Landrat stellt Details zum Klinikum vor: Nordlippische Bürgermeister verärgert

115
Ansicht auf das Bettenhaus des Klinikums Lippe in Lemgo mit Intensiv Cube und Hubschrauberlandeplatz. Foto: InIT Lemgo/Wikimedia

Kreis Lippe. Die von Bund und Land angestoßenen Klinikreformen, inflationsbedingte Kostensteigerungen, der demografische Wandel, bundesweit sinkende Patientenzahlen sowie der Fachkräftemangel stellen die medizinische Versorgung in der gesamten Republik vor immense Herausforderungen. Das wirke sich unweigerlich auch auf das Klinikum Lippe aus, heißt es in einer Pressemitteilung des Landrates von Donnerstag (19. September).

„Wir müssen wir jetzt handeln und wichtige strategische Entscheidungen für die Zukunft unseres Klinikums treffen“, sagt Landrat Dr. Axel Lehmann. Bis 2022 habe das Klinikum sehr gut gewirtschaftet. Doch insbesondere in den vergangenen zwei Jahren habe sich die Situation radikal geändert.

Ein Hauptgrund für diese Entwicklung ist die wachsende Erlös-Kosten-Schere. Tarifsteigerungen um bis zu 10,5 Prozent und inflationsbedingte Kostensteigerungen von rund 2,6 Prozent führen zu einer deutlichen Belastung der Kliniken. Gleichzeitig liegt das Leistungsvolumen der Krankenhäuser deutschlandweit etwa 15 Prozent unter dem Niveau von 2019. Die Refinanzierung der zusätzlichen Ausgaben kann nicht allein durch die Basisfallwertsteigerung von 5,13 Prozent im Jahr 2024 gedeckt werden.

Konzentration der medizinischen Angebote

Diese bundesweite Entwicklung spürt auch das Klinikum Lippe. In der Folge musste der Kreis Lippe dem Klinikum in diesem Jahr bereits mit 25 Millionen Euro finanziell unter die Arme greifen. Das hatte der Kreistag mit dem Haushalt 2024 auf den Weg gebracht. Da das kein Dauerzustand bleiben könne, seien mittelfristig Veränderungen notwendig, heißt es weiter. Die Meinung der beauftragten Experten sei eindeutig: Beim Status quo könne es auf keinen Fall bleiben – aus finanziellen, aber auch aus personellen Gründen.

Daher schlagen die Beratungsunternehmen eine stärkere Konzentration der medizinischen Angebote am Standort Detmold als universitärer Maximalversorger für den Kreis Lippe vor. „In Detmold würden dann die Neurologie, die Thoraxchirurgie, die Gefäßchirurgie, die Onkologie und die Spezialisierte Pneumologie angesiedelt. Der Standort Lemgo würde als Fachklinik für Geriatrie mit einer Allgemeinen Inneren Medizin, einer Ambulanten Radiologie, der Nuklearmedizin/Strahlentherapie, einer Neurologischen Frühreha, der Weaning-Abteilung und der Krankenhausapotheke sowie ambulanten Angeboten weiterentwickelt“, erklärt Dr. Johannes Hütte, Geschäftsführer des Klinikums Lippe.

Darüber hinaus kann sich der Landrat noch weitere ambulante und pflegerische Angebote in Lemgo vorstellen, was geprüft werde. Die Entwicklung für Lemgo sei auch eine große Chance für die medizinische Versorgung in Nordlippe. Insgesamt könne dieser Prozess im Laufe der kommenden sechs Jahre umgesetzt werden. Am 10. Oktober soll der  Gesellschafter des Klinikums, also der Kreistag, über die Vorschläge entscheiden.

Reaktion der Nordlippischen Bürgermeister

Erwartungsgemäß sehen die nordlippischen Bürgermeister die Pläne anders und zeigen sich verärgert. Bis auf den Kalletaler Bürgermeister Mario Hecker, der gerade dabei ist, sein eigenes kommunales MVZ aufzubauen, reagieren die Bürgermeister aus Lemgo, Extertal, Dörentrup und Barntrup zur aktuellen Entwicklung rund um die Zukunft des Klinikums Lippe und der Informationsveranstaltung des Kreises in einer gemeinsamen Erklärung.

Darin heißt es: „Die Informationsveranstaltung zur Medizin- und Standortstrategie für das Klinikum Lippe übertreffen die schlimmsten Befürchtungen zur beabsichtigten Zukunftsentwicklung des Klinikstandortes Lemgo. In einer gemeinsamen Resolution haben die Kommunen den Aufsichtsrat und die Geschäftsführung des Klinikums aufgefordert, eine Zusage zur dauerhaften stationären Versorgung im bisherigen Umfang an den Standorten Detmold und Lemgo zu geben.
Zudem war die Vorlage eines Zukunftskonzeptes gefordert worden. Dass mehr als zwei Monate später hierauf bisher keine Antwort erfolgte und ohne Rücksicht auf kommunale Partner weiter unbeirrbar an der Schließung des stationären Standortes des Klinikums Lemgo gearbeitet wird, ist mehr als eine Missachtung der beteiligten kommunalen Parlamente.
Mit der Krankenhausreform für Nordrhein-Westfalen sind dem Standort Lemgo verschiedene Leistungsgruppen zugeteilt worden. Der Krankenhausplan stellt die sichere Versorgung der Nordlippischen Bürger in medizinischen Notfällen sicher.
Der Grundsatz, dass für die Bevölkerung eine Grund- und Notfallversorgung innerhalb von 20 Minuten mit dem Auto erreichbar sein muss, kann nur der Standort Lemgo erfüllen.   Durch die gestern vorgestellten Pläne, wird der nördliche Bereich des Kreises Lippe strukturell geschwächt, dieser Entwicklung stellen wir uns geschlossen entgegen!“