Gesundheitsfürsorge im Kreis Lippe: Johanniter halten an Dienstleistungsangebot fest

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Die Johanniter haben den Standort der Rettungswache Blomberg verloren und sind raus aus dem kassenärztlichen Fahrdienst in der Region. Aber das ist beileibe nicht ihr einziges Standbein in der Gesundheitsvorsorge, auch wenn es für gute Sichtbarkeit in der Öffentlichkeit gesorgt hat. Foto: Jörn Fries

Der Arbeiter-Samariterbund Regionalverband Ostwestfalen-Lippe mit Sitz in Bielefeld übernimmt ab Dienstag, 1. April, von den Johannitern den kassenärztlichen Fahrdienst in Ostwestfalen-Lippe. Dr. Tobias Eilers, Sprecher der Johanniter-Organisation, würdigt die  Gesamtleistung seiner Organisation, die in der vergangenen Woche keinen guten Lauf hatte.

„Für 1,3 Millionen Patienten 575 Mal um die Erde in 1.630 Arbeitsjahren“, so überschreibt er seinen Essay in der Verbands-Zeitschrift der Johanniter

„14 Jahre Johanniter-Fahrdienst im Kassenärztlichen Notfalldienst für die Kassenärztliche Vereinigung Westfalen-Lippe enden Ende März“, kündigt er an.

Seit dem Jahr 2011 habe die Johanniter-Unfall-Hilfe e. V. eine zuverlässige Partnerschaft mit der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe (KVWL) in der akutmedizinischen Versorgung in Westfalen übernommen. Eine Ausnahme habe Bielefeld gebildet, wo damals der Arbeiter-Samariter-Bund den Zuschlag erhalten habe. Die Johanniter-Fahrdienste hätten die ambulante Versorgung durch Vertragsärztinnen und -ärzte bei notdienstlichen Hausbesuchen unterstützt, insbesondere dann, wenn Arztpraxen geschlossen gewesen seien und Patientinnen und Patienten die Notfallnummer „116 117“ kontaktiert hätten. Dies sei insbesondere am späten Nachmittag, in den Abend- und Nachtstunden sowie an Wochenenden und Feiertagen der Fall gewesen.

575 Erdumrundungen in 1.630 Arbeitsjahren

Durchschnittlich rund 300 speziell geschulte Mitarbeitende hätten in den vergangenen 14 Jahren mehr als 1,3 Millionen Einsätze absolviert. Dabei seien knapp 23 Millionen Kilometer zurückgelegt und rund 3 Millionen Einsatzstunden geleistet worden. Bildlich gesprochen entspreche dies etwa 575 Erdumrundungen und 1.630 Arbeitsjahren. Jährlich seien es im Schnitt rund 75.000 Einsätze und etwa 1,3 Millionen zurückgelegte Kilometer gewesen. Diese Leistung habe wesentlich zur Sicherstellung der kassenärztlichen Akut- und Notfallversorgung an zahlreichen Standorten von Südwestfalen über das Ruhrgebiet bis nach Lippe beigetragen. Über die Jahre seien zudem zahlreiche eingespielte Ärzte-Fahrer-Teams entstanden, die zu einer hohen Qualität der Einsätze geführt hätten. Neben dem Fahrdienst hätten die Mitarbeitenden die Ärztinnen und Ärzte auf dem Fußweg zu den Patientinnen und Patienten begleitet und organisatorische Aufgaben übernommen. Von allen Beteiligten sei stets die Zuverlässigkeit und Freundlichkeit des Personals hervorgehoben worden.

Neuausschreibung aus Kostengründen

Die Kassenärztliche Vereinigung Westfalen-Lippe habe sich im Herbst dazu entschlossen, die Dienstleistung aus Kostengründen neu auszuschreiben. Die Johanniter hätten sich mit einem qualitativ hochwertigen Angebot beteiligt, jedoch aus finanziellen Gründen nicht den Zuschlag erhalten. Daher werde die Zusammenarbeit zwischen der KVWL und den Johannitern im kassenärztlichen Notfalldienst zum 31. März 2025 enden. Bereits im Oktober des Vorjahres sei das Auftragsvolumen um rund ein Drittel reduziert worden.

Bedauern über Entscheidung und Dank an die Mitarbeiter

Tobias Gellermann, Regionalvorstand aus dem Regionalverband Östliches Ruhrgebiet, wo die zentrale Koordination des Johanniter-Dienstes erfolgte, habe die Entscheidung der KVWL zugunsten kostengünstigerer Anbieter bedauert. Er habe die Befürchtung geäußert, dass sich die Versorgungsqualität für Patientinnen und Patienten sowie die Servicequalität für Ärztinnen und Ärzte verschlechtern werde.

Landesvorstand Udo Schröder-Hörster habe sich bereits im Vorfeld ausdrücklich bei allen Mitarbeitenden im Fahrdienst bedankt. Er habe ihr großes Engagement, ihre Zuverlässigkeit, Freundlichkeit und Umsichtigkeit im Dienst hervorgehoben und betont, dass sie einen bedeutenden Beitrag zur Akut- und Notfallversorgung in ganz Westfalen geleistet hätten.

Bemühung um individuelle Lösungen

Die Johanniter-Unfall-Hilfe habe sich als christliche Arbeitgeberin, die regelmäßig Bestnoten in Branchen-Rankings erhalte, intensiv darum bemüht, den betroffenen Mitarbeitern eine passende berufliche Anschlussmöglichkeit zu bieten, etwa im Hausnotrufdienst. In vielen Fällen sei dies gelungen, jedoch hätten einige Mitarbeiter betriebsbedingt gekündigt werden müssen. Diese Kündigungen seien unter Einhaltung aller gesetzlichen und tariflichen Vorgaben zum 31. März ausgesprochen worden.

Die Johanniter hätten diese betriebsbedingten Kündigungen ausdrücklich bedauert und den betroffenen Mitarbeitenden für ihren weiteren beruflichen Weg alles Gute gewünscht. Zudem wisse man, dass einige Mitarbeitende bereits Verträge mit neuen Anbietern im kassenärztlichen Notfalldienst ab dem 1. April unterzeichnet hätten.

Johanniter weiter im Einsatz

Unabhängig vom Fahrdienst im kassenärztlichen Notfalldienst würden alle anderen wesentlichen Dienste und Angebote der Johanniter-Regionalverbände in Westfalen unverändert fortgeführt. Dies betreffe insbesondere den Rettungsdienst, den Katastrophenschutz, die ambulante Pflege, den Hausnotruf sowie weitere Bereiche wie Kitas, Offene Ganztagsschulen, Ehrenamt und Jugendarbeit. Die Johanniter blieben weiterhin verlässlich in diesen Bereichen tätig.

Hintergrund

Unter der zentralen Rufnummer 116 117 betreiben die kassenärztlichen Vereinigungen den kassenärztlichen Notfalldienst (KÄND). Dieser stehe Versicherten außerhalb der Praxiszeiten zur Verfügung und solle akute medizinische Bedarfe abdecken, die nicht bis zur nächsten Praxissprechstunde aufgeschoben werden könnten, jedoch auch keine sofortige Einlieferung in ein Krankenhaus erforderlich machten. Im Rahmen des Notfalldienstes hätten die Johanniter-Teams Ärztinnen und Ärzte zu den Patientinnen und Patienten gebracht, die ihre Wohnung nicht verlassen konnten und medizinische Hilfe benötigten.