Ein beeindruckendes Cover für ein ebenso eindrucksvolles Debüt: Hans C. Jacobs legt mit Velmerstot einen Kriminalroman vor, der die Erwartungen des Genres nicht nur erfüllt, sondern deutlich übertrifft.
Was geboten wird, ist ein rasanter Mix aus realitätsnahen Tatverläufen, stimmiger Logik, eskalierender Gewalt, psychologischer Tiefe und historischen Rückblenden zur Zeit der Sachsenkriege unter Karl dem Großen – garniert mit mythisch-magischen Elementen.
Immer wieder hält man beim Lesen den Atem an – besonders dann, wenn Jacobs die Atmosphäre verdichtet. Der Handlungsort selbst scheint dem Roman das Thema aufzuzwingen: Velmerstot, der höchste Punkt des Eggegebirges, klingt schon fast programmatisch nach Mord und Drama. Und tatsächlich: Auch ein friedlicher Sonntagsspaziergang kann hier leicht unheimlich wirken – perfekte Kulisse also für eine düstere Geschichte, die mit Lokalkolorit und historischer Tiefe punktet.
Der Titel Velmerstot weckt Erwartungen, auch wenn seine Herkunft harmlos ist: „stot“ stammt aus dem Altsächsischen und bedeutet so viel wie „Berg“ oder „Höhe“. Jacobs – Historiker von Beruf – kennt diese Etymologie natürlich, aber er nutzt den Begriff nicht wissenschaftlich, sondern literarisch. Sein Roman bedient sich der Geschichte, ohne ihr verpflichtet zu sein. Eine der zwei Zeitebenen spielt im frühen Mittelalter, wo die Kriegerin Lutruds mit ihrem sagenumwobenen Walkürenschwert gegen Feinde kämpft. Jahrhunderte später wird dieses Schwert für die Kampfsportlerin Lena zur Schicksalswaffe – im Kampf gegen die albanische Mafia, die ihr und ihrem Freund Jan dicht auf den Fersen ist.
Jacobs wagt viel – und gewinnt. Sein Thriller ist ein mutiger Genremix mit fantastischen Einschlägen. Der Autor, fasziniert von Serien wie denen auf Netflix, lässt diese Inspiration in seine Erzählweise einfließen. Während der Pandemie in nur sechs Wochen „herunter geschrieben“, dauerte es dennoch drei Jahre, bis das Werk in seiner endgültigen Form vorlag. Was dabei herauskam, ist weder klassischer Krimi noch historischer Roman – sondern ein ganz eigenes Format, das auf überraschende Weise fesselt.
Die Schatzsuche bildet den roten Faden in der Gegenwartsebene. Jan muss ein legendäres Artefakt finden, um seine Schulden bei einem albanischen Kunstmafia-Boss zu begleichen. Gemeinsam mit Lena entdeckt er schließlich eine geheimnisvolle Höhle – und den sagenhaften Schatz. Was danach geschieht, bleibt an dieser Stelle unerzählt, denn: Das Ende überrascht. Und wie.
Was der Brocken für Goethe, ist die Velmerstot für Jacobs
Wie der Brocken einst Goethe zu Faust inspirierte, wirkt die Velmerstot auf Jacobs: geheimnisvoll, unheimlich, faszinierend. Bei der Lesung in der Stadtbücherei wird deutlich, wie stark ihn dieser Ort prägt – und wie aus einem nüchternen Lokalhistoriker ein fantasievoller Erzähler werden konnte.
„Die phantastischen Elemente spielen in dem Buch eine zentrale Rolle. Ich habe sie in der Lesung weggelassen, um die Hörerschaft nicht zu überfordern“, erläutert Jacobs im Gespräch mit der LWZ im Anschluss an die Lesung.
Den Roman gibt’s in der Lagenser Stadtbücherei oder in Jacobs‘ eigenem „Lippe-Verlag“ in Detmold.
Die Mitglieder des Fördervereins der Stadtbücherei lauschten gespannt dem Vortrag von Krimiautor Hans C. Jacobs. Von links: Madeleine Biermann, Roswitha Heinz, Elisabeth Knuth, Michaela Jahnke-Witter, Dr. Hans C. Jacobs, Brigitte Herrmann, Michael Biermann, Margarete Wißmann, Klaus Landrock. Auf das Foto klicken, um es zu vergrößern =>