
Detmold. Die kleine Bühne ist schnell aufgebaut. Und auch beim Justieren der Scheinwerfer sitzt jeder Handgriff. Das Equipment liegt an seinem Platz. Tim Sperlich und seine Frau Nancy vom „Puppentheater vom Rabenberg“ sind ein eingespieltes Team.
Mit markanten Figuren und handgemalten Kulissen entführen die beiden Puppenspieler ihr Publikum in die Welt von „Pettersson und Findus“, erzählen die Geschichten vom kleinen „Raben Socke“ und seinen Freunden oder nehmen Jung und Alt mit ins Dschungelleben von Mogli, Shirkan und Balu.
Ihre Geschichten berühren, regen zum Nachdenken an, schulen die Empathie, vermitteln Werte ohne erhobenen Zeigefinger und machen ganz einfach Spaß. Während die Kleinen mitfiebern und vollends in die Geschichten eintauchen, sind die Aufführungen für manch älteren Zuschauer eine Zeitreise in die eigene Kindheit. Zugleich rücken die beiden Puppenspieler das Figurentheater als eine künstlerische Spielform in den Fokus, die sich jenseits von lehrhafter Zweckmäßigkeit bewegt.
Die LIPPISCHE WOCHENZEITUNG durfte Tim Sperlich aus der Perspektive jenseits des Vorhangs erleben und bekam Einblicke in zeitgemäßes Puppenspiel voller Zauber und Magie, das ganz auf die Poesie der kleinen Töne vertraut und zeigt, wie wenig es im Grunde braucht, um tolles Theater zu machen.
Lippische Wochenzeitung (LWZ): Herr Sperlich, Puppenspieler, wie wird man das? Wie sind Sie zum Puppenspiel gekommen, welche Fähigkeiten muss man mitbringen?
Tim Sperlich: Im Grunde kann jeder Puppenspieler werden. Wenn man Interesse und Leidenschaft mitbringt, kann man alles lernen. Ein gewisses sprachliches Talent ist sicherlich von Vorteil. Ich persönlich bin durch meine Großeltern zum Puppenspiel gekommen. Opa war Marionettenspieler und ging mit seiner kleinen Wanderbühne auf Tournee. Als Kind durfte ich bei ihm schon kleine Rollen übernehmen. Ohne Text zwar noch, aber es hat riesigen Spaß gemacht.

LWZ: Sie haben in Ihrem Leben schon mehrere hundert Vorstellungen gespielt. Was ist für Sie das Besondere am Puppenspiel?
Sperlich: … mehrere tausend Vorstellungen müssten es mittlerweile sein (lacht). Das Besondere am Puppentheater ist wohl, dass man Figuren (Handpuppen, Marionetten, Stabfiguren), die eben noch still in der Puppenkiste lagen, ganz plötzlich Leben einhauchen kann. Das ist wie Magie. Wenn dich dann ein Vorschulkind nach der Aufführung fragt „War der Drache da auf der Bühne echt?“, dann hat man seine Sache gut gemacht.
LWZ: Schreiben Sie Ihre Stücke selbst?
Sperlich: Ja, wir schreiben alle unsere Stücke selbst. Oft nach Buchvorlage.
LWZ: Worauf kommt es bei einer guten Geschichte an?
Sperlich: Wir spielen im Moment ausschließlich Stücke für Kinder. Ich denke, dass es dabei auf die richtige Mischung ankommt. Eine gute Geschichte muss lustig sein. Ganz wichtig. Kinderlachen ist doch das Schönste auf der Welt. Aber auch die Erwachsenen sollen sich amüsieren. Erzieher, Lehrer, Mama und Papa, die schauen ja mit zu. Die richtige Portion Spannung darf nicht fehlen. Und es muss einfach kurzweilig sein. Kinder sind gnadenlose Kritiker. Wenn sie sich langweilen, hat man als Puppenspieler verloren. Dann ist die Aufmerksamkeit dahin, und der Saal wird zur Turnhalle.
LWZ: Wie entwickeln Sie Dialoge und Rhythmus, damit die Puppen lebendig wirken?
Sperlich: Wir feilen so lange am Text herum, bis es, unserer Meinung nach, passt. Und nach der Premiere wird dann nicht selten nochmal alles komplett überarbeitet. Weil es auf dem Papier eben doch oft anders aussieht, als es tatsächlich live auf der Bühne rüberkommt.
LWZ: In den Ankündigungen zu den Familienstücken – wie sie Sie in Detmold aufführen – schreiben Sie, dass die Aufführungen geeignet für Kinder ab drei Jahren sind. Ist ein so junges Publikum besonders? Und wie gehen Sie mit der Interaktion des Publikums um, gerade bei jüngeren Zuschauern?
Sperlich: Unsere Aufführungen sind interaktiv, richtig. Die Kinder können mitmachen und greifen direkt in das Spielgeschehen ein. Jede Vorstellung ist anders und das kleine Publikum fordert uns mit Zwischenrufen oft ziemlich heraus. Es kommt auch vor, dass die Knirpse die Regie komplett übernehmen. Dann ist Schlagfertigkeit gefragt. Ich gebe aber zu, manchmal sind wir sprachlos … (lacht).
LWZ: Was wünschen Sie sich, dass die Kinder aus Ihren Vorstellungen mitnehmen?
Sperlich: Ein gutes Gefühl. Wenn die Kleinen strahlend und hüpfend das Theater verlassen, dann war‘s gut.
LWZ: Wie viele Puppen haben Sie? Fertigen Sie sie selbst?
Sperlich: Wir haben mittlerweile einen großen Fundus von circa 80 Puppen. Zum Teil fertigen wir die Puppen selbst oder lassen sie bei befreundeten Künstlern bauen.

LWZ: Wenn man Sie hinter der Bühne agieren sieht, wirkt das manchmal wie Leistungssport … Aber aus der Puste kommen dürfen Sie nicht. Denn es gilt ja auch noch, die verschiedenen Stimmen zu sprechen. Oder gar zu singen. Wie schwer sind die Figuren? Braucht es da Kondition und Muskelkraft?
Sperlich: Die Figuren wiegen zwischen zwei und vier Kilo. Die Herausforderung dabei ist, dass man das Gewicht sehr lange über Kopf halten muss. Also sind Muskelkraft und Ausdauer sehr wichtig. Und tatsächlich kann es vorkommen, wenn man länger nicht auftritt oder trainiert, dass einem während der Aufführung die Puste ausgeht oder die Arme schwer werden.
LWZ: Puppentheater wie auch Theater im Allgemeinen steht in wachsender Konkurrenz zu modernen Medien wie Streamingdiensten, Social Media und Videospielen. Welche größten Herausforderungen sehen Sie aktuell im Puppenspiel?
Sperlich: Die Konkurrenz war ja schon vorher da. Man denke an den Fernseher. Video, DVD. Dann Smartphones, Tablet … Aber wir bemerken eine Rückbesinnung. Eine Live-Vorstellung im Theater ist immer ein anderes und vor allem gemeinsames Erleben. Die Leute wollen mit ihren Kindern raus. Insofern werden unsere Aufführungen wieder sehr gut besucht. Darüber sind wir sehr glücklich.
LWZ: Wo sehen Sie das Puppenspiel in fünf bis zehn Jahren?
Sperlich: Ich glaube, Puppenspiel wird es immer geben. Es wird immer Leute geben, die ins Theater gehen oder gerne Theater spielen. Puppentheater für Erwachsene wird in Zukunft vielleicht noch beliebter werden.
LWZ: Wie balancieren Sie künstlerische Vision und kommerziellen Druck?
Sperlich: Ja, das tollste Stück bringt dir nix, wenn es keiner sehen will. Das kann passieren … dann muss man den Gürtel enger schnallen, der Urlaub fällt aus, und weiter geht’s. Irgendwann ist der Saal auch wieder voll.
LWZ: Haben Sie eine besonders unvergessliche Begegnung mit einem Zuschauer?
Sperlich: Nicht nur eine … viele. Aber eine kleine Zuschauerin fällt mir auf Anhieb ein. Sie kam nach der Aufführung hinter die Bühne gestürmt und hat sich unseren „Rabe Socke“ geschnappt, mit dem Ausruf „Ich hab‘ dich sooooo lieb!“. Sie wollte ihn mit nach Hause nehmen. Wir konnten sie aber dann doch überzeugen, ihn uns zu lassen. Schließlich hatte „Socke“ ja am folgenden Tag wieder einen Auftritt in einer anderen Stadt.
Das Interview führte Karen Hansmeier.
Am Samstag, 22. November, um 14.30 Uhr sowie am Sonntag, 23. November, um 11 Uhr und 14.30 Uhr, ist das „Puppentheater vom Rabenberg“ mit dem Stück „Pettersson kriegt Weihnachtsbesuch“ nach der bekannten Buchvorlage des schwedischen Autors Sven Nordquist im Detmolder Sommertheater zu erleben. Eintrittskarten gibt es zum Preis von 10 Euro beim Kartenservice der Lippischen Landes-Zeitung (Telefon: 05231/911113), in der Tourist-Information Detmold (Telefon: 05231/977327), und bei allen Vorverkaufsstellen von Reservix sowie online.
Verlosung
Für die nahezu ausverkaufte Vorstellung am Samstag, 22. November, 14.30 Uhr verlost die LWZ 3×3 Eintrittskarten. Um an der Verlosung teilzunehmen, gilt es, die folgende Frage zu beantworten und die korrekte Lösung per E-Mail mit dem Stichwort „Puppen“ zu schicken: Wie heißt das Puppentheater von Tim und Nancy Sperlich? Einsendeschluss ist Mittwoch, 12. November 2025. Die Gewinner werden per E-Mail benachrichtigt; der Rechtsweg ist ausgeschlossen. Die Karten werden der Kasse im Sommertheater hinterlegt und können vor der Veranstaltung abgeholt werden.







![Kreis Lippe: Großer Polizeieinsatz gegen Drogenkriminalität [Update]](https://lwz24.de/wp-content/uploads/2025/10/Cannabis699.jpg)

