
Kalletal. Das neu gegründete MVZ braucht Geld, viel Geld. Die bisherigen Zuschüsse und Kredite reichen nicht aus. Dem Tochterunternehmen der Gemeinde ist das Geld ausgegangen. Schon kurz nach dem Start reichte das Geld für Miete und Gehälter nicht mehr.
In der vom Bürgermeister einberufenen letzten Ratssitzung mit den alten Mehrheiten standen jetzt 215.000 Euro nachzuschießendes Geld zur Debatte. 50.000 Euro wurden bereits durch einen Dringlichkeitsbeschluss, unterzeichnet von Ratsmitgliedern der SPD und der Grünen, freigegeben.
Dazu ging es nach dem Willen von Bürgermeister Mario Hecker jetzt noch einmal um den Beschluss von weiteren 165.000 Euro an Krediten für das MVZ. Einen Tag vor Ende der Legislaturperiode, am 30. Oktober, hatte er deshalb zu einer letzten Ratssitzung in alter Besetzung geladen.
Zunächst musste sich der Bürgermeister den Vorwürfen der CDU-Fraktion stellen. Und die waren nicht ohne: „Tatsache ist, dass auch nach Aussage der derzeitigen Geschäftsführerin das MVZ Kalletal definitiv in die Insolvenz geht, wenn heute keine sechsstelligen Beträge aus Steuermitteln zugeschossen werden. Und das nach nur einem halben Jahr im Betrieb“, startet Julian Gerber sein Statement zur Debatte und fügte an, dass die CDU-Fraktion jetzt froh darüber sei, dass endlich öffentliche Zahlen, wie immer eingefordert, vorlägen.
Bereits im März 2024 seien von der Firma Dostal Angaben gemacht worden, die von seiner Fraktion als falsch entlarvt werden konnten. „Im Nachhinein haben sich die Annahmen von Dostal nunmehr auch faktisch nachweisbar als vollkommen falsch herausgestellt. Und dieser Trend setzt sich fort: Einsparungen bei einer Reinigungsfirma, die überhaupt nicht in den ursprünglichen Plänen vorgesehen war, werden uns heute als erfolgreiche Konsolidierungsmaßnahme verkauft. Handwerkliche Fehler, falsche Annahmen und eine unveränderte Konkurrenzsituation haben uns an diesen Punkt geführt. Wir haben frühzeitig und immer wieder gewarnt – und leider Recht behalten. Die Finanzierung des MVZ durch Steuergelder ist nun notwendig, um die Zahlungsunfähigkeit abzuwenden“, so Gerber weiter.
Er bemängelte, dass nach wie vor keine belastbaren Wirtschaftspläne vorlägen und Fragen an die Geschäftsleitung nur ausweichend beantwortet würden. „Wir müssen davon ausgehen, dass dieses Vorgehen System hat“, so Gerber. Scharf richtete er sich gegen das Vorgehen unter Einschaltung des Gerichts gegen einen politischen Mitbewerber im Wahlkampf.
„Dass man sich stattdessen entschieden hat, unmittelbar vor der Kommunalwahl unliebsame politische Mitbewerber wegen dieses Flyers abzumahnen und sogar vor Gericht zu ziehen, obwohl längst bekannt war, dass dem MVZ die Zahlungsunfähigkeit drohte, ist schlicht unanständig. Wenn man in einem Jahresbericht dann noch das Wort ‚Rufmord‘ verwendet, gleichzeitig aber eine Kontoüberziehung von 38.000 Euro und eine desolate Liquiditätsplanung in den Büchern stehen hat, grenzt das für uns an Täuschung der Öffentlichkeit. Dass der enorme Kapitalbedarf bereits im Hochsommer absehbar war, wissen wir heute. Warum Bürgermeister und Geschäftsführung diese Informationen jedoch bis nach der Wahl – und sogar im Gerichtsverfahren – zurückgehalten haben, muss jeder selbst bewerten“, betonte der CDU-Fraktions-Chef.
Letztlich zweifelte er an, dass die zur Debatte stehenden 215.000 Euro ausreichen werden und prognostizierte, dass man bereits im Februar des kommenden Jahres weitere 2225.000 Euro benötigen werde. Er forderte deshalb ein vollumfängliches Sanierungskonzept für die GmbH unter Ausschluss der Firma Dostal.
Gegen Ende bemängelte die CDU-Fraktion noch, dass die Geschäftsführerin Gabriele Dostal wieder nicht anwesend gewesen sei. Bürgermeister Mario Hecker entschuldigte sich gegenüber der CDU, die schon von Beginn an einen Aufsichtsrat gefordert hatte, und sagte zu, darüber jetzt nachzudenken.
Gleichzeit versuchte er sich aber auch zu rechtfertigen, indem er auf einen Beschluss aus dem Jahr 2019 hinwies, in diesem er einstimmig aufgefordert worden war, sich um die Einrichtung eines MVZ zu kümmern. Gleichzeitig griff er aber auch Julian Geber an und unterstellte angebliche Veröffentlichungen aus einem internen Bewerbungsgespräch. Auch berichtete er über an ihn gerichtete Schreiben eines Unternehmens mit dem Inhalt, dass es in Lemgo ein Ärztehaus geben solle, unter Beteiligung der Medicus-Apotheke am Krankenhaus.
Letztlich stellte er noch die Frage, warum man um die jetzt zu beschließende Summe so viel Öffentlichkeit mache, schließlich habe der Rat schon 2018 über ganz andere Summen bei den Krediten der Lippe-Weser Stadtwerke (5 Millionen Euro, pro beteiligter Gemeinde rund 1,25 Millionen Euro) ohne große Öffentlichkeit abgestimmt.
Auch Manfred Rehse, Fraktionschef der SPD, suchte den Weg der Annäherung. Julian Gerber habe in vielem seines Vortrages recht gehabt, so Rehse. Aber nun gehe es um die Zukunft des MVZ und man wolle sich im neuen Rat ab kommenden Monat zusammensetzen, um mit neuem Konzept weiterzumachen, damit das MVZ eine Zukunft habe, so Rehse weiter.
Florian Schön von den Grünen sagte, er befürchte, dass Patienten in andere Gemeinden abwanderten, wenn das MVZ wieder schließe. Von der UKB kam in der Sitzung hingegen keine Wortmeldung. Sie hatte noch im Wahlkampf deutliche Worte gefunden und wurde deshalb von der MVZ GmbH vor Gericht gezogen.
Die Abstimmung für den Einsatz weiterer 215.000 Euro an Steuergeldern in Form von Gewährung von zwei Krediten fiel erwartungsgemäß aus: SPD und Grüne stimmten dafür, CDU und UKB dagegen.
Die beiden Darlehn sind die ersten drei Jahre tilgungsfrei und sollen dann mit jährlich 10.000 Euro und einer Minimalverzinsung von 2,5 beziehungsweise 3,5 Prozent zurückbezahlt werden. Steuergeld, das erst in rund 25 Jahren zurück in der Gemeindekasse ist. Bei einer Insolvenz der MVZ GmbH ist das Geld hingegen weg.









