Liebe, Eifersucht und Tod: Opernschule inszeniert „Carmen“-Adaption in Detmold

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Bringen „Carmen“ nicht als große Ausstattungsoper, sondern als Musiktheater im intimen Rahmen auf die Bühne: Studenten der Opernschule der HfM Detmold. Foto: Karen Hansmeier

Detmold. Wie wenig braucht es doch, um eine mitreißende und dramatische „Carmen“ auf die Bühne zu bringen: keine aufwendigen Bühnenbilder, keine Heerscharen von Instrumentalisten, Statisten, Chorsängern.

„Wir bringen die Story auf den Punkt“, kündigt Professor Thomas Mittmann die jüngste Produktion der Opernschule der Hochschule für Musik Detmold (HfM) an: „La Tragédie de Carmen“. Zurzeit wird noch intensiv geprobt, damit die auf rund anderthalb Stunden Spielzeit verdichtete Version von Georges Bizets großer „Carmen“-Oper am Samstag, 27. Januar, im Detmolder Sommertheater erfolgreich Premiere feiern kann.

Die Handlung ist so einfach wie bekannt: „Die Liebe ist ein wilder Vogel“ besingt Carmen, die allen Mannsbildern in ihrem Umkreis unverhohlen schöne Augen macht, die Unbeständigkeit des stärksten aller Gefühle. Bereits bei der ersten Begegnung verdreht sie dem Soldaten Don José damit vollkommen den Kopf. Als der Stierkämpfer Escamillo auftaucht, erweisen sich Carmens Gefühle als genauso flüchtig, wie sie es in der Habanera beschrieben hat. Sie verlässt Don José, der vor Eifersucht rast und das Geschehen nimmt seinen unheilvollen Lauf.

Verführerisch, herausfordernd, skrupellos

„1981 griff der Theaterregisseur Peter Brook diesen auf einer Novelle von Prosper Mérimée basierenden Stoff auf und schuf gemeinsam mit dem Komponisten Marius Constant und dem Autor Jean-Claude Carrière eine einaktige Fassung von Bizets Oper“, erläutert Thomas Mittmann. Und er räumt auch gleich eventuelle Bedenken aus: „Keine Sorge, auch in dieser Adaption muss kein Carmen-Liebhaber auf die wesentlichen Nummern des Opern-Blockbusters verzichten. Carmen bleibt auch hier Carmen.“

Und das bedeutet Habanera und lodernde Leidenschaft, die sich nicht um Gesetze schert. Betrug, Manipulation, Täuschung. Morde aus Eifersucht und machohaftes Besitzdenken inklusive. Eine atemlose Handlung, ein Sex-and-Crime-Thriller, dem es weder an den bekannten melodischen Herzensbrechern noch an der emotionalen Wucht einer aufgeladenen hochdramatischen Atmosphäre fehlt – wenn auch mit einer modifizierten und komprimierten Handlung sowie reduziertem Personal.

 Tiefes emotionales Erleben

„So hat es der Theaterbesucher hier nur mit Carmen, Don José, Micaela und Escamillo als Gesangsrollen zu tun“, verdeutlicht Prof. Alexander Hannemann, der die Musikalische Gesamtleitung verantwortet.

„Dazu kommen drei Sprechrollen und 15 Orchestermusiker.“ Marius Constant formte die Arien der musikalischen Vorlage Bizets meisterhaft zu exquisiten Miniaturen um. Die „kleine Carmen“, wie Thomas Mittmann das Werk liebevoll nennt, entfernt sich von der Bizet’schen Carmen als einem Massenereignis mit Chor, Statisten und großem Orchester. Sie ist eine Reduktion auf das Wesentlichste.

Ein Werk, das weniger sehen und dafür mehr spüren lässt. Carmen und die anderen Hauptfiguren treten aus der „schützenden“ Deckung einer von Personen überfüllten Bühne hervor. Da ist nichts, hinter dem sie sich verstecken könnten. „Ein unter die Haut gehendes Beziehungsgeflecht entwickelt sich“, beschreibt Alexander Hannemann: „Wir erleben die eindrückliche Darstellung einer Frau, die mit sich alleine ihre Tragödie erlebt und konsequent ihren Weg verfolgt – bis in den Tod.“ Potenziert werde dies zudem durch die geniale Instrumentierung, die den Facetten der Charaktere noch einmal besondere Schärfe verleihe.

Opernfreunde haben gleich zweimal Gelegenheit, die Tragödie der Carmen zu erleben: Am Samstag, 27. Januar, sowie am Sonntag, 28. Januar, hebt sich um jeweils 19.30 Uhr der Vorhang im Detmolder Sommertheater. Gesungen und gesprochen wird in französischer Sprache mit deutschen Übertiteln.

Es spielt das Detmolder Kammerorchester unter der Leitung von Alexander Hannemann (27. Januar). Die musikalische Leitung der zweiten Vorstellung (28. Januar) liegt in studentischer Hand: Sie dirigiert Taehun Kim (Klasse Prof. Florian Ludwig). Eintrittskarten für „La Tragédie de Carmen“ gibt es im Haus der Musik (Telefon: 05231-302078) und an der Abendkasse. Tickets kosten 8 Euro. Schüler und Studenten haben freien Eintritt.