Die Teilnehmer der LWZ-Diskussionsrunde: (von links) Meinolf Haase, Heike Görder, Ilka Kottmann, Yves Brummel, Paul Kuhlemann, Carsten Steinecker und Dr. Inga Loke. Fotos: Reiner Toppmöller

Kreis Lippe. Insgesamt sechs Kandidaten konkurrieren bei der kommenden Kommunalwahl um das Amt des lippischen Landrats: Dr. Inga Loke (41, Grüne), Meinolf Haase (60, CDU), Heike Görder (64, Unabhängige Kreistagsmitglieder/UKTM), Ilka Kottmann (42, SPD), Andreas Epp (46, Aufbruch C) und Paul Kuhlemann (29, Die Partei) stellen sich am 14. September dem Votum der Wähler.


Um ihre Positionen und Pläne vorzustellen, hat die LIPPISCHE WOCHENZEITUNG die Politiker zu einem Gespräch in das LWZ-Verlagsgebäude eingeladen.
Dabei diskutierten sie mit LWZ-Verlagsleiter Carsten Steinecker und Redaktionsleiter Yves Brummel unter anderem darüber, welche Themen aus ihrer Sicht den Lippern unter den Nägeln brennen und wie sie diese künftig lösen wollen.

Politischer Austausch: Diskussionsrunde im LWZ-Verlagshaus. Foto: Reiner Toppmöller

Warum möchten Sie Landrat beziehungsweise Landrätin werden und welche Themen stehen für Sie besonders im Fokus? Oder anders gefragt: Wen bekommen die Wählerinnen und Wähler, wenn sie ihre Stimme bei Ihnen setzen?

Dr. Inga Loke (Grüne)
Die Wählerinnen und Wähler bekommen Dr. Inga Loke, eine Person, die bereit ist, Verantwortung zu übernehmen, die diese Verantwortung tragen kann und der Lippe seit jeher am Herzen liegt. Genau deshalb möchte ich Landrätin werden. Der Kreis ist mir seit meiner Kindheit vertraut, ich bin Lipperin durch und durch – und sehe viele Themen, die uns aktuell und in den kommenden Jahren beschäftigen.

Es sind keine einfachen Zeiten, und vor uns stehen große Entscheidungen, etwa in den Bereichen Bildung, mit den Berufskollegs, Gesundheit oder Mobilität. All diese Fragen müssen zukunftsweisend beantwortet werden, und dafür möchte ich Verantwortung übernehmen.

Ich bin überzeugt, dass ich diese Aufgabe gut erfüllen kann – nicht nur durch meine fachliche Kompetenz, sondern auch, weil ich vermitteln, Vertrauen gewinnen und im Team erfolgreich arbeiten kann. Genau diese Eigenschaften möchte ich in das Amt der Landrätin einbringen.

Heike Görder (UKTM)
Wenn die Menschen in Lippe mich wählen, bekommen sie eine Landrätin mit mehr als 20 Jahren Erfahrung im Kreistag. Ich habe in vielen Bereichen, unter anderem in der Bildung, gearbeitet und bringe viel kommunalpolitische Kompetenz mit. Warum wir jetzt antreten? Wir haben uns vor einiger Zeit mit mehreren unabhängigen Wählergemeinschaften zur UKTM zusammengeschlossen und schnell gemerkt, wie viel Potenzial darin steckt.

Für mich war klar: Ich möchte nicht mehr einer Partei dienen, sondern direkt den Bürgerinnen und Bürgern in Lippe. Daraus ist eine starke Bewegung mit tollen Menschen und Partnern entstanden, die antritt, um für Lippe da zu sein.

Lippe hat bereits unglaublich viel zu bieten, aber auch noch enormes Potenzial. Und wir wollen es besser machen – in dieser Hinsicht bin ich ein großer Fan von Kooperationen. Gerade in Zusammenarbeit mit der Wirtschaft, sehe ich große Chancen, Lippe zukunftsweisend weiterzuentwickeln. Wichtige Themen sind außerdem Gesundheit, Kultur, Infrastruktur und der Öffentliche Personennahverkehr.

Wir haben hier noch so viele Baustellen, doch ich bin jemand, der gerne anpackt und die Ärmel hochkrempelt – und genau das möchte ich als Landrätin tun: für Lippe.

Ilka Kottmann und Meinolf Haase gehen für die SPD beziehungsweise die CDU in das Rennen
um den Landratsposten. Foto: Reiner Toppmöller

Ilka Kottmann (SPD)
Wenn die Wählerinnen und Wähler mich wählen, dann bekommen sie Ilka Kottmann. Seit 15 Jahren mache ich Kreispolitik – und ich liebe unser Lippe. Ich bin in Bad Salzuflen aufgewachsen, habe in Lemgo Abitur gemacht und lebe heute in Detmold.

Ich bin überzeugt, dass die kommende Wahlperiode entscheidend sein wird, denn wir stehen an einem Scheideweg. Die Frage ist: Gelingt es uns, das, was Lippe so besonders macht, zu bewahren, auszubauen und noch besser zu gestalten – oder geraten wir in eine Negativspirale?

Ein zentrales Thema ist der demografische Wandel. Die Boomer-Generation geht nach und nach in Rente. Das bedeutet nicht nur, dass diese Menschen auf dem Arbeitsmarkt fehlen, sondern zunehmend auch im Vereinsleben. Die Folge könnte sein, dass unser Standort an Attraktivität verliert: Apotheken und Ärzte wandern ab, Vereine geraten in Schieflage – und damit vieles, was Lippe ausmacht.

Ich glaube aber, dass wir eine gute Chance haben: Im aktuellen Wahlkampf habe ich erlebt, was Leute auf die Beine stellen können. Wenn wir es schaffen, gut zu moderieren, Unterstützung zu geben und miteinander im Gespräch zu bleiben, bin ich sicher: Dann bekommen wir das gemeinsam hin.

Das betrifft zum einen die Zusammenarbeit mit den Ehrenamtlichen, zum anderen aber auch das Miteinander zwischen den Kommunen und dem Kreis. Am Ende gehört dazu ebenso eine vorausschauende Haushaltspolitik, die sicherstellt, dass die Kommunen ihre wichtigen Einrichtungen, etwa die Freibäder, erhalten können und zugleich, dass der Kreis seine zentralen Aufgaben, auch im freiwilligen Bereich, weiterhin wahrnehmen kann.

Paul Kuhlemann (Die Partei)
Warum ich Landrat werden möchte? Aus demselben Grund wie Frau Kottmann: Sonst wollte niemand in meinem Kreisverband. Und irgendwer muss es ja machen. Bevor wir niemanden aufstellen, mache ich das.

Einer der wichtigsten Punkte, die ich anpacken werde, ist die Gesundheitsversorgung. Die hat in den vergangenen fünf Jahren und auch schon davor stark gelitten. Ich werde daher keine Krankenhäuser zurückbauen, sondern mehr aufbauen, und zwar in jeder Gemeinde mindestens eine Uniklinik. Denn mir liegt die Gesundheitsversorgung aller Lipperinnen und Lipper am Herzen und nicht nur der in Detmold. Und es ist wichtig, dass Oma und Opa ihre Altersarmut möglichst lange genießen können.

Und Landrat kann ich auch ganz gut. Ich bringe jetzt nicht jahrzehntelange Erfahrung in der Kommunalpolitik mit, aber ich leite seit 2021 unter anderem einen Landesverband mit, der mehr als 11.000 Mitglieder umfasst. Ich bin überzeugt, wenn ich schon mit der Rasselbande fertig werde, dann kriege ich das auch mit dem Kreis und Kreistag hin.

Dr. Inga Loke und Paul Kuhlemann lauschen aufmerksam den Ausführungen ihrer Mitbewerber. Foto: Reiner Toppmöller

 Meinolf Haase (CDU)
Die Wählerinnen und Wähler bekommen mit mir einen engagierten ehrenamtlichen Lügder, der sich weiterhin für den Kreis Lippe einsetzen möchte. Mein Vorteil ist, dass ich seit 22 Jahren in der Struktur der Kreisverwaltung tätig bin, seit 2003 als Fachbereichsleiter beim Bevölkerungsschutz. Dadurch habe ich ein breites Portfolio im Blick und sehe viele Bereiche, in denen wir noch Dinge ändern können – insbesondere bei spannenden Themen wie Finanzen.

Landrat möchte ich werden, weil ich eine neue berufliche Herausforderung annehmen will und meine Erfahrungen einbringen möchte. Ich kenne die Strukturen der kommunalen Familie, also der 16 Städte und Gemeinden sowie der Kreisverwaltung, und habe in verschiedenen Institutionen gearbeitet. Über die Jahre konnte ich mir ein starkes Netzwerk aufbauen und habe bei vielen Themen bereits aktiv mitgewirkt. All das möchte ich nun in die Aufgabe als Landrat einbringen.

Andreas Epp (Aufbruch C)
Ich möchte Landrat werden, weil Lippe meine Heimat ist – hier bin ich verwurzelt, hier lebe ich mit meiner Familie, hier möchte ich Verantwortung übernehmen. Mein Herz schlägt für die Menschen in unserer Region, und deshalb kandidiere ich. Wer mir seine Stimme gibt, bekommt einen Landrat, der zuhört, versteht und handelt.

Im Fokus stehen für mich die Themen, die das Leben hier direkt betreffen: Familien stärken, gute Infrastruktur in Stadt und Land sichern, soziale Gerechtigkeit fördern, Chancen für Kinder und Jugendliche schaffen und unsere Heimat so gestalten, dass sie lebenswert und zukunftsfähig bleibt.

Andreas Epp konnte krankheitsbedingt nicht vor Ort mit diskutieren. Er beantwortete
die gestellten Fragen schriftlich. Fotorechte: Andreas Epp

Welches Thema brennt den Menschen in Lippe aus Ihrer Sicht derzeit am meisten unter den Nägeln – und wie wollen Sie es konkret anpacken?

Andreas Epp (Aufbruch C)
Viele Menschen bewegt die Frage: Wie können wir in Lippe gut und sicher leben – heute und in Zukunft? Dazu gehören bezahlbarer Wohnraum, eine verlässliche Gesundheitsversorgung, sichere Arbeitsplätze und ein funktionierender öffentlicher Nahverkehr.

Konkret will ich dafür sorgen, dass wir den ÖPNV gerade auch im ländlichen Raum stärken, die Digitalisierung in Schulen, Verwaltung und Unternehmen konsequent ausbauen und die heimische Wirtschaft unterstützen. Dabei leitet mich ein Grundwert: Nächstenliebe. Das heißt für mich, niemanden zurückzulassen, sondern Wege zu finden, wie wir gemeinsam Lösungen schaffen, die allen zugutekommen.

Paul Kuhlemann (Die Partei)
Welche Themen den Menschen in Lippe besonders wichtig sind, hängt meiner Meinung nach davon ab, wo sie leben. Als Detmolder weiß ich natürlich vor allem, was den Detmoldern unter den Nägeln brennt. Aber ich bekomme auch mit, was zum Beispiel in Lemgo diskutiert wird. Ein zentrales Thema, das überall eine große Rolle spielt, ist die Gesundheitsversorgung. Das ist ein flächenübergreifender Punkt.

Daneben gibt es aber auch kleinere Anliegen, die überraschend viel Gewicht haben – etwa das Thema Kfz-Kennzeichen. Da habe ich aber auch eine Lösung parat: Anstatt die alten DT- oder LE-Kennzeichen zurückzuholen, warum nicht die Y-Kennzeichen der Bundeswehr nutzen? Die sind steuerfrei, und wir Lipper sind ja sparsam. Ich glaube, damit könnte man die Lipperinnen und Lipper schon zufriedenstellen.

Meinolf Haase (CDU)
Die Entscheidung, als Landratskandidat für die CDU anzutreten, war für mich von Anfang an eng mit der Gesundheitsversorgung verknüpft. Seit mehr als 20 Jahren bin ich für die rettungsdienstliche Versorgung im Kreis verantwortlich – deshalb treibt mich die aktuelle Lage in der stationären und ambulanten Versorgung besonders an.

Für mich ist klar: Wir müssen die Krankenhausstandorte stärken und als kommunale Einrichtungen an beiden Standorten erhalten. Strukturelle Veränderungen sind notwendig, das sehe ich. Gleichzeitig brauchen wir eine verlässliche ambulante Versorgung, vor allem durch Fachärzte. Dafür ist die Kassenärztliche Vereinigung zuständig, aber Lösungen können wir nur gemeinsam entwickeln. In Lage, Bad Salzuflen und Lemgo gibt es bereits gute Ansätze mit Medizinischen Versorgungszentren, die aufgebaut werden sollen. Wichtig ist, dass alle Akteure eingebunden werden – denn neue Ärztinnen und Ärzte zu gewinnen, wird immer schwieriger, wie ich täglich im Notarztdienst erlebe.

Ein zweites großes Thema ist die Weiterentwicklung der Kreisverwaltung. Sie muss zu einer modernen Dienstleistungsverwaltung werden – mit einem echten „Wir-Gefühl“. Das bedeutet: Entscheidungen mit Augenmaß treffen, Spielräume nutzen und Bürgerinnen und Bürger auf ihrem Weg begleiten. Ob Bauanträge, Kfz-Anmeldungen oder Jagdscheine – Verfahren müssen schneller und unkomplizierter werden. Am Ende sollen die Menschen das Gefühl haben: In der Kreisverwaltung gilt, der Kunde ist König.

Drittens geht es mir um Wirtschaft und Handwerk – das Rückgrat unserer Gesellschaft. Wenn viele Menschen in Arbeit sind, geht es auch der Gesellschaft insgesamt gut. Darum brauchen wir eine enge Zusammenarbeit mit Betrieben, starke Netzwerke und das gemeinsame Anpacken von Problemen, bevor sie groß werden.

Natürlich gehört zu allem auch eine solide Finanzpolitik. Wir werden einen Sparkatalog brauchen, der an manchen Stellen wehtun wird. Aber wichtig ist Augenmaß, keine große Keule. Gleichzeitig müssen wir mit den 16 Städten und Gemeinden eine stabile Finanzbasis sichern – und Bund und Land stärker in die Pflicht nehmen, damit die Kommunen endlich verlässlich ausgestattet werden.

Führen durch das Gespräch in der LWZ-Redaktion: (von links) Redaktionsleiter Yves
Brummel und Verlagsleiter Carsten Steinecker. Foto: Reiner Toppmöller

Ilka Kottmann (SPD)
Ein zentrales Thema für die Menschen im Kreis ist die gesundheitliche Versorgung. Dazu gehört ein leistungsfähiges Klinikum. Mit dem einstimmigen Beschluss aus dem vergangenen Jahr sind wir auf einem guten Weg. Wichtig ist jetzt nicht nur die organisatorische Weiterentwicklung, sondern auch ein besseres Betriebsklima innerhalb des Klinikums.

Parallel dazu bricht die ambulante Versorgung zunehmend weg: Immer weniger Haus-, Kinder- und Fachärzte sind verfügbar. Auch wenn die Verantwortung bei der Kassenärztlichen Vereinigung liegt, muss der Kreis hier kontinuierlich Druck ausüben. Zusätzlich sollten wir über trägergestützte oder kommunale Medizinische Versorgungszentren nachdenken – in enger Zusammenarbeit mit allen Beteiligten.

Ein zweites Schwerpunktthema ist der Öffentliche Nahverkehr. Bus- und Bahnverbindungen müssen verlässlicher werden und besser mit Fahrrad- oder Autoverkehr verknüpft sein. Ein Ort lebt nicht nur davon, dass man ihn gut erreichen, sondern auch unkompliziert wieder verlassen kann. Für Jugendliche ist das entscheidend, damit sie ländlichen Regionen wie dem Kalletal treu bleiben. Für Ältere wiederum muss der Nahverkehr so zuverlässig und klar strukturiert sein, dass er auch dann eine echte Alternative bietet, wenn man abends nicht mehr selbst Auto fahren möchte.

Als drittes sehe ich die Verbindung von Wirtschaft und Arbeitsmarktpolitik. Hier kann der Kreis aktiv Einfluss nehmen, indem wir Fachkräftepotenziale heben – etwa durch Berufskollegs, die sich am regionalen Bedarf orientieren, durch eine starke Rolle des Jobcenters und durch gute Netzwerke. Auch die Betreuungssituation ist entscheidend, weil Alleinerziehende oft nicht so arbeiten können, wie sie möchten.

Gute Wirtschaftspolitik heißt für mich, Fachkräfte langfristig an die Region zu binden. Dafür brauchen wir attraktive Rahmenbedingungen: lebendige Dörfer, gute Versorgungseinrichtungen und ein familien- wie fachkräftefreundliches Umfeld. So machen wir Lippe interessant für Fachkräfte – auch ohne reine Wirtschaftsförderung über Geld oder neue Gewerbegebiete.

Heike Görder (UKTM)
Die medizinische Versorgung liegt allen am Herzen. Viele Menschen fragen sich, ob sie im Ernstfall wirklich gut versorgt sind und genügend Ärzte verfügbar sind. Dieses Thema können wir nur gemeinsam lösen – indem wir alle Beteiligten an einen Tisch holen und miteinander, nicht übereinander reden.

Dass die Kliniken in kommunaler Hand bleiben müssen, ist unstrittig, und das habe ich in den vergangenen mehr als 20 Jahren immer verteidigt. Aber es reicht nicht, ein Krankenhaus vor Ort zu haben, wenn dort nicht alle wichtigen Disziplinen abgedeckt sind. Wir brauchen tragfähige Lösungen, und ich bin überzeugt, dass wir sie im vertraulichen Gespräch mit allen Akteuren finden werden.

In den vergangenen zehn Jahren habe ich im Bildungsbereich gearbeitet, gleichzeitig aber auch die Wirtschaft im Blick gehabt. Als Azubi-Coach habe ich erlebt, wie schwierig es für Jugendliche ist, eine Ausbildung anzutreten. Nehmen wir jemanden aus Extertal-Bösingfeld, der morgens um sieben Uhr in Detmold oder Horn-Bad Meinberg sein muss: Selbst mit Deutschland- oder Azubi-Ticket ist das kaum zu schaffen, wenn Busse und Bahnen unzuverlässig sind.

Deshalb habe ich schon vor Jahren vorgeschlagen, wieder Wohnlösungen zu schaffen – etwa ein Boardinghouse oder Wohnheime in zentraler Lage, die Unternehmen für ihre Azubis anmieten. Solche Modelle gab es früher, zum Beispiel in Bad Salzuflen für Pflege- und Gastronomieberufe. Unter der Woche dort zu wohnen, würde vieles erleichtern. Auch hier gilt: In Lippe sind zuletzt zu wenig intensive gemeinsame Gespräche geführt worden. Jeder hat seine Stärke und wenn wir die zusammenbringen, dann ist Lippe ganz weit vorne.

Ein drittes Thema liegt mir besonders am Herzen: das Ehrenamt. Ich selbst engagiere mich in Bad Salzuflen und war viele Jahre Vorsitzende der Sportjugend im Kreissportbund. Ich weiß, wie unverzichtbar Ehrenamtliche für unsere Gesellschaft sind. Doch viele hören auf, und Vorstände bleiben unbesetzt – aus Angst vor Haftung, Bürokratie oder den vielen Vorschriften. Wenn wir Vereine bei diesen Aufgaben unterstützen, entlasten wir die Ehrenamtlichen und schaffen wieder Freiräume für das Wesentliche: für Kinder- und Jugendarbeit, für Angebote für Ältere, für Kultur. Dann entstehen wieder Feste, Trainings und Begegnungen – und das Ehrenamt bleibt lebendig.

Für uns von der UKTM gilt: Lippe ist mehr als 16 einzelne Städte und Gemeinden. Jede ist besonders, jede hat ihre eigenen Herausforderungen. Aber nur gemeinsam sind wir Lippe. Wenn wir partnerschaftlich zusammenarbeiten, bewegen wir nicht nur viel, wir erreichen auch viel.

Dr. Inga Loke (Grüne)
Viele Punkte, die meine Mitbewerber genannt haben, teile ich. Mir ist aber besonders wichtig, dass wir Räume schaffen, in denen wir wieder miteinander ins Gespräch kommen, in denen erklärt, verstanden und gegenseitiger Respekt gefördert wird. Dort können wir auch Vertrauen zurückgewinnen, das in unserer lippischen kommunalen Familie teilweise verloren gegangen ist.

Als Kreis sind wir abhängig von Bundes- und Landesgesetzen. Wir können keine eigenen Regeln aufstellen, sondern sind auf kommunale Einnahmen und Ausgleichszahlungen angewiesen. Eigene Mittel erwirtschaften können wir nicht. Deshalb geht es immer um Ausbalancieren und Transparenz – gerade bei der Gesundheitsversorgung.

Es ist nun mal nicht so einfach, jeder Kommune ein eigenes Krankenhaus zuzusprechen. Ein Krankenhaus mit allen Fachrichtungen kostet viel Geld, und die gesetzlichen Vorgaben verlangen eine bestimmte Zahl von Fachärzten vor Ort, die nicht überall gleichzeitig sein können. Deshalb müssen wir spezialisierte Zentren wie Detmold oder Lemgo stärken und offen erklären, warum das so ist.

Alle Entscheidungen lassen sich am Ende auf Zahlen herunterbrechen – Kreishaushalt und kommunale Haushalte geben die Leitplanken vor. Nur mit gegenseitigem Verständnis können wir festlegen, welche freiwilligen Leistungen der Kreis erbringen kann und welche Erwartungen die Kommunen haben dürfen.

Gerade kleine Verwaltungen, wie in Schieder-Schwalenberg, stoßen schnell an ihre Grenzen, etwa bei Förderanträgen. Hier brauchen wir Strukturen, in denen man sich unterstützt – ähnlich wie im Ehrenamt. Voraussetzung ist, klar zu formulieren, was man will, es festzuhalten und sich gemeinsam dazu zu bekennen. Nur so entsteht Zusammenarbeit, statt gegenseitiger Vorwürfe.

Das gilt für Gesundheit, Wirtschaft und Digitalisierung gleichermaßen. Wir brauchen einen starken Wirtschaftsstandort Lippe mit Mobilität, Verlässlichkeit, guten Standortfaktoren und Betreuung. Fehlende Betreuung betrifft nicht nur Familien, sondern entzieht auch der Wirtschaft Kapazitäten. Der Kreis kann das nicht allein leisten, aber er kann Strukturen schaffen und Akteure zusammenbringen.

Warum nicht Ehrenamtliche stärker in Nachmittagsbetreuung oder Offene Ganztagsschulen einbinden? So könnten Kinder schon am Nachmittag Sport- oder Freizeitangebote wahrnehmen. Dafür müssten Ehrenamtliche aber auch früher freigestellt werden – ein Punkt, den man offen ansprechen und aushandeln muss.

Am Ende geht es darum, ehrliche Gespräche in einem Klima des Grundvertrauens zu führen. Nur so können wir festlegen, was möglich ist, und gemeinsam an einem Strang ziehen.


Wie möchten Sie den Kreis Lippe in den kommenden Jahren für die Zukunft aufstellen – etwa in den Bereichen Wirtschaft, Digitalisierung, Klima- und Umweltschutz sowie soziale Teilhabe?

Ilka Kottmann (SPD)
Viele Bereiche sind komplex und hängen eng zusammen. Gerade beim Thema Wirtschaft ist es wichtig zu verstehen, dass der Kreis nicht über Gewerbeflächen oder Gewerbesteuern entscheidet. Unsere Aufgabe ist es vielmehr, zu überlegen, wo wir unterstützen können. In einem kürzlichen Gespräch mit der IHK wurde uns noch einmal deutlich gemacht, dass weiche Faktoren wie ÖPNV, Kinderbetreuung oder flexible Angebote für Fachkräfte entscheidend sind. Genau da müssen wir ansetzen – auch mit Blick auf spezielle Anforderungen wie Schichtarbeit, die im ländlichen Raum schwer mit Betreuung zu vereinbaren ist.  Tagesmütter können da eine Lösung sein, aber am Ende braucht es vor allem Austausch.

Im Gespräch mit der IHK habe ich auch klar gesagt: Bürokratieabbau ist wichtig, da sind wir uns alle einig. Weniger Bürokratie spart Geld. Aber Bürokratie hat auch mit Gerechtigkeit zu tun – sie darf nicht einfach pauschal abgebaut werden. Deshalb habe ich die IHK aufgefordert, konkret zu benennen, an welchen Prozessen es immer wieder scheitert. Nur wenn wir wissen, ob die Hürden von Bund und Land vorgegeben sind oder ob es an unseren Abläufen liegt, können wir Lösungen finden und zum Dienstleister werden.

Ein zweiter zentraler Punkt ist die Fachkräftesicherung. Dafür müssen wir alle Potenziale ausschöpfen: Langzeitarbeitslose, die wieder integriert werden sollen, Jugendliche, die nach der Ausbildung schnell in ihre erlernten Berufe gelangen und Menschen mit Migrationshintergrund, die schnell über Sprache und Ausbildung eingebunden werden müssen. Das sind die Stellschrauben, an denen wir drehen können.

Die Digitalisierung geht damit einher. Alle großen Gewerbegebiete müssen mit schnellem Internet ausgestattet sein, ebenso die Ortsteile. Gleichzeitig muss digitale Verwaltung wirklich digital sein – also so, dass Prozesse komplett online laufen und nicht am Ende doch wieder im Kreishaus Papiere ausgedruckt und abgeheftet werden und die Bürger die Aufforderung erhalten, nochmal alles per Post zu schicken. Lieber dauert die Umstellung etwas länger, als dass wir eine Pseudo-Digitalisierung schaffen.

Beim Klima- und Umweltschutz sind wir in den vergangenen Jahren sehr gut vorangekommen. Wir sind ein grüner Kreis, und das stärkt auch unseren Tourismusstandort. Themen wie Klimafolgenanpassung oder Schwammstädte müssen wir weiter ausbauen. Dabei hoffe ich, dass wir für die in den Ruhestand verabschiedete Dr. Ute Röder eine gute Nachfolge als Verwaltungsvorstand finden, weil sie in diesem Bereich sehr viel geleistet hat.

Ganz, ganz wichtig ist mir auch die soziale Teilhabe. Menschen müssen in ihrer Kommune erleben, dass ihr Leben funktioniert, und die Sicherheit haben, dass jemand da ist, wenn sie in Schwierigkeiten geraten. Das ist für mich auch eine Antwort auf rechte Hetze: Niemand darf das Gefühl haben, ins Bodenlose zu fallen.

Genau deshalb kämpfe ich für unsere freiwilligen Leistungen. Viele unterschätzen ihre Bedeutung. Da geht es um Beratungsstellen für Frauen, Arbeitslose oder Drogenabhängige – Angebote, die vorbeugen, beraten und auffangen. Natürlich klingt es auf den ersten Blick attraktiv, diese Leistungen zu streichen und dann noch die Kreisumlage zu senken. Aber damit würden wir ein Stück kommunaler Selbstverwaltung aufgeben. Es darf nicht sein, dass Bund und Land ihre Aufgaben nicht ausreichend finanzieren und wir am Ende genau das verlieren, was unsere Stärke ist.

Meinolf Haase (CDU)
Entscheidend ist eine starke Wirtschaft, ein starkes Handwerk. Da müssen wir alle Akteure miteinander vernetzen, damit sie sich über die großen Herausforderungen wie den Fachkräftemangel austauschen können. Wirtschaft und Tourismus sehe ich dabei als eng miteinander verbunden. Deshalb möchte ich die Wirtschaftsförderung im Kreis neu aufstellen.

Natürlich liegt die Hauptverantwortung bei den Städten und Gemeinden, aber auch die Kreisverwaltung hat jahrelang mit einer eigenen Abteilung Wirtschaftsförderung betrieben. Hier sehe ich Potenzial, Aufgaben gemeinsam mit den 16 Städten und Gemeinden zu bündeln und Synergien zu nutzen. Die beste Wirtschaftsförderung ist nach wie vor, wenn Baugenehmigungsverfahren zügig laufen. Außerdem muss Wirtschaftsförderung in der Kreisverwaltung wieder Chefsache sein und darf nicht in die dritte Ebene delegiert werden.

Beim Thema Digitalisierung brauchen wir durchgängige digitale Verfahren, ob bei Bauakten oder im Straßenverkehrsamt. Heute erleben wir noch, dass ein Bauantrag digital eingereicht, aber zwei Tage später ausgedruckt in Ordnern hinterhergetragen wird. Digitalisierung muss mit Nachdruck, aber auch mit Fingerspitzengefühl, vorangetrieben werden. Datenschutz ist wichtig, darf uns aber nicht komplett blockieren. Da müssen wir mal ein bisschen Gas geben.

Gleichzeitig müssen wir darauf achten, dass ältere Menschen nicht ausgeschlossen werden – meine 85-jährige Mutter etwa fährt noch Bürgerbus in Lügde, dort funktioniert der Ticketkauf klassisch mit Bargeld, im sonstigen ÖPNV beinahe nur noch per Smartphone. Das zeigt: Digitalisierung muss immer auch die Bedürfnisse der gesamten Gesellschaft berücksichtigen.

Beim Klima- und Umweltschutz haben wir als Kreis eine besondere Verantwortung. Als Katastrophenschützer weiß ich, dass Extremwetterereignisse längst auch Lippe erreichen. Ich setze mich für erneuerbare Energien ein – Windkraft ja, aber mit Augenmaß und unter Bürgerbeteiligung. Für Photovoltaikanlagen stehe ich ebenso ein. Mein Ziel ist, dass die öffentlichen Gebäude des Kreises mit Photovoltaikanlagen oder sogar klimaneutral ausgestattet werden, und dass wir dies im Einklang mit den Städten und Gemeinden umsetzen, die ebenfalls ihre Gebäude entsprechend ausrüsten sollten.

In Sachen sozialer Teilhabe stimme ich Ilka zu: Wir dürfen niemanden zurücklassen. Menschen, die Hilfe brauchen und annehmen wollen, müssen sie bekommen. Niemand sollte aufgrund sozialer Schwäche auf der Strecke bleiben. Das gilt auch für die Bekämpfung des Fachkräftemangels – nicht nur in Handwerk und Industrie, sondern auch in der Kreisverwaltung selbst. Unser Ziel muss es sein, möglichst viele Menschen in Arbeit zu bringen. Das stärkt die Wirtschaft und entlastet gleichzeitig die sozialen Ausgaben.

Andreas Epp (AUFBRUCH C)
Ich glaube fest daran: Lippe kann mehr. Unser Kreis hat enormes Potenzial – in den Städten, auf dem Land, in den Familien, in den Köpfen. Dieses Potenzial möchte ich gemeinsam mit den Menschen heben. In puncto Wirtschaft will ich unseren Mittelstand und unser Handwerk stärken, Innovationen fördern und dafür sorgen, dass junge Menschen hier eine gute Ausbildung und Arbeit finden.

Das Thema Digitalisierung bedeutet für mich, Schulen und Verwaltung fit zu machen für die digitale Zukunft, damit Lippe moderner und effizienter wird. Beim Klima- und Umweltschutz gilt es, unsere Natur zu bewahren, erneuerbare Energien zu fördern und nachhaltige Lösungen zu unterstützen – damit Lippe auch für kommende Generationen lebenswert bleibt. Im Hinblick auf soziale Teilhabe ist für mich entscheidend, dass alle Menschen dazugehören – ob jung oder alt, gesund oder pflegebedürftig. Nur wenn wir gemeinsam füreinander Verantwortung übernehmen, bleibt Lippe stark.

Heike Görder (UKTM)
Ich schließe mich meinen Vorrednern an: Verlässlichkeit ist für die Wirtschaft entscheidend – sei es im ÖPNV, damit Mitarbeiter zuverlässig zur Arbeit kommen, oder bei Flächenmanagement oder Genehmigungsverfahren, damit Unternehmen schnell planen und handeln können. Wichtig ist auch die enge Zusammenarbeit mit unseren Schulen und Berufskollegs. Fachkräfte fallen nicht vom Himmel, sie kommen aus den Schulen, beginnen als Auszubildende und entwickeln sich dann weiter.

Deshalb liegt mir eine zielgerichtete Ausbildung am Herzen, die noch stärker mit den Bedarfen der Wirtschaft, und damit meine ich nicht nur große Industrieunternehmen, sondern alle – Handwerk, Industrie, Handel, Dienstleistungen oder Pflege – verzahnt ist. Denn dort wird nicht nur Einkommen erwirtschaftet, sondern auch die Grundlage für Steuereinnahmen geschaffen, mit denen wir im Kreis unsere Aufgaben erfüllen können.

Auch bei der Digitalisierung müssen wir vorankommen – konsequent, aber, wie Meinolf es bereits erwähnt hat, mit Fingerspitzengefühl. Prozesse müssen wirklich digital laufen und dürfen nicht wieder in Papierakten enden. Gleichzeitig gilt es, analoge Alternativen zu bewahren, damit gerade ältere Menschen nicht ausgeschlossen werden. Digitalisierung funktioniert nur, wenn wir die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Verwaltung mitnehmen, sie nicht überfordern und gemeinsam Lösungen entwickeln.

Mein Wunsch wäre es daher, sollte ich Landrätin werden, die ersten Wochen nach der Wahl intensiv zu nutzen, um jede Abteilung im Kreishaus zu besuchen, mit den Beschäftigten ins Gespräch zu kommen und mir vor Ort ein Bild zu machen. So entstehen praxisnahe Lösungen.

Beim Thema Klima- und Umweltschutz muss ich immer schmunzeln: Schon 2008 habe ich mich im Kreistag für den Passivhausstandard, der damals das Maß aller Dinge war, bei Neubauten und größeren Sanierungen eingesetzt. Das ist zwar zunächst teurer, zahlt sich aber durch geringere Betriebskosten aus und schützt zugleich die Umwelt. Wir sind in Lippe wirklich ganz vorn und haben Vorzeigeprojekte wie die Photovoltaikanlagen auf der Deponie in Dörentrup oder die Auszeichnung mit dem Golden European Energy Award. Dadurch entstehen auch wieder neue Fördermöglichkeiten.

Wichtig ist mir dabei: Klimaschutz darf nicht „von oben herab“ verordnet werden. Wenn wir die Menschen mitnehmen und beteiligen, schaffen wir Akzeptanz und Begeisterung. Windkraftanlagen etwa sind eine gute Möglichkeit, klimaschonend Energie zu erzeugen, aber auch an dieser Stelle ist Augenmaß gefragt. Artenschutz wird berücksichtigt, also sollten auch Mindestabstände zu Wohnhäusern selbstverständlich sein, um die Gesundheit und Lebensqualität der Menschen zu schützen.

Das Thema soziale Teilhabe beginnt für mich schon vor der Geburt mit Beratungs- und Betreuungsangeboten. Jeder Mensch soll die Möglichkeit haben, am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen und sich einzubringen, etwa über das Ehrenamt. Auch neue Ideen gehören dazu, zum Beispiel Sportvereine stärker in die Ganztagsbetreuung einzubinden. Wichtig ist Hilfe zur Selbsthilfe: Menschen sollen Unterstützung bekommen, aber auch die Chance, wieder selbstständig auf die Beine zu kommen.

Zum Schluss möchte ich betonen: Ich bin Familienmensch durch und durch, und eine Familie ist nicht immer einer Meinung, sondern streitet auch mal, das muss man aushalten. Wichtig ist, Familie steht und hält zusammen. So sehe ich auch unseren Kreis Lippe – als eine große kommunale Familie. Wir werden nicht immer einer Meinung sein, aber wir können gemeinsam Lösungen finden und Lippe nach vorne bringen. Dafür stehe ich ein.

Dr. Inga Loke (GRÜNE)
Ein paar Punkte möchte ich ins richtige Licht rücken: Ja, wir haben einen klaren Beschluss, dass jedes neue oder sanierte Kreisgebäude im Passivhausstandard errichtet werden soll. Dabei prüfen wir aber immer, ob der höchste Standard wirtschaftlich sinnvoll ist oder ob ein leicht niedrigerer Standard ausreicht. Das haben wir zum Beispiel beim Berufskolleg diskutiert. Es geht darum, mit Augenmaß vorzugehen und nicht pauschal das Maximum zu fordern, wenn es nicht praktikabel ist.

Was wir bislang nicht beschlossen haben, ist die Pflicht zur Photovoltaik auf allen Gebäuden. Ich bin ehrlich überrascht, dass du, Meinolf, das heute so unterstützt, denn bisher hat sich die CDU in diesem Punkt verweigert. Selbst beim Kreishaus wurde bei der Sanierung keine PV-Anlage installiert, weil die CDU das nicht mittragen wollte.

Beim Thema Finanzen dasselbe. Da haben wir, SPD und Grüne, uns den Haushalt sehr detailliert vorgenommen. Wir haben begonnen, Doppelstrukturen abzubauen – sowohl innerhalb der Kreisverwaltung als auch zwischen Kreis und Kommunen. Ich bin kein Freund solcher Doppelungen, sie kosten nur Geld und Effizienz, und ich möchte sie abschaffen

Im sozialen Bereich gibt es kaum noch Einsparpotenziale. Wir haben uns bewusst dafür entschieden, Projekte wie Nadeschda und Theodora dauerhaft zu fördern. Sie leisten unverzichtbare Arbeit in der Prostituierten- und Ausstiegsberatung. Mit der neuen Dauerförderung ist nun auch eine automatische Anpassung an Tarifsteigerungen möglich, sodass die Träger nicht jedes Jahr aufs Neue Anträge stellen müssen. Damit schaffen wir Verlässlichkeit. Denn das alte Verfahren hat die Träger lange in Unsicherheit gelassen, weil der Kreishaushalt erst spät im Jahr beschlossen wird.

Mir ist wichtig, dass Sparbemühungen nicht das Sozialsystem aushöhlen. Dieses System macht unsere Gesellschaft aus. Menschen müssen sich darauf verlassen können, aufgefangen zu werden, egal in welcher Lebenslage. Deshalb müssen wir immer genau prüfen, wo Einsparungen möglich sind, und wo nicht – und klar ist, dass die Schwächsten der Gesellschaft nicht darunter leiden dürfen.

Auch im Klima- und Umweltschutz sind wir vorangekommen. Neben dem Ausbau der Photovoltaik haben wir Fortschritte in der Abfallwirtschaft erzielt. Wir prüfen aktuell eine große Freiflächenphotovoltaikanlage am SchiederSee. Dabei muss natürlich auch der Artenschutz berücksichtigt werden. Denn Umweltschutz ist keine Nebensache, sondern eine Investition in unsere Zukunft.

Beim Klimaschutz selbst ist für mich die Klimafolgeanpassung entscheidend. Mit dem digitalen Zwilling haben wir Karten erstellt, die zeigen, wo Hochwassergefahren bestehen. Solche Extremereignisse treten immer häufiger auf. Hier arbeiten wir eng mit der Hochschule zusammen, die ein wichtiger Partner ist. Die Vernetzung von Kreis, Hochschule, Städten und Gemeinden sehe ich als zentrale Aufgabe einer Landrätin.

Darüber hinaus müssen wir Lippe für Studenten attraktiver machen. Noch pendeln viele ein, anstatt hier zu wohnen. Wir brauchen mehr Angebote in Detmold und Lemgo, mehr Wohnraum und Perspektiven, damit junge Menschen auch nach dem Studium bleiben. Das ist entscheidend für die Zukunft unserer Region.

Auch die Wirtschaft braucht Impulse. Mit dem InnovationSpin haben wir einen Anfang gemacht, aber wir müssen Mittel effizient einsetzen und die Wirtschaftsförderung eng mit Tourismus und Energiesicherheit verzahnen. Erneuerbare Energien sind vorhanden, aber die Leitungen fehlen, und vor allem mangelt es an Speichersystemen. Genau dort müssen wir ansetzen. Unternehmen brauchen Versorgungssicherheit, und die können wir als Kreis zwar nicht direkt finanzieren, aber wir können Ideen entwickeln, vermitteln und den Standort Lippe so attraktiv halten.

Paul Kuhlemann (Die PARTEI)
Ein Punkt, der mir sehr wichtig ist, sind Schutzräume. In ganz Deutschland gibt es nur rund 600, in Finnland mehr als 50.000. In Lippe existiert genau einer, in Detmold unter dem alten Hilfskrankenhaus. Ich setze mich dafür ein, Lippe wieder kriegstüchtig zu machen und etwa die leerstehende Friedenskirche in Remmighausen in einen Bunker umzubauen. Die Menschen haben ein Recht darauf, sich sicher zu fühlen.

Wir wollen außerdem Dachbegrünungen auf öffentlichen Gebäuden verpflichtend machen. Wir denken da an wunderbare Anbauflächen für Nutzpflanzen wie Hopfen, Hanf oder Wacholder. Das stärkt die lokale Wirtschaft und Umwelt. Überhaupt ist Verkehr der Schlüssel für wirtschaftliche Entwicklung.

Ein gutes Beispiel sind die Monocab-Dinger in Lemgo. Das Beste an dem Pilotprojekt ist, da brauchen wir vom Kreis kaum Geld reininvestieren, weil das Verkehrsministerium, das mitfinanziert. Aber die Weichen zu stellen und es zu unterstützen sowie auf einen Monocab-Bier-Notdienst auszuweiten, finde ich richtig. Dass das Wegbier einen bis nach Hause bringt, ist wichtig für die jungen Leute.

Und ich vertrete die Partei mit dem größten Rückhalt bei jungen Leuten. Gerade in Lemgo haben mir viele gesagt: Das größte Problem ist das Kneipensterben. Wir müssen daher nicht die Wirtschaft, sondern die Wirtschaften fördern und wieder attraktiv für junge Leute machen.

Das schafft soziale Teilhabe. Dazu passt mein Vorschlag für eine durch den Kreis finanzierte Bierpreisbremse, gekoppelt an den Stundenlohn der Menschen, die für einen Sklavenlohn in Behindertenwerkstätten arbeiten. Denn das Feierabendbier ist das schönste auf der Welt und ich finde, es sollte allen Menschen möglich sein, es zu genießen.

Bei der Energiepolitik bin ich für einen klaren Ausbau von Windkraftanlagen: Wir wollen Lippe mit Windrädern zuscheißen. Es gibt keinerlei Statistiken oder Studien, die belegen, dass sie Vögel massiv gefährden. Die Hauptvogel-Killer sind tatsächlich Fensterscheiben, Katzen und Autos. Deswegen stellen wir Windkraftanlagen in die Adlerwarte rein. Das macht die Flugshows viel spannender und kurbelt den Tourismus an. Fantastisch. Falls die Leute das nicht wollen, bin ich aber auch gerne gesprächsbereit, was ein Kohlekraftwerk auf der Gauseköte angeht.

Windkraft kann man zudem wunderbar mit Wohnraum verbinden. Das sind ungenutzte Wohnflächen. Wir können Wohnungen in die Windräder bauen. Zugegeben, die sind zwar relativ klein, aber die Aussicht: Wahnsinn. Abstandsvorgaben zu Häusern lehne ich hingegen ab, das bremst nur den Ausbau. Meine Familie kommt größtenteils aus Ostfriesland, da steht neben jedem Haus ein Windrad und niemand beklagt sich. Das ist wie mit Fremdenfeindlichkeit: Dort, wo es wenig Migranten gibt, sind die Leute am feindlichsten, da sie Angst vor dem haben, was sie nicht kennen.

Einsparpotenziale sehe ich vor allem bei den Fraktionsgeldern und den Bezügen der Kreistagsmitglieder. Da würde ich als erstes den Rotstift ansetzen, um den Kommunen nicht unnötig auf der Tasche zu liegen. Das Landratsgehalt und die Verwaltungsgelder würden natürlich unangetastet bleiben, sollte ich Landrat werden.

Darüber hinaus möchte ich das einst angestoßene Pilotprojekt für ein übergreifendes Straßenbahnnetz in OWL voranbringen, damit auch eine Straßenbahnnetz in Lippe entsteht. Und ein Herzensthema ist die Digitalisierung: Es ist ein Unding, dass Orte wie Pivitsheide noch immer kein Glasfaser haben.

Ich könnte den betroffenen Einwohnern jetzt sagen, „ziehen Sie doch in die Innenstadt“, aber da gibt es ja keinen Wohnraum. Wenn die Menschen also kein schnelles Internet haben, können sie unseren tollen Social-Media-Wahlkampf gar nicht verfolgen – und wählen am Ende vielleicht Parteien, die sie besser nicht wählen sollten.