Wunderbare Wandlung: Christel von der Heiden beginnt neues Leben in Lage

42
Pflegehelferin Silvia Büker-Suhr (links) und Teamleiterin Kathy Dümpe (rechts) sind stolz auf den Werdegang von Christel von der Heiden. Foto: Bonitas

Kreis Lippe/Lage. Mit einem kleinen Rucksack und einem Paar Stöckelschuhe kam Christel von der Heiden in die Bonitas-Pflege-WG „Unser kleines Heim“ in Lage. Ihre Haare und Kleidung waren schmutzig, und der Kontakt zu Menschen war quasi nicht möglich. Ein halbes Jahr später sind sich alle Pfleger einig: „Christel ist kaum noch wiederzuerkennen.“

Ihre Geschichte zeigt eindrucksvoll, wie Integration und Unterstützung Leben verändern können. Die Senioren-WG in Lage bietet der 70-jährigen Christel von der Heiden einen Neuanfang. Sie war mehrere Jahre obdachlos, ohne festen Wohnsitz und ohne die Sicherheit eines eigenen Zuhauses. Ihr Weg in die WG begann, als ihre Betreuerin Kontakt zu der Belegungsmanagerin Tanja Probst aufnahm.

„Ich hatte erst Zweifel, ob das funktioniert. Aber ich wusste schnell, dass wir das hinkriegen“, erinnert sich Tanja Probst. „Wenn ich dann an den ersten Tag zurückdenke und sie heute sehe, kann man sich kaum vorstellen, dass das dieselbe Frau ist. Auch ihre Betreuerin hat sie kaum wiedererkannt.“

Da Christel von der Heiden ohne eigenes Hab und Gut in die WG kam, wurde für eine erste Grundausstattung gesorgt: Die Möbel erhielt sie von einem verstorbenen Bewohner aus einer weiteren Bonitas-WG in Detmold, und Kleidung wurde ihr zur Verfügung gestellt. „Wir haben ein paar ausrangierte Klamotten von unseren Kindern zusammengesucht und mit ein bisschen Geld noch in einem Geschäft ein paar Sachen für sie gekauft“, sagt Pflegerin Kathy Dümpe. Und dann konnte es losgehen.

Der Start war eine Herausforderung. „Christel zündete sich zum Beispiel eine Zigarette im Wohnbereich oder ihrem Zimmer an, weil sie nicht wusste, dass das nicht erlaubt ist“, erinnert sich Dümpe. Mittlerweile raucht Christel von der Heiden aber fast gar nicht mehr. „Wir haben uns mit ihr geeinigt, dass sie auf uns zukommt, wenn sie rauchen möchte. Und das wurde immer weniger, bis sie schließlich ganz aufgehört hat.“

Die Integration in die Gemeinschaft brauchte aber ihre Zeit. „Die anderen Bewohner waren zunächst irritiert, da Christel nicht so sozialisiert war wie sie. Am Anfang hatte sie immer sehr großen Hunger und musste sich erst an regelmäßige Mahlzeiten gewöhnen“, erzählt Pflegerin Nicole Barann. „Brot schmierte sie mit den Fingern und aß direkt vom Tisch ohne Teller. Doch sie hat sich unglaublich gut entwickelt“, berichtet Barann.

Darüber hinaus akzeptierten die anderen Bewohner auch schnell ihre Eigenheiten und halfen ihr, sich einzugewöhnen. „Christel musste viele Dinge neu lernen, wie tägliches Duschen und Hygiene. Am ersten Tag mussten wir sie mehrmals duschen, um den Schmutz loszuwerden. Mittlerweile duscht sie auch selbstständig.“

Die Umstellung war für Christel von der Heiden auch aus anderen Gründen herausfordernd, da sie zunächst sehr ängstlich war, insbesondere in Gegenwart von Männern. „Im Obdachlosenheim hatte sie vermutlich schlechte Erfahrungen gemacht“, meint Barann. Die Schüchternheit ist ihr immer noch anzumerken, aber im Vergleich zu den ersten Tagen hat sie sich komplett gewandelt. „Sie weiß, dass sie hier in Sicherheit ist“, berichet Dümpe erfreut.

„Wir wissen außerdem wenig über Christels Krankengeschichte. Sie konnte fast nichts sehen und ist häufig irgendwo gegen gelaufen“, erklärt Barann. Mittlerweile wurden ihre Augen gelasert und sie kann wieder bis zu 80 Prozent sehen. Ein besonders emotionaler Moment war, als Christel von der Heiden ihre neue Brille bekam. „Sie hat vor Freude geweint. Einerseits weil sie besser sehen konnte und andererseits, weil es ‚einfach‘ eine neue Brille war“, sagt Dümpe.

„Ich fühle mich sehr wohl hier und finde es super, wie ich behandelt werde“, sagt Christel von der Heiden, die in Pflegehelferin Silvia Büker-Suhr ihre engste Kontaktperson gefunden hat.

Besonders freut sich von der Heiden über die regelmäßigen Besuche ihres Sohnes aus Detmold und den telefonischen Kontakt zu ihrer Tochter aus Bielefeld. Christel von der Heiden hat in der WG auch neue Hobbys entdeckt. „Sie puzzelt gerne und bastelt Perlenketten. Bei den Aktivitäten ist sie voll dabei“, berichtet Dümpe. Viel Freude bereiten ihr Tiere: zum Beispiel die beiden Hunde, die im Garten des Heims häufig umhertollen, oder die Mini-Ponys, die schon zu Besuch waren.

Die Finanzierung für Bewohner wie Christel von der Heiden erfolgt teilweise durch ihre Rente. Zusätzlich wird das Geld des Pflegegrades zur Kostendeckung genutzt. Bei einer möglichen Verschlechterung des Gesundheitszustandes werden Anträge beim Kreis gestellt, der dann im Rahmen der Hilfe zur Pflege die Kosten übernimmt, um den verbleibenden Bedarf zu decken.

„Ihre Geschichte ist ein tolles Beispiel dafür, dass man auch in schwierigen Lebenssituationen Hoffnung und eine neue Perspektive finden kann“, betont Nicole Barann und ergänzt: „Wir sind stolz auf Christel und auf das, was sie erreicht hat.“