Horn-Bad Meinberg/Leopoldstal/Moskau. Vor sieben Wochen ist LWZ-Reporter Dennis Mattern mit seiner Familie auf eine Friedensreise von Horn-Bad Meinberg nach Moskau aufgebrochen. Per Pkw und einem Planen-Anhänger voller Friedensbotschaften sind sie zum Roten Platz, dem historischen Herzen Russlands, gestartet.
Ihr Ziel: Ein Zeichen des Friedens in einer Zeit voller Spannungen zu setzen. Nun haben sie ihr Ziel nach 2.500 Kilometern und vielen Begegnungen erreicht – ein Erlebnisbericht.
Am 22. August geht die Reise aus Leopoldstal los. Nachbarn, Freunde und ein Kameramann verabschieden uns für die erste Etappe zum Brandenburger Tor nach Berlin. Mit dem „Friedensmobil“ und rund 1.000 Euro Reisebudget, das vollständig aus Friedensbeiträgen und Sponsoren eingegangen ist, startet unsere Friedensreise.
In Berlin erwartet uns kurzfristig eine Teilnahme an einer Friedenskundgebung am Alexanderplatz. Unser „Friedensmobil“ steht an diesem Tag inmitten von Ständen und Kundgebungen. Das Interesse an unserer Reise ist groß. Neben neuen Botschaften unter anderem auf Chinesisch, Spanisch, Indisch und Russisch erhalten wir gleich drei Filmanfragen für den geplanten Dokumentarfilm zur Reise.
Mit Rückenwind führt uns die Reise weiter ins polnische Kalisz, in dem 1813 ein Friedensvertrag zwischen Preußen und Russland aufgrund der Besetzung Napoleons unterzeichnet wurde. Wir besichtigen die geschichtsträchtige Stadt und einen alten Grenzübergang aus dem ehemaligen Deutschen Reich, der noch durch zwei Wachhäuschen mit Schranke an einem Grenzfluss bei Grabow vorhanden ist.
Es geht weiter ins Baltikum. Über Litauen fahren wir nach Lettland, wo wir, getragen von den vielen Friedensstiftern, die gemeinsam die gesamte Weiterreise und die E-Visa sponsern, uns auf die Einreise nach Russland vorbereiten.
Das Tankstellennetz in Lettland ist teilweise so dünn, dass wir einmal ohne Anhänger rund 40 Kilometer auf Reserveleuchte zur nächsten Tankstelle fahren müssen. In jedem Land erhalten wir neue Friedensbotschaften, dürfen teilweise kostenlos übernachten oder erhalten Nachlässe. Wir fühlen uns auf voller Bahn getragen – Frieden ist ein angestrebtes Allgemeingut.
Neben einem Visum für Russland bedarf es außerdem einer Auslandskrankenversicherung, einer russischen Autoversicherung und eines Zolldokuments für die Einreise via Auto und Anhänger. Wir sind vorbereitet, dann geht es los.
Am 26. September fahren wir zum Grenzübergang nach Terehova. Der lettische Grenzübergang verläuft mit Ausnahme der langen Wartezeiten reibungslos. Auf russischer Seite erwartet uns ein aufwendiges Prozedere: Passkontrolle, Befragung zur Reiseabsicht, Migrationskarte, Zollerklärung, Gepäck- und Autoscanner. Viele Stunden vergehen. Die Grenzbeamten sind freundlich und ohne Vorbehalte.
Wir sehen viele Menschen mit europäischen Kennzeichen, darunter auch einige aus Deutschland. Ein Wohnmobil aus Höxter kommt uns entgegen. Nach 20 Stunden haben wir es dann im Morgengrauen geschafft: Wir sind in Russland! Eine lange Straße führt über 550 Kilometer bis nach Moskau, doch wir fahren zunächst zu einer vermittelten Zieladresse. Ein österreichischer Filmemacher war über die sozialen Medien auf unsere Friedensreise aufmerksam geworden und hat uns einen wertigen Kontakt zur Verfügung gestellt.
So fahren wir bei 73 Cent pro Liter Diesel zum Familienlandsitz Slavonye, circa 110 Kilometer südlich von Moskau. Dort leben 180 Familien aufgeteilt auf einem etwa 500 Hektar großen Gebiet auf Familienlandsitzen in Eigenverwaltung. Diese Art von Familienlandsitze ist in ganz Russland verbreitet und erfährt eine immer größere Beliebtheit.
Ein friedliches Leben in starker Naturverbundenheit hat hier einen hohen Stellenwert. Wir werden vom Gastgeberpaar Maria und Robert herzlich begrüßt und können ein Gasthaus beziehen, wo wir kostenlos bleiben dürfen. Wir erfahren, dass Menschen aus Deutschland schon einige Male zu Besuch waren und gern gesehene Gäste auf dem Familienlandsitz sind.
Von Konfliktstimmung gegenüber Deutschland keine Spur. Ganz im Gegenteil: Wir erhalten von Tag eins an neugierige Gäste, werden in den folgenden Tagen zu einem Singabend, auf einen 50. Geburtstag und sogar von einer Schule bei Moskau eingeladen. Die Herzlichkeit der russischen Gastgeber ist groß, und wir fühlen uns mit den Kindern sehr wohl.
Auch planen wir hier die finale Etappe durch den kyrillischen Verkehrsdschungel zum Roten Platz. Am Tag der Abreise sind wir aufgeregt und freuen uns darüber, dass Maria uns an diesem wichtigen Tag als Reiseführerin nach Moskau begleitet. Beinahe drei Stunden benötigen wir bis ins Zentrum, ehe wir das Regierungsviertel erreichen. Wir sehen ein erhöhtes Sicherheitsaufkommen mit viel Polizei. Zweimal fahren wir um den Roten Platz, um die beste Position für unser Friedensmobil ausfindig zu machen.
An der weltbekannten Basilius-Kirche finden wir ihn. Näher kommen wir nicht heran. Wir fahren bis zur Absperrung und parken für ein Foto. Sofort kommt ein Polizist und verweist uns des Platzes. Ich frage nach einem Foto und er schaut zum Friedensmobil. Als wenn er unsere Absicht mit den russischen Friedensbotschaften verstanden hat, sagt er freundlich, aber bestimmt: „You have one minute.“
Sechs Wochen bis nach Moskau und dann eine Minute Zeit für das entscheidende Zielfoto. Wir beeilen uns. Sohn Julian möchte im Auto sitzen bleiben, dann macht unsere Begleiterin Maria ein Foto. Geschafft! Das Friedensmobil mit den Stimmen der Vielen steht am historischen Herzen Russlands, um ein symbolisches Zeichen des Friedens zu setzen.
Erfüllt lassen wir den Tag auf dem Roten Platz ausklingen. Dann fahren wir dankbar zurück zum Familienlandsitz. Wir erhalten Glückwünsche und Danksagungen von den vielen Menschen aus der Heimat, die diese Reise vollumfänglich unterstützen.
Dann noch ein Geschenk von den russischen Gastgebern auf dem Familienlandsitz: Es wird dort gerade eine Allee mit gesponserten Lebensbäumen auf dem öffentlichen Grundstück der Gemeinschaft gepflanzt.
Jede Familie hat einen Baum gepflanzt, und wir werden gefragt, ob wir den letzten Baum der Allee pflanzen möchten, um das Projekt abzuschließen. Wertschätzend nehmen wir das Angebot an und verwurzeln den Baum für den Frieden und die Deutsch-Russische Freundschaft.
Das Ziel nach Moskau zum Roten Platz ist erreicht, jedoch noch nicht das Ende der Reise mit dem „Friedensmobil“. Die Reise soll nach Georgien und um das Schwarze Meer fortgesetzt werden. Wer die Realisierung der kommenden Friedensetappe unterstützen möchte, findet alle Infos auf der Vereinsseite von Dennis und Anne Mattern.