
Bad Salzuflen. Zitierte Bürgermeister Dirk Tolkemitt zu Beginn der konstituierenden Sitzung des neuen Rates am Mittwoch, 5. November, noch Hermann Hesse und appellierte an die Gemeinsamkeit zum Wohle der Stadt, sorgte der erste Beschluss des neuen Rates schon für überregionales Aufsehen: Mit drei Stimmen mehr als die AfD-Fraktion im neuen Rat besitzt, wurde deren Fraktionssprecherin, Sabine Reinknecht, zur dritten stellvertretenden Bürgermeisterin gewählt. Ein einmaliges Ergebnis in ganz NRW.
Die in geheimer Abstimmung stattfindende Wahl brachte ein erstaunliches Ergebnis. Auf der von den demokratischen Fraktionen im Vorfeld aufgestellten Liste standen in der Reihenfolge Sabine Mirbach (CDU), Nicolai Trittin (SPD) und Christine Fahnenbruck (Grüne). Auf der zweiten, von der AfD eingereichten Liste, Sabine Reinknecht.
45 Stimmen fielen auf die Liste eins, 16 Stimmen auf die Liste zwei. Es gab sieben Nein-Stimmen und eine Enthaltung. Dadurch entfielen drei Stimmen mehr auf die AfD-Kandidatin, als sie eigene Mitglieder im Rat hat. Sie wird damit in Zukunft, wie die beiden anderen Kandidaten, den Bürgermeister auf Terminen vertreten.
Im Fall einer Listenwahl gilt das Verhältniswahlprinzip, so landete die Grünen-Kandidatin auf der Liste eins hinter der AfD-Kandidatin. Diese kann zukünftig den Bürgermeister in allen infrage kommenden Situationen, außer in Verwaltungsfragen, bei seiner Verhinderung vertreten.
Mit Entsetzen reagierten die beiden Fraktionsvorsitzenden der SPD und der CDU. SPD-Chef Frank Sommerfeld sagte am Tag nach der Wahl: „Nach all den Gesprächen und der klaren Einigung der demokratischen Fraktionen zur Wahl des stellvertretenden Bürgermeisters ist das gestrige Wahlergebnis eine tiefe persönliche Enttäuschung für mich. Es streut Misstrauen unter den Ratsvertretern und zeigt, wie fragil Vertrauen in der Politik sein kann und wie wichtig Haltung bleibt, gerade dann, wenn sie unbequem ist. Jetzt geht es mehr denn je, für klare demokratische Werte einzustehen.“
CDU-Chef Volker Heuwinkel hatte sich die konstituierende Sitzung ebenfalls anders vorgestellt. „Es ist ein katastrophaler Anfang für den neuen Rat. Ich stimme meinem Kollegen zu, dass es Unruhe und Misstrauen in die Ratsarbeit bringt. Wir müssen uns jetzt zusammensetzen und darüber reden, wie wir gemeinsam einen anderen Kurs einschlagen können, auch wenn es uns nicht gefällt.“
Was das bedeuten kann, wurde aber nicht klar. Gefragt ist jetzt auch Bürgermeister Dirk Tolkemitt, der mit der Situation umgehen muss, in Zukunft eine Stellvertreterin zu haben, die einer Fraktion angehört, die vom Verfassungsschutz in Teilen als gesichert rechtsextremistisch bezeichnet wird.









