
Blomberg. Haben die Johanniter im Rettungssystem des Kreises Lippe versagt? So sieht es aus. Denn der Vertrag zum Betrieb der Rettungswache in Blomberg wurde außerordentlich gekündigt, wie die Pressestelle des Kreises Lippe auf Anfrage von Jörn Fries am Mittwochnachmittag, 26. März, schriftlich bestätigte.
In der Antwort auf die Anfrage heißt es: „Vertraglich vereinbarte Pflichten und Maßnahmen, die unter anderem wesentliche Qualitätsstandards und Sicherheitsvorgaben betrafen, wurden aus Sicht des Kreises nicht eingehalten oder umgesetzt. Daher war dieser Schritt am Ende notwendig.“
Jörn Fries ist Freier Journalist mit den Themenschwerpunkten Luftrettung, Rettungswesen und Bevölkerungsschutz.
Dass der Lack ab ist bei den Blomberger Johannitern, konnte der geneigte Beobachter schon seit Längerem wahrnehmen: Mehrfach wechselte die Führungsriege im Regionalvorstand, viele Rettungskräfte und ehrenamtliche Helfer verließen den christlichen Verband, die Einsatzeinheit musste im vergangenen Jahr abgemeldet werden, und eine nach der anderen Rettungswache ging den Johannitern verloren, erst in Lemgo und dann die Notarztwache in Detmold.
Es folgte die erst wenige Jahre zuvor von den Maltesern übernommene Wache in Lemgo, Ortsteil Lieme, anschließend die Rettungswache in Horn-Bad Meinberg, Ortsteil Bad Meinberg, und zuletzt zum 31. Januar die Wache in Schlangen.
Ab dem 1. April sind die Johanniter somit nicht mehr im öffentlich-rechtlichen Rettungsdienst im Kreis Lippe tätig. Zum gleichen Datum geben die Johanniter auch den kassenärztlichen Fahrdienst ab. Nach 14 Jahren.
Wahrlich keine besonders gute Entwicklung für eine der größten Hilfsorganisationen in Deutschland – und einst auch in Lippe.
Interview von Jörn Fries mit Patrick Bockwinkel, Presse-Sprecher des Kreises Lippe
Jörn Fries: Trifft es zu, dass der Kreis Lippe den Johannitern die – außerordentliche – Kündigung ausgesprochen hat? Falls ja, zu welchem Zeitpunkt wird der Kreis den Betrieb der Rettungswache Blomberg selbst in die Hand nehmen? Ich habe gehört, es soll schon am 1. April passieren, das wäre allerdings schon in wenigen Tagen.
Patrick Bockwinkel: Ja, das trifft zu. Der Kreis Lippe hat der Johanniter Unfall-Hilfe den Vertrag zum Betrieb der Rettungswache in Blomberg außerordentlich gekündigt. Damit wird der Kreis zum 1. April die Aufgaben des Rettungsdienstes in diesem Versorgungsbereich wahrnehmen.
Fries: Aus welchen Gründen wurde die Kündigung ausgesprochen? Aus Personalmangel, wie vor rund zwei Monaten in Schlangen, oder gibt es andere Gründe?
Bockwinkel: Vertraglich vereinbarte Pflichten und Maßnahmen, die unter anderem wesentliche Qualitätsstandards und Sicherheitsvorgaben betrafen, wurden aus Sicht des Kreises nicht eingehalten oder umgesetzt. Daher war dieser Schritt am Ende notwendig. Die Situation in Schlangen war nicht ursächlich für die außerordentliche Kündigung, sie hat bei der Bewertung der Gesamtlage aber natürlich eine Rolle gespielt und ist in den Abwägungsprozess mit eingeflossen.
Fries: Wird den Mitarbeitern der JUH-Rettungswache Blomberg ein Angebot nach § 613a BGB unterbreitet?
Bockwinkel: Inwieweit Personal von den Johannitern übernommen werden kann, wird zeitnah erörtert.
Fries: Gehen die in Blomberg stationierten Rettungsdienstfahrzeuge sowie das dort vorhandene Verbrauchsmaterial in den Besitz oder das Eigentum des Kreises Lippe über?
Bockwinkel: Inwieweit Rettungsdienstfahrzeuge des JUH vom Kreis übernommen werden können, wird in den kommenden Tagen mit der Johanniter Unfall-Hilfe abgestimmt.
Fries: Neben der von der Feuerwehr Detmold betriebenen Rettungswache Detmold und der NEF-Wache am Klinikum Lippe Standort Detmold befinden sich künftig nur noch die beiden Wachen in Oerlinghausen und Lage/Lippe in Hand privatrechtlich geführter Hilfsorganisationen, in beiden Fällen ist das der Malteser Hilfsdienst (MHD). Ist auch für diese beiden Wachenstandorte eine (Re-)Kommunalisierung geplant?
Bockwinkel: Eine Übernahme der Rettungswachen des Malteser Hilfsdienstes oder eine Re-Kommunalisierung des Rettungsdienstes stand und steht nicht zur Debatte. Wichtig zu betonen ist, dass die Notfallversorgung im Versorgungsbereich Blomberg auch weiterhin zu jedem Zeitpunkt gewährleistet ist und wird.