild in die Öffentlichkeit zu bringen. Deshalb fahren wir auch in den kommenden Wochen nach Berlin, um im Gesundheitsministerium Gespräche zu führen, die unser Anliegen nach vorn bringen sollen“, erklärt Katrin Freiberger.
Sicher sind sich sowohl die Frauen als auch der Leiter der Alterseinrichtung des Reichsbunds Schwestern in Lage, dass mit einer geregelten und entsprechenden Wertschätzung der Ausbildung allen geholfen werden könne. So käme nicht nur Entlastung in die Alteneinrichtungen, sondern interessierte Männer und Frauen fänden über eine Teilzeitarbeit wieder in den Beruf.
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Reiner Toppmöller ist seit Jahrzehnten als Freier Journalist in Ostwestfalen und Nordlippe im Einsatz. Sein Motto: „Wer hier die Herzen der Menschen erreicht, der hat viele Freunde auf Dauer gewonnen.“ Mit dieser Einstellung zu seiner Arbeit, schreibt der Mann, den man nur mit Hut kennt, seit 15 Jahren für die Redaktion Vlotho des Westfalen Blatts im Kalletal. Zudem war er mehr als 20 Jahre als Freier Mitarbeiter in der Redaktion von Lippe aktuell tätig. Die lokale Politik, aber auch das tägliche Geschehen, mit schönen und teilweise hochinteressanten Geschichten der Region, bilden dabei seine Schwerpunkte. Die Arbeit mit den Menschen, nicht über die Menschen, steht dabei für ihn im Vordergrund.