
Lage. Beim Soul-Groove des Stücks „Sweet Lucy“ muss Keyboarder Jörg Riemann alles auffahren, was in seinen Tastaturen steckt. Nicht leicht, mit der linken Hand den Lauf in Sechzehntelnoten durchzuhalten und mit der rechten Hand stückdienlich zu improvisieren. Dieser Herausforderung müssen sich alle Musiker der Band „Soul-Session“ von Fritz Feger stellen: In diesem Genre sind sie solistisch bis an die Grenzen ihres Instrumentes gefordert, und das Publikum belohnt jede Aktion mit anerkennendem Applaus. Nicht nur das: Am Ende verlangen die Zuhörer als Zeichen ihrer Begeisterung mehrere Zugaben. Die Feger-Truppe spendiert ihnen unter anderem den gefühlvollen Gregory-Porter-Titel „Hey Laura“ als melodischen Ohrwurm für den Heimweg.
Rund 90 Zuschauer haben sich im Foyer des Technikums versammelt: volles Haus, ausverkauft. Sie bekommen einen musikalischen Leckerbissen geboten: Fritz Feger und seine Band „Soul-Sessions“ interpretieren energisch und zugleich gefühlvoll Klassiker des Jazz-Genres. „Soul“ nennt sich diese Spielart, sehr emotional, und hinterlässt beim Publikum trotzdem einen gerockten Jazz-Eindruck. Feger hatte dafür eine handverlesene Truppe mitgebracht, deren Musiker auf ihren Instrumenten mächtig viel Charakter entfesselten.
- Martin Rudkowski zupft an der Gitarre so ergriffen und virtuos, dass selbst die Saiten Schweißperlen zeigen.
- Julian Buhe verpasst seinen Drums eine ordentliche Abreibung – die armen Felle haben am Ende des Abends vermutlich Urlaub beantragt. Wie Fritz Feger, der Bandleader am E- und Kontra-Bass, ist auch Julian eine Lagenser Pflanze und darüber hinaus ein Eigengewächs der Musikschule.
- Sönke Scholl ist für Markus Himstedt eingesprungen und bläst in seine Trompete, bis sie rot glüht vor Begeisterung – oder vielleicht auch aus Sauerstoffmangel.
- Johannes Curran treibt sein Saxophon durch sämtliche Register – vom zarten Flüstern bis zum leidenschaftlichen Aufschrei.
- Und Henrik Laufer? Der lotet mit seiner Posaune die physikalischen Grenzen der Akustik aus.
- Jörg Riemann hält das Septett am Keyboard auf einem tragenden Klangteppich im Gleichgewicht, trägt aber auch rhythmische Akzente in faszinierenden Solo-Passagen bei.
Was wurde dem Publikum geboten? Groovige Fetzer wie „Sweet Lucy“ von Raul de Souza, produziert von Georg Duke (siehe im Videoclip), funky Ohrwürmer wie „Lovely Day“ von Bill Withers, harmonisch ausgefeilter Jazz von Donald Fagen und auch die Erforschung vokaler Höhenlagen wie „Human Nature“ vom „King of Pop“ Michael Jackson.
Besonders eindrucksvoll die Vocals von Fritz Feger: Seine Kopfstimme reicht bis in Höhen, die einer Sopranette zur Ehre gereicht hätten. Und so kann die Band sich an Interpretationen des amerikanischen Komponisten und Ausnahme-Sängers Prince (1958 – 2016) wagen. Der starb im Alter von 57 Jahren in einem Fahrstuhl an einer Überdosis des Schmerzmittels Fentanyl. Jede andere Combo würde seine Songs also lieber eine Oktave tiefer angehen, damit die Stimme länger lebt.
„Im Genre Soul singen die Leute so hoch. Ich kann euch das leider nicht ersparen“, witzelt Feger und meistert die ultrahohen Frequenzen mit Bravour. Damit nicht genug: Weil im Jazz beim Gesang lautmalerisch experimentiert wird, benutzt er seine Stimme auch noch wie eine Kreuzung aus Saxophon und Geige. Ella Fitzgerald lässt grüßen: Sie soll in der Lage gewesen sein, Glas singend zum Klirren zu bringen und zu zerschmettern.
Wer wissen will, wie das klingt, muss dabeigewesen sein oder kann die Feger-Band jeden dritten Donnerstag im Monat in der Detmolder Musikkneipe „Kaiserkeller“ erleben. Im Technikum wurde dem Publikum jedenfalls eine explosive Mischung aus Soul, Funk und musikalischem Wahnsinn geboten, die nicht nur die Ohren zum Glühen, sondern auch die Herzen zum Hüpfen brachte. Apropos Hüpfen: Im Publikum waren jungen Frauen zu sehen, die es nicht auf ihren Sitzen hielt und die lieber mit den Rhythmen mitschwangen, statt sich an die Sitzflächen ihrer Stühle zu krallen.
Fazit: Im ausverkauften Technikum wurde Musik nicht einfach gespielt, sondern gefeiert: mit entfesselter Leidenschaft, Spielfreude und jeder Menge souliger Emotionalität. „Wenn’s nicht gegroovt hat, war’s kein Freitagabend“, würde Fritz Feger dazu sagen.










