Gedenkfeier der Stadt Detmold: „Hass auf Jüdinnen und Juden darf nicht weiter keimen!“

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Bürgermeister Frank Hilker mahnte im Gedenken an den 9. November 1938: „Die Wurzeln des Hasses sind längst nicht ausgetrocknet, sondern wieder aktiv." Foto: Stadt Detmold

Detmold. „Die Wurzeln des Hasses sind längst nicht ausgetrocknet, sondern wieder aktiv. Es gilt, ihnen ständig neu entgegenzutreten und klar zu sagen: In dieser Bundesrepublik Deutschland darf der Hass auf Jüdinnen und Juden nicht weiter keimen. Dazu sind alle Demokratinnen und Demokraten aufgerufen!“ Diese Botschaft richtete Bürgermeister Frank Hilker am Tag des Gedenkens an den 9. November 1938 an die Teilnehmenden der zentralen Gedenkfeier der Stadt Detmold. Hunderte Teilnehmende kamen am frühen Abend an die Lortzingstraße – zu dem Ort, an dem vor 86 Jahren die Neue Synagoge in Brand gesetzt und vernichtet wurde.

Zu der Veranstaltung, die seit 1988 jedes Jahr am 9. November an diesem Ort begangen wird, hatte die Stadt Detmold gemeinsam mit der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit eingeladen. Als besonderen Gast begrüßten die Ausrichtenden Kathie Wiederkehr aus der Schweiz. Sie teilte ihre Gedanken zum 9. November mit den Anwesenden aus einer besonderen Position heraus: Ihr Großvater war der Journalist, Sozialdemokrat und Jude Felix Fechenbach, der als erstes Opfer der Nazis in Lippe am 7. August 1933 ermordet wurde.

Kathie Wiederkehr, Enkelin des 1933 von den Nazis ermordeten Felix Fechenbach, teilte ihre Gedanken zum Gedenktag mit den Detmolderinnen und Detmoldern. Foto: Stadt Detmold

„In Anbetracht der weltpolitischen Lage lassen mich Worte wie „Nie wieder“ oder „von der Geschichte lernen“ daran zweifeln, ob wir überhaupt etwas gelernt haben“, so Kathie Wiederkehr. Doch kollektive Depression sei keine Option. Ihr Großvater Felix Fechenbach, so Kathie Wiederkehr, würde den Menschen heute wohl Mut machen, die Demokratie als kostbare politische Errungenschaft zu bewahren. Sie freute sich besonders darüber, dass auch viele junge Leute zur Gedenkveranstaltung gekommen waren. Denn der Umgang der jungen Menschen mit der Vergangenheit, so Wiederkehr, sei im Hinblick auf die Zukunft doch die zentrale Frage: „Sind Gedenktage noch zeitgemäß? Was hat das Vergangene mit der jungen Generation zu tun? Welche Form der Erinnerung spricht euch an?“, so Kathie Wiederkehr.

Wie in vielen deutschen Städten, so loderte auch in Detmold in der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 das Feuer aus dem jüdischen Gotteshaus. Es war von führenden Nazis der Stadt gegen zwei Uhr nachts gelegt worden. Die Synagoge brannte vollständig nieder. Und noch während die Trümmer rauchten, wurden jüdische Männer in das Konzentrationslager Buchenwald deportiert.

Mitglieder der Evangelischen und Katholischen Jugend Lippe verlasen an der Lortzingstraße einen interreligiösen Impuls und legten einen Kranz nieder, ehe sich die Teilnehmenden auf den stillen Weg zur Gedenkstätte an der Exterstraße begaben. Dort angekommen, trugen Auszubildende der Stadt Detmold in bewegenden Beiträgen die Biografien ehemals in Detmold lebender und im Holocaust ums Leben gekommener Jüdinnen und Juden vor.

Große Resonanz fand im Anschluss die Einladung des Bürgermeisters ins Rathaus, wo sich die Anwesenden zunächst bei einem warmen Getränk und kleinen Speisen stärken und anschließend dem Auftritt des Schweizer Gitarristen Martin Bolliger zuhören konnten, der im bis auf den letzten Platz besetzten großen Sitzungssaal jiddische Lieder interpretierte und chassidische Geschichten vortrug. Dabei vermittelte er seinem Publikum eindrucksvoll, wie groß die emotionale Bandbreite jiddischer Lieder ist: voller Lebensfreude, aber auch melancholisch und von Sehnsucht geprägt.