Kreis Lippe/Lemgo. Als Sänger, Komponist und Produzent ist er eine lebende Schlagerlegende. Er war im RTL-Dschungelcamp und ist Gesamtleiter des bekannten Schwarzmeer Kosaken-Chores, den sein Vater 1938 mitgründete: Der gebürtige Lemgoer Peter Orloff ist in seinem Leben weit gereist.
Nun kehrt er am Donnerstag, 14. November, gemeinsam mit dem Schwarzmeer Kosaken-Chor zurück in seine Heimatstadt und spielt dort ab 18 Uhr in der St.-Johann-Kirche. Im LWZ-Interview spricht Orloff unter anderem über seine Geburtsstadt und seine dortige Jugend, seinen Vater, den Beginn der erfolgreichen Schlagerzeit als Sänger und Komponist und natürlich über den Schwarzmeer Kosaken-Chor.
LIPPISCHE WOCHENZEITUNG (LWZ): Herr Orloff, Sie wurden im März 1944 in Lemgo geboren. Was verbindet Sie heute noch mit Ihrer Geburtsstadt?
Peter Orloff: Mit Lemgo verbinde ich persönlich sehr viel. Ich habe dort schließlich meine Kindheit und Jugend verbracht und bin dort, wie auch in Detmold, zur Schule gegangen. Als Kind hatte ich schon immer eine starke Stimme, das attestierten mir damals auch meine Lehrer am Engelbert-Kaempfer-Gymnasium. Zu Hause wuchs ich sehr musikalisch auf und wurde evangelisch-orthodox erzogen. Mein Vater sprach dabei immer vom gemeinsamen Haus Gottes, in dem die verschiedenen Konfessionen eine Wohnung hätten.
LWZ: Haben Sie immer noch Freunde und Bekannte in Ihrer Heimatstadt?
Orloff: Es ist für mich immer wieder eine Freude, nach Lemgo, in meine Geburtsstadt zu kommen. Ich habe hier Freunde wie Frank Vogelsteller, meine beiden Steuerberater, die Familie von Karl August Ewerbeck, alte Klassenkameraden und Bekannte und bin schon gespannt, wen ich bei unserem Konzert so wiedersehe.
LWZ: Ihre Eltern liegen auf dem Friedhof Lüningheide begraben. Sind Sie noch öfter dort am Grab?
Orloff: Wir versuchen natürlich bei unseren Konzerten in Lemgo das Grab meiner lieben Eltern zu besuchen und lesen dort dann meistens für sie eine Totenmesse aus der orthodoxen Liturgie. Das Grab liegt dort sehr schön und sie haben einen tollen Ausblick über ganz Lemgo.
LWZ: Alles begann mit der Flucht Ihres Vaters im Alter von 17 Jahren in den Wirren der Oktober-Revolution aus Russland nach Lemgo.
Orloff: Ja, mein Vater flüchtete damals aus Russland, wo eigentlich unsere Wurzeln liegen. Wir stammen aus einer russischen Adelsfamilie, und er war Sohn eines Generals der Zarengarde. In Lemgo fand er nach einer wahren Odyssee seine neue zweite Heimat.
LWZ: Ab April 1930 war Ihr Vater als Theologe in der Kirche, unter anderem in St. Pauli, tätig. Wie ging es in Lemgo weiter?
Orloff: Mein Vater war Theologe, baute aber auch zusammen mit dem späteren Superintendenten Kasimir Ewerbeck in Lemgo sein Lebenswerk, die Bruderhilfe der evangelisch-orthodoxen Arbeitsgemeinschaft, auf, die sich um die Betreuung der heimatlosen russischen Menschen in Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg sorgte.
LWZ: Vor mehr als 80 Jahren übernahm Ihr Vater Nikolai Orloff die Gesamtleitung des Schwarzmeer Kosaken-Chores, ging mit ihm viele Jahre erfolgreich auf Tournee und brachte so Millionen Menschen die Musik der russisch-orthodoxen Kirche nahe.
Orloff: Ja, bereits als kleiner Junge faszinierte mich dieser Ausnahme-Chor. Daher war es immer mein Wunsch, ein Teil davon zu werden.
LWZ: Mit 14 Jahren waren Sie 1958 das jüngste Mitglied im Chor und im Alter von 17 Jahren übernahmen Sie immer öfters auch Solo-Parts.
Orloff: Genau, in sehr jungen Jahren war das mein musikalischer Anfang. Ich erinnere mich noch an mein erstes Konzert in Helmstedt. Als Kind war ich davon schon begeistert. Aber mein Vater hätte mich lieber als Rechtsanwalt gesehen und meinen Wunsch als Berufsoffizier fand er wegen meiner beiden Herkunftsländer auch nicht gut. Im Chor erfuhr ich auch eine Gesangsausbildung und singe seit damals bei unseren Konzerten wie wir alle ganz ohne technische Hilfsmittel.
LWZ: In Ihrer Brust schlagen zwei Herzen, das der Schlagermusik und auch das des sehr erfolgreichen Schwarzmeer Kosaken-Chores. Überwiegt eine der beiden Seiten?
Orloff: Beides gehört zu meiner Identität, sowohl die Schlagermusik als auch die vielen Auftritte mit dem Schwarzmeer Kosaken-Chor. Somit gibt es keine Seite, die wirklich überwiegt. Ich stehe demnächst wieder mit Andy Borg im Rahmen seiner Tournee auf der Bühne und einen Tag später bin ich dann schon wieder mit meinem Chor unterwegs.
LWZ: Sie haben viele große Hits für andere Künstler geschrieben wie „Du“ für Peter Maffay und „Der Junge mit der Mundharmonika“ für Bernd Clüver, zudem waren Sie 28-Mal zu Gast in der legendären Hitparade.
Orloff: Ja, alles begann im Jahr 1967 mit meiner ersten Schallplatte, als ich mit der Aufnahme eines der größten DDR-Hits, „Das schönste Mädchen der Welt“ von Günter Geißler, gleich in die Charts kam. Später folgten meine Hits wie „Ein Mädchen für immer“, „Immer, wenn ich Josy seh“ und „Königin der Nacht“ sowie die von mir geschriebenen „Der Junge mit der Mundharmonika“, „Der kleine Prinz“ oder „Du“. Letzteres hatte ich eigentlich für mich selbst geschrieben, durfte es aber seitens meiner Schallplattenfirma nicht selbst singen. Peter Maffay hatte damit daraufhin seinen wohl größten Single-Hit. Ich habe den Song dieses Jahr noch einmal selbst aufgenommen und wurde mit meiner Version am 14. März die Nummer eins in Deutschland in den offiziellen YouTube-Charts.
LWZ: Nach einer Pause von 25 Jahren gründeten Sie den Schwarzmeer Kosaken-Chor neu und führen seit 1993 das Vermächtnis ihres Vaters, der 1990 verstarb, in guter Familientradition weiter.
Orloff: Ja, es war mir ein persönliches Anliegen, das Vermächtnis meines Vaters fortzuführen und auch weiterhin Menschen in Kirchen und Konzertsälen mit dieser Musik zu erfreuen. Unsere Konzerte sind immer mystisch, geheimnisvoll und stimmgewaltig, und es beeindrucken auch immer wieder großartige Solisten bei unseren Konzerten. Die Sänger und Musiker stammen aus Russland, der Ukraine und auch aus Belarus. Sie verstehen sich wunderbar und dokumentieren eindrucksvoll, dass die Politik von der Musik noch vieles lernen kann.
LWZ: Was erwartet die Zuhörer am 14. November bei Ihrem Jubiläumskonzert in der Kirche St. Johann in Lemgo?
Orloff: Lemgo ist immer wie nach Hause zu kommen. Dort ist das Konzert fast immer ausverkauft und in der Kirche St. Johann werden dann Stücke wie „Das Wolgalied“, „Die zwölf Räuber“, „Kalinka“ oder „Teure Heimat“ zu hören sein. Letzteres ist gleichzeitig der Titelsong unserer fünf CDs umfassenden Box aus den Top-100-Albumcharts. Während des Konzerts singen wir es im italienischen Original, „Va, pensiero“. Die Zuhörer können sich schon auf viele Gänsehaut-Momente freuen.
Das Gespräch führte Andreas Leber.