Ein Ärztehaus an der Werre: Dieses jahrelang umstrittene Projekt hat eine Mehrheit im Stadtrat erreicht; ein Vorvertrag mit dem Projektentwickler und Investor ist unterschrieben. Bürgermeister Matthias Kalkreuter (Mitte) hat sich dafür besonders ins Zeug gelegt. Von links: Kämmerer Uwe Aust, Hans Hofste (Vorsitzender des Ausschusses für Wirtschaft und Stadtentwicklung, SPD), Bürgermeister Matthias Kalkreuter (SPD), Yildiray Eyidogan (Geschäftsführung MIBO 1 Projektgesellschaft mbH, Bielefeld) und Gerd Lütge (stellvertretender Vorsitzender des Ausschusses für Wirtschaft und Stadtentwicklung, CDU) halten ein Prospekt in der Hand. Slogan: „Wir bauen Zukunft“. Dazu lächelt eine Ärztin freundlich, so als ob sie sich darauf freut, bald in der Zuckerstadt zu praktizieren. Montage: Hajo Gärtner

Lage. Die Diskussion der vier Bürgermeisterkandidaten im Bürgerhaus am Clara-Ernst-Platz zeigte große Einigkeit. Dahinter verschwanden fast die parteipolitischen Unterschiede und blitzten in der zweieinhalbstündigen Veranstaltung nur gelegentlich auf. An einem Punkt aber stieg der alte (und wahrscheinlich auch neue) Bürgermeister Matthias Kalkreuter aus dem Sulki und galoppierte in Richtung Gesundheitsversorgung.


80 Prozent Versorgungsquote mit Hausärzten; Fachärzte nur weit hinterm Horizont. Tendenz fallend, denn viele Mediziner sind über 60 Jahre alt und schauen der Rente entgegen. Problem: Sie finden nur schwer Nachfolger für ihre Praxis. Kein Befund, bei dem man im Fall des Falles mit schnellem Service rechnen kann. Bei Fachärzten muss gewartet werden, bis man sich an die Krankheit gewöhnt hat. Die LWZ  hat zur Jahreswende eine Reportage geliefert und das Thema wiederholt aufgegriffen.

Matthias Kalkreuter ist der Ansicht, dass der Ärztemangel eines der dringlichsten Probleme in Lage ist. Im „Bürgermeisterkandidaten-Karussell“ berichtete er zwar von bescheidenen Erfolgen einer Ansiedlung von Medizinern, aber auch davon, dass selbst die Aussicht auf städtische Praxisförderung in Höhe von 50.000 Euro und darüber nicht gefruchtet habe. Vom „Ärztehaus an der Werre“ verspricht er sich einen Durchbruch. Bis zur Vorvertragsunterzeichnung mit Yildiray Eyidogan, Geschäftsführer der „MIBO 1 Projektgesellschaft mbH“ mit Sitz in Bielefeld, musste er einen langen politischen Austausch durchstehen, bis endlich ein mehrheitlicher Grundsatzbeschluss des Rates im März dieses Jahres in nicht öffentlicher Sitzung formuliert war. Mit diesem Votum bekräftigte der Rat, dass die Stadt Lage durch ihr Engagement die Realisierung eines Ärztehauses unterstützt und unter bestimmten Voraussetzungen eine Teilfläche von rund 500 Quadratmeter (qm) der insgesamt 3.000 qm für Arztpraxen im geplanten Projekt anmietet.

Ein zweites Vorhaben ist das „Medizinische Versorgungszentrum“ (MVZ). Dabei ist geplant, gemeinsam mit den Nachbarstädten Bad Salzuflen und Lemgo die ärztliche Versorgung in der Region zu stärken. Hier schaffte Kalkreuter es, dass der Rat in seltener Einmütigkeit – ohne Gegenstimme oder Enthaltung – die Verwaltung beauftragte, die angepeilte Realisierung mehrerer „Medizinischer Versorgungszentren“ (MVZ) voranzutreiben. In einem „Letter of Intend“ machten die Bürgermeister der Partnerstädte ihr Vorhaben amtlich: Das ist weniger als ein Vorvertrag, aber mehr als eine bloße Absichtserklärung. Dazu bedarf es aber der ausdrücklichen Zustimmung in den Räten der drei Partnerstädte. Lage ist mit seinem Mai-Ratsbeschluss eindrucksvoll in Vorleistung getreten.

Daneben setzte sich Kalkreuter ein für die möglichst weitgehende Erhaltung der Bildungs- und Beratungs-Infrastruktur unter dem Damokles-Schwert der unvermeidlichen Haushaltskonsolidierung: Da hat sich ein Loch zwischen den städtischen Einnahmen und Ausgaben in zweistelliger Millionenhöhe aufgetan, das in den kommenden Jahren eher noch wachsen wird, statt zu schrumpfen. Eine Schuldenfalle. Dass Lage in die sogenannte „Haushaltssicherung“ gerät und notfalls mit den Sparkommissaren der Kommunalaufsicht einen „Nothaushalt“ formulieren muss, erscheint unvermeidlich. In dieser Lage profiliert sich Kalkreuter eher als „Statuswahrer“ denn als „Rotstift-Artist“. Hier droht ein Konflikt mit der CDU, die ihm bereits ein „Einsparungspensum“ von fünf Prozent in der Verwaltung abverlangt hat. Doch auch das reicht wahrscheinlich nicht aus.

Und an einer dritten Stelle ist der alte Bürgermeister, der wahrscheinlich auch der neue ist, kräftig in die Diskussion gegrätscht: Er will auf jeden Fall Unheil vom Gymnasium abwenden. Das sieht er am Horizont heraufziehen mit dem Plan des „Christlichen Schulvereins“, eine Gesamtschule am Stadenhauser Berg zu bauen. Er befürchtet, dass durch die neue Schule dem Gymnasium, das unter einem Schwund der Anmeldezahlen leidet, Schaden zugefügt wird. Er machte für den Ansehensverlust das „Dalton-Prinzip“ verantwortlich, an dem die Schule seit vielen Jahren trotz wachsender Kritik von Schülern, Eltern und Lehrern festhält: Es verlangt Schülern der Eingangsklassen selbstorganisiertes Lernen ab, zu dem sie in diesem Alter nicht fähig seien. Eine Überforderung. „Das Gymnasium muss sich in diesem Punkt bewegen und das Dalton-Prinzip aufgeben oder modifizieren“, stellte Kalkreuter fest.