Lügde. 50, das ist heutzutage keine Schallgrenze mehr für Lebens- und Unternehmungsfreude, eher eine Startrampe, um mitten im Leben zu stehen. Lag die durchschnittliche Lebenserwartung 1950 noch bei Mitte 60, so liegt sie jetzt bereits bei um die 80 Jahre.
Das Altern ist quasi nach hinten gerutscht: „Vor Jahrzehnten war das Altersempfinden und die dazugehörige Aufmachung eine ganz andere – das scheint sich über die Jahre immer weiter zu verschieben“, meint Kabarettistin und Sängerin Dagmar Schönleber, die sich in ihrem jüngsten Programm mit einer markanten Lebensschnittstelle beschäftigt, betitelt: „Endlich 50! So jung brechen wir nicht mehr zusammen.“
Die gebürtige Lemgoerin kann da seit kurzem mitreden – von den eher lästigen körperlichen Symptomen bis hin zu der willkommenen Gelassenheit: „Also ich muss jetzt keine 20 mehr sein und ich hab auch kein Problem damit, mich nicht mehr attraktiv zu fühlen. Was mich aber irgendwie ärgert ist, dass mir Sachen schwerer fallen und ich für manches länger brauche, und ich hinke dem realistisch Machbaren manchmal gedanklich hinterher. Da gibt es schon hin und wieder eine Diskrepanz zwischen Körper und Geist – ich fühle und denke oft nicht wie eine 50-Jährige, allerdings manchmal auch, als wäre ich 70.“
Von der ewigen Jugend träumt die mit jugendlichem Flair ausgestattete Kabarettistin auf jeden Fall nicht, aber die Gesundheit ist schon ein Thema, das mit zunehmendem Alter an Gewicht gewinnt, verbunden mit einem achtsamen Blick auf das, was auf den Teller kommt.
Was sie keinesfalls schreckt, ist der Tod: „Ich erlebe mich in bestimmten Situationen so, dass ich denke, wenn es jetzt vorbei wäre, wäre das nicht schlimm, denn was ich erleben durfte, war geil. Der Tod wird ja mit zunehmendem Alter immer präsenter und es sterben immer häufiger Menschen aus dem eigenen Umfeld. Meine Sorge wäre vor allem, die vor einem langen Krankheitsprozess; am besten tot umfallen und das im Sitzen“, scherzt die Komödiantin, die hin und wieder in den Dialekt ihrer Wahlheimat Köln verfällt.
Nun kommt sie mit ihrem neuen Programm wieder in heimische Gefilde – mit diesem Landstrich fühlt sie sich verbunden, allein wegen ihrer Schwester und Freunde, die im Lipperland ansässig sind; und wenn Dagmar Schönleber von der Autobahn in diese vertraute Gegend kommt, dann geht ihr schon das Herz auf.
Ihre Wahlheimat ist allerdings Köln und dort im Café Storch wurde auch der Grundstein für ihr künstlerisches Schaffen gelegt: Eine verlorene Wette trieb sie auf die Bühnenbretter, um Eigenes vorzutragen – so ist sie fast wie die Jungfrau zum Kinde zu ihrer komödiantischen Vortragsader gekommen. Die diplomierte Sozialarbeiterin fand Gefallen an Bühne, Applaus und dem spielerischen Kontakt zum Publikum, dem ihre Mischung aus scharfsinnigem Sprachwitz und verspielter Alberei gefiel.
Stets eine wichtige Komponente ist ihr die Musik: „Ich mag es, wenn ich unterschiedliche Ebenen bespiele. Mit Musik hat man auch andere Möglichkeiten der Interaktivität, Musik lockert auf, rundet ab und verbindet. Genauso gerne verbinde ich Themen vom kleinsten Kosmos Mensch, also meiner Person, über die Gesellschaft bis hin zur Politik und das in beide Richtungen; ich mache kein politisches Kabarett, aber natürlich habe ich wie jeder Mensch eine Haltung und die tue ich selbstverständlich ohne Scheu kund.“
Die Einfälle für ihre Programme findet sie quasi auf der Straße – also überall da, wo der Alltag sein alltägliches Wesen treibt, und im Gewöhnlichen die Pointen lauern: „Beobachten, sacken lassen und gucken was macht das, wo ist die Komik“, so beschreibt die Künstlerin ihren Arbeitsprozess ganz salopp.
Dagmar Schönleber, die auch immer mal wieder im Fernsehen auftaucht, ist glücklich darüber und dankbar dafür, dass sie diesen Beruf ausüben und davon leben kann: „Ich blicke auf ganz viele wundervolle Momente zurück und freue mich auf die, die noch vor mir liegen. Es ist neben der Routine auch ein stetiger Prozess des Lernens, mit vielen unterschiedlichen Faktoren, die sich immer wieder ändern und das Agieren spannend machen. Vor allem durch den Bezug, den man zum Publikum herstellen möchte – wenn das gelingt und das Publikum mir mit Freude auf meiner Reise folgt, sich anstecken lässt, dann wächst man im Laufe des Abends zusammen und das ist toll. Gerade in der heutigen Zeit, die geprägt ist von Isolation, Rückzug oder Egotrip, ist dieses Zusammen etwas erleben, zusammen lachen, sich aufeinander einlassen, noch wichtiger geworden.“
Am 28. Juni, um 19 Uhr, ist Dagmar Schönleber zu Gast bei Ahrens Zuhause, Mittlere Straße 19–21, in Lügde.