Das Klinikum Lippe, Standort Detmold. Foto: Wikimedia

Kreis Lippe. Der Aufsichtsrat der Klinikum Lippe GmbH (KLG) hat sich in seiner heutigen Sitzung mit Hinweisen auf mutmaßliche Vergabe- und Compliance-Verstöße von Dr. Niklas Cruse befasst.


Dieser ist derzeit auf Basis eines Managementvertrags mit der Hospital-Management-Group (HMG) der kaufmännische Geschäftsführer der KLG und zugleich der Hauptgeschäftsführer der Gesundheit Lippe GmbH (GHL). Ein Antrag, aufgrund der vorliegenden Hinweise den Vertrag mit der HMG zum nächstmöglichen Zeitpunkt zu kündigen und damit Dr. Cruse als Geschäftsführer abzulösen, kam nicht zur Abstimmung.

Stattdessen fasste das Gremium bei einer Gegenstimme und einer Enthaltung einen vierteiligen Beschluss. „Um Schaden vom Klinikum Lippe, aber auch vom Geschäftsführer abzuwenden, habe ich dem Aufsichtsrat vorgeschlagen, dass die Geschäftsführung vorerst jeden geplanten Auftrag an Unternehmen der Vivecti-Gruppe ohne Betragsgrenze vorher vom Aufsichtsrat genehmigen lassen muss. Diesem Vorschlag ist das Gremium gefolgt.“

Darüber hinaus empfiehlt der Aufsichtsrat der Gesellschafterversammlung, Dr. Cruse die Einzelvertretungsberechtigung zu entziehen. Er soll die KLG künftig nur gemeinsam mit der medizinischen Geschäftsführung oder – bei Vakanz der Position – mit dem Prokuristen vertreten. Ferner ist beschlossen worden, dass der Aufsichtsrat bei unterschiedlichen Auffassungen in der Geschäftsführung entscheidet.

Bis dato hatte der kaufmännische Geschäftsführer in solchen Fällen das letzte Wort. Schließlich verständigte sich der Aufsichtsrat darauf, noch in dieser Wahlperiode zu einer Sondersitzung zusammenzukommen, um gegebenenfalls neue Erkenntnisse zu bewerten. Die Sitzung ist noch nicht terminiert.

„Dr. Cruse hat sich seit seinem Amtsantritt in weiten Teilen der Mitarbeiterschaft des Klinikums Lippe Sympathie und Anerkennung verschafft. Damit hat er zu einer deutlichen Verbesserung der Stimmung in der Belegschaft und des Arbeitsklimas beigetragen, was ich ihm hoch anrechne“, erklärt Landrat Dr. Axel Lehmann, Vorsitzender des Aufsichtsrats der KLG.

Gleichwohl seien beim Aufsichtsrat in den vergangenen Wochen ernstzunehmende Hinweise auf Vergabe- und Complianceverstöße eingegangen. Es ist unklar, ob diese zutreffen oder auch strafrechtlich relevant sein könnten.

Konkret geht es darum, dass Aufträge an Unternehmen gegangen sind, die sich unter dem Dach der Vivecti-Gruppe versammeln. Zu dieser Gruppe gehört allerdings auch die HMG, die mit Dr. Cruse wie erwähnt derzeit den kaufmännischen Geschäftsführer der KLG und den Hauptgeschäftsführer der GHL in Personalunion stellt.

Neben den bereits vergebenen Aufträgen gebe es außerdem Hinweise darauf, dass möglicherweise noch ein Auftrag von erheblichem Volumen an ein Unternehmen der Vivecti-Gruppe vergeben werden könnte und dabei Wettbewerbsregeln verletzt werden könnten. Diese Hinweise lägen inzwischen auch der Staatsanwaltschaft vor.

„Bislang ist nicht eindeutig geklärt, ob hier tatsächlich planmäßig und vorsätzlich Vivecti-Unternehmen mit Aufträgen der KLG versehen und Compliance-Vorgaben verletzt wurden. Auch die strafrechtliche Relevanz ist offen. Dennoch ist es als Aufsichtsrat unsere Pflicht, solch gravierenden Hinweisen nachzugehen“, erklärt Dr. Lehmann.

Daher hätten die Aufsichtsratsmitglieder, die Kenntnis von den erhobenen Vorwürfen erlangt und diese in der heutigen Sitzung zum Thema gemacht hatten, zum Wohle des Klinikums genau richtig gehandelt. Das hatte der Aufsichtsrat entsprechend festgestellt und im Protokoll mitaufgenommen.

Die gewonnenen Erkenntnisse in der Angelegenheit sollen in den kommenden Sitzungen des Aufsichtsrats und der Gesellschafterversammlung thematisiert werden.