Ein Kino für Detmold: Verein „Kino und Kultur Detmold“ will Lichtspielhaus wiederbeleben

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Detmold ohne Kino ist für sie unvorstellbar: (von links) Jan Wieman, Klaus Friemel, Kerstin Böttcher, Dirk Pruin, Anja Wiglinghoff, Boris Römer, Silvia Stolzenberg, Inga Diestelmann und Bernd Neddermann vom Verein „Kino und Kultur Detmold“ Foto: Karen Hansmeier

Detmold. Es mag zwar noch an vielem mangeln, aber von einem haben die Mitglieder des im zurückliegenden August gegründeten Vereins „Kino und Kultur Detmold“ (KKD) genug: Enthusiasmus. Dazu kommen Tatendrang und Mut. Gemeinschaftssinn. Begeisterung. Und eine Vision: das ehemalige Kino „Kaiserhof“ wiederzubeleben und zu einem Herzstück der Detmolder Kulturszene zu machen.

Jan Wieman ist eines der Gründungsmitglieder des rein ehrenamtlich organisierten Vereins, dessen Akteure zivilgesellschaftliches Engagement par excellence zeigen. Die LIPPISCHE WOCHENZEITUNG sprach mit ihm über seine Motivation, über seine ersten Erfahrungen auf dem Weg, frischen Wind in Altes zu bringen und welche Perspektiven es für Kommendes gibt.

LIPPISCHE WOCHENZEITUNG (LWZ): Herr Wieman, „Detmold braucht ein Kino. Detmold braucht Filmkultur“, sagen Ihre Mitstreiter und Sie. Warum?
Jan Wieman: Detmold hat in den zurückliegenden Jahren die beiden verbliebenen Kinos verloren. In einer Stadt mit rund 75.000 Einwohnern, zwei Hochschulen und einem vielfältigen Kulturangebot, bedeutet dies einen gravierenden kulturellen Verlust. Der Verein „Kino und Kultur Detmold e. V.“ möchte das traditionsreiche Kino am Kaiserhof als Filmkunst-Kino wiederbeleben und die Lücke schließen. Wir sind davon überzeugt, dass Detmold ein eigenes Kino braucht.

LWZ: „Kaiserhof +“ lautet der Name Ihres Projektes. Was ist das für ein Kino? Wofür steht das „Plus“?
Wieman: Natürlich geht es vornehmlich um Kino und gute Filme. Das Programm wird eine Mischung aus Arthouse-Filmen, ausgewählten Blockbustern und speziellen Filmen für Kinder und Jugendliche. Unser Ziel ist es, ein Kinoerlebnis für alle Detmolder und Detmolderinnen zu schaffen. Das „+“ im Namen symbolisiert dabei die Vielfalt des Angebots, das über ein klassisches Kinoprogramm hinausgeht.

LWZ: Mit welchem Konzept gehen Sie an das Projekt? Denn in Ihrem Vereinsnamen steht ja nicht nur das Wort „Kino“. Was hat es mit der Kultur auf sich?
Wieman: Der Kinosaal soll so eingerichtet werden, dass eine variable Nutzung möglich ist. Unsere Gruppe besteht unter anderem auch aus Architekten, die sich ein flexibel-nutzbares Einrichtungskonzept ausgedacht haben. Trotz fester Bestuhlung mit bequemen Kinosesseln soll es möglich sein, den Kinosaal anderweitig zu nutzen. Neben dem Kinoprogramm gibt es viele Ideen und eine breite Palette kultureller Veranstaltungen, wie Lesungen, Konzerte, Vorträge, Workshops und vieles mehr. Dadurch soll der „Kaiserhof+“ zu einem lebendigen Ort werden, an dem Menschen zusammenkommen können, um gemeinsam Kunst und Kultur zu erleben, sich auszutauschen und voneinander zu lernen.

LWZ: Welche Ziele haben Sie sich als Verein gesetzt?
Wieman: Das übergreifende Ziel ist es, im kommenden Jahr zu eröffnen und mit dem regulären Betrieb zu starten. Das derzeit wichtigste Zwischenziel ist, dass wir unsere Investitionssumme für die Renovierungsarbeiten, die Anschaffung der Kinotechnik und des Inventars in Form von Spenden und Zuschüssen einsammeln. In Zahlen lautet dieses Ziel 150.000 Euro. Hierfür sprechen wir alle Bürger, Unternehmen und Institutionen an und bitten um Spenden und finanzielle Unterstützung. Jeder, der etwas geben möchte, kann sich auf unserer Homepage informieren: www.kinokulturdetmold.de oder www.kaiserhofplus.de.

LWZ: Was sind das für Menschen, die sich zum Verein „Kino und Kultur Detmold e. V.“ zusammengefunden haben?
Wieman: Wir sind eine Gruppe von 25 Personen, die sich seit Monaten mit dem „Kaiserhof+“ beschäftigen. Alle bringen sich mit ihrem Wissen und beruflichen Erfahrungen ein. Nicht alle dieser 25 Menschen kannten sich vorher untereinander. Durch diese Mischung hat sich ein großes Netzwerk gebildet, auf das wir zugreifen können. Um effektiver zu werden, haben wir themenbezogene Untergruppen und Teams gebildet. Diese Teams arbeiten ihre Aufgaben eigenständig ab, wobei ein reger Austausch bei den 14-tägigen Vorstands- und Gruppentreffen stattfindet.

LWZ: Bringen die Vereinsmitglieder überhaupt die nötige fachliche Expertise mit?
Wieman: Besonders bei kinospezifischen Fragen hatten wir zu Beginn kaum Kenntnisse. Ein großer Dank gilt dem Rhythmus-Filmtheater in Schloß Holte-Stukenbrock, das ebenfalls als Verein betrieben wird, und dessen Team uns geduldig alle Fragen beantwortet und uns bereits sehr geholfen hat. Von dort wurde uns ein kompetenter Kinotechniker und -ausstatter empfohlen, der uns die Kinotechnik einbauen und betreuen wird. Wir stehen aber auch in Kontakt zu Institutionen wie beispielsweise der Filmförderanstalt in Berlin und holen uns dort Rat, wo wir ihn brauchen.

LWZ: Wie stemmen Sie die Finanzierung? Sowohl jetzt in der Phase des Aufbaus als auch später, wenn der KKD-Betrieb läuft?
Wieman: Als Eigentümerin der Immobilie hat die „Kinder- und Jugendstiftung Lippe“ ein satzungsbezogenes Interesse, dass das Kino wieder in Betrieb geht. Die Stiftung trägt daher einen großen Teil der Baukosten und wird uns später bei der Realisierung eines regelmäßigen Kinder- und Jugendprogramms mit monatlichen Zuschüssen unterstützen. Weitere Fördermittel gibt es von Bund, Land und Förderungsanstalten für Film und Kino. Einnahmen werden aber auch durch den Verkauf von Kinotickets, Getränken und Popcorn generiert. Geplant sind drei Vorstellungen pro Woche, ergänzt durch Sonderveranstaltungen wie Filmfeste, Premieren oder Lesungen. Das Kino kann aber auch für externe Veranstaltungen genutzt werden, zum Beispiel in Zusammenarbeit mit regionalen Festivals wie dem International Short Film Festival (ISFF) in Detmold. Mitgliedsbeiträge und Spendenaktionen wie etwa Sesselpatenschaften oder Fundraising-Events, aber vor allem Möglichkeiten für höhere Sponsorenbeiträge sind weitere Bausteine der Finanzierung. Einen erheblichen Teil stemmen wir natürlich auch selbst mit unserer ehrenamtlichen, unentgeltlichen Arbeit.

LWZ: In welchem Zustand haben Sie das Kino vorgefunden, als Sie das erste Mal die Tür aufgeschlossen haben?
Wieman: Das Gebäude war und ist ziemlich leer. Außer dem alten Teppich ist nicht mehr viel da, was an ein Kino erinnert – weder Bestuhlung noch Leinwand. Aber die alte Holzdecke hängt noch und bleibt in der Zukunft ein schönes Detail. Das Gebäude ist in die Jahre gekommen, die gesamte Haustechnik und die Toiletten müssen ertüchtigt und auf einen aktuellen Stand gebracht werden. Außerdem muss in die Wärmedämmung und in die Verglasung des Foyers investiert werden.

LWZ: Wie nimmt die unmittelbare Nachbarschaft das Konzept auf?
Wieman: Nicht nur bei der unmittelbaren Nachbarschaft, sondern bei allen Menschen stößt das Projekt auf großes Interesse. Man spürt, dass sich die Leute freuen und unser Vorhaben gut finden. Dieses positive Feedback macht uns Mut und motiviert uns zusätzlich.

LWZ: Wie ist Ihre Zeitplanung? Wann wird der erste Film über die Leinwand flimmern?
Wieman: Je schneller wir die Investitionssumme zusammen haben, desto eher geht es los. Für einen konkreten Termin ist es derzeit noch zu früh.

LWZ: Auch wenn es noch nicht soweit ist. Wie werden Sie die Programmplanung angehen?
Wieman: Wir möchten Filme zeigen, die sowohl den ökonomischen als auch den künstlerischen und kulturellen Anforderungen gerecht werden. Um diese Auswahl wird sich später ein Team kümmern. Als Kino müssen wir die Filme bei den Verleihern bestellen. Das muss circa acht Wochen im Voraus geplant werden.

LWZ: Bald ist wieder die Zeit der Wunschzettel und guten Vorsätze. Was wünschen Sie sich für den „Kaiserhof +“? Und was nehmen Sie sich für die Umsetzung vor?
Wieman: Ich wünsche mir, dass wir viele Leute dazu bewegen können, Ihre Geldbeutel zu öffnen. Wenn wir die 150.000 Euro bis zum Frühjahr 2025 zusammen hätten, wäre der Kinostart absehbar. Als Gruppe ziehen bei uns derzeit alle ausnahmslos an einem Strang. Ich wünsche mir, dass diese Energie noch lange Bestand hat. Am Ende können solche ehrenamtlichen Projekte nur funktionieren, wenn viel Energie und Leidenschaft hineinfließen.

LWZ: Zu guter Letzt: Woher kommt Ihre Begeisterung fürs Kino? Und welchen Film muss man unbedingt gesehen haben?
Wieman: Für das „Erlebnis Kino“ braucht es eine große Leinwand, einen guten Sound und eine Gruppe von interessierten Menschen, mit denen man ja irgendwie zusammen schaut und im Kino sitzt. Durch das „Rudelgucken“ verstärkt sich das Kinoerlebnis zusätzlich. Das kann man zu Hause mit Netflix und Co. nicht erreichen. Deshalb brauchen wir ein Kino in Detmold!  Mein persönliches Kino-Highlight der letzten Zeit war „Poor Things“ mit Emma Stone. Den zweiten Teil von „Joker: Folie à Deux“ mit Joaquín Phoenix muss ich unbedingt noch sehen.


Das Gespräch führte Karen Hansmeier.