Lage-Ohrsen. Ferdinand Schmedding (72) ist Fachmann für den Lagenser Ortsteil Ohrsen: Niemand kennt sich so gut aus in der Geschichte und Struktur des Dorfes wie er. Deshalb engagiert er sich auch im Lippischen Heimatbund und im örtlichen Bürgerverein.
Auch in vielen anderen Organisationen spricht er ein gewichtiges Wort mit und beteiligt sich an städtischen Aktionen wie dem „Frühjahrsputz“ vor ein paar Wochen. Als seine politische Heimat bezeichnet er die CDU, obwohl er sich Freunden aus anderen Teilen des politischen Spektrums nahezu genauso stark verbunden fühlt.
LIPPISCHE WOCHENZEITUNG (LWZ): Herr Schmedding, Sie mögen den Fortschritt in Ihrem Ortsteil, zeigen aber keine Begeisterung für den Plan, in Ohrsen zwei Windräder aufzustellen.
Ferdinand Schmedding: Nein, nicht diese riesigen Dinger. Die sollen größer werden als der Kölner Dom. Belange des Naturschutzes sprechen dagegen. Und wenn ich beim Spaziergang mit meinem Hund auf der Anhöhe bei Greste ankomme, zähle ich 31 Windräder um mich herum. Das muss doch mal reichen. Betroffen wären vom Großbauprojekt übrigens auch die Ortsteile Ehlenbruch und Kachtenhausen.
LWZ: Sie schließen sich der „Bela“, der „Bürger-Energie-Genossenschaft Lage“, nicht an, die sich dafür starkmacht, zwei Windräder auf der grünen Wiese aufzustellen und die dafür schon eine Ackerfläche angepachtet hat?
Schmedding: Nein, im Gegenteil. Ich habe jetzt eine Bürgerinitiative dagegen gegründet. Die Ackerfläche, auf der die Windriesen aufgestellt werden sollen, liegt außerhalb des Flächennutzungsplans. Es fehlt also die rechtliche Grundlage. Außerdem kommt es inzwischen doch wohl darauf an, ausreichend Speicherkapazitäten für die gewonnene Energie aufzubauen, statt immer nur neue Anlagen in die Landschaft zu stellen. Und schon gar nicht, wo die Rotoren nicht hinpassen.
LWZ: Wie zum Beispiel in Ohrsen?
Schmedding: Genau. Wie zum Beispiel in Ohrsen.
LWZ: Tun Ihnen die Leute nicht leid, die bei der „Bela“ 250 Euro in das Projekt investiert haben, die dann futsch sind, wenn Ihre Bürgerinitiative den Plan stoppt?
Schmedding: „Bela“-Vorstandmitglied Andreas Schmuck hat in der LWZ doch betont, dass es sich um „Risikokapital“ handele und dass die „Bela“ auch andere Projekte verfolge als nur das Windkraft-Thema.
LWZ: Hand aufs Herz: Die Windräder würden in Ihrem verlängerten Garten stehen. Haben Sie nicht ein ganz persönliches Motiv, dagegen zu sein?
Schmedding: Zugegeben, die tatsächliche Aussicht auf den Hermann, die ich aus dem Fenster meines Arbeitszimmers genieße, gefällt mir sehr viel besser als die mögliche Optik von Rotoren und Hochspannungsleitungen vom Wohnzimmer aus. Aber in Ohrsen und seinen Nachbardörfern sind ja Hunderte von Menschen betroffen. Da geht es nicht nur um mich.
LWZ: Dass es Ihnen nicht nur um sich und Ihre Familie geht, haben Sie ja schon hinlänglich bewiesen. Mit der Aufnahme von Flüchtlingsfamilien und bedürftigen Menschen, etwa in Ihrem Haus.
Schmedding: Die ehemalige Echterhölter-Villa, die wir bewohnen, ist sehr schön, komfortabel, geräumig und bietet in der Tat viel Platz. Da lag es nahe, anderen einen Zufluchtsort einzuräumen, die kein Dach über dem Kopf haben. Der syrische Flüchtling Ahmad Alkawarit zum Beispiel ist uns in lebhafter Erinnerung. Wir hatten eine tolle Zeit. Meine Frau hat mit ihm anfangs täglich Deutsch geübt und ihn über deutsche Kultur aufgeklärt. Er hatte hier ein zweites Zuhause. Ergebnis: Ahmad hat seinen Master in Wirtschaftswissenschaften gemacht und pflegt heute noch lebendigen Kontakt mit uns. Er sagt, er habe bei uns eine zweite Familie gefunden.
LWZ: Hatten Sie denn immer positive Erlebnisse bei der Flüchtlingshilfe?
Schmedding: Nein. Wir haben leider auch erleben müssen, dass Hausgäste die zur Verfügung gestellte Wohnung im Obergeschoss regelrecht verwüstet haben. Aber darüber rede ich nicht gern.
Das Gespräch führte Hajo Gärtner.
LWZ-Serie „Auf einen Kaffee mit“
In der LWZ-Serie „Auf einen Kaffee mit“ werden regelmäßig Menschen vorgestellt, die das Leben in Lippe aktiv mitgestalten – oft im Rampenlicht, manchmal im Hintergrund, aber stets mit Leidenschaft und Engagement.
Ob Politiker, Künstler, Vereinsmitglieder, Unternehmer oder Ehrenamtliche: Bei einer Tasse Kaffee sprechen sie über das, was sie antreibt, bewegt – und warum ihr Herz daran hängt. Die LWZ-Leser dürfen sich auf persönliche Einblicke, ehrliche Gespräche und Anekdoten freuen.
In der ersten Folge war Dr. Marika Thiersch zu Besuch im LWZ-Verlagshaus. Die 42-Jährige geht bei der Kommunalwahl am 14. September als CDU-Bürgermeisterkandidatin für Detmold ins Rennen.
Im zweiten Teil war Kay Sandmann-Puzberg (Vorstandsvorsitzender der Bürgerstiftung Detmold) zu Gast, mit dem wir über das Engagement der Bürgerstiftung gesprochen haben und darüber, warum er auch nach 20 Jahren noch lange nicht ans Aufhören denkt.