Kreis Lippe. In der ersten Kreistagssitzung des Jahres haben Landrat Dr. Axel Lehmann und Kämmerer Rainer Grabbe den Haushalt für das Jahr 2024 eingebracht. Vorausgegangen war eine seit der Vorweihnachtszeit schwelende, einmalige öffentliche Auseinandersetzung zwischen den 16 lippischen Bürgermeistern und dem Landrat, die erst in den vergangenen Tagen beigelegt werden konnte.
Bis auf Barntrups Bürgermeister Borris Ortmeier einigten sich die Bürgermeister mit dem Kreis auf die von ihnen geforderte und vom Landrat nun auch angesetzte Kürzung des ursprünglichen Vorschlags um fünf Millionen Euro. Für Bürgermeister Ortmeier ist der Kompromiss aber immer noch unzureichend und wird die Städte und Gemeinden dauerhaft überfordern, wie er auf LWZ-Anfrage mitteilte.
Kosten explodieren
Landrat Dr. Lehmann sagte hingegen bei der Einbringung, dass sich die prekäre finanzielle Lage der Städte, Gemeinden und Kreise gegenüber dem vergangenen Jahr noch einmal rasant verschlechtert habe. Vor allem in drei Bereichen seien die Kosten nach seiner Aussage explodiert.
Zur Finanzierung der Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderung muss der Kreis Lippe inzwischen fast 120 Millionen Euro an den Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) nach Münster überweisen und damit mehr als 21,6 Millionen Euro mehr als noch vor zwei Jahren. Hinzu kämen immense Kostensteigerungen im ÖPNV. Und nicht zuletzt muss der Kreis Lippe zur Deckung der Kosten im Bereich Flüchtlinge immer mehr Geld in die Hand nehmen, um diese von Bund und Land übertragene Aufgabe stemmen zu können.
Gürtel wird enger geschnallt
Dies alles habe zur Folge, dass der Kreis den finanziellen Gürtel wesentlich enger schnallen müsse, so Dr. Lehmann. Deshalb soll es zu einer Erhöhung der Kreisumlage kommen. Diese wird nach den Plänen um 20,6 Millionen Euro steigen, was für die 16 lippischen Städte und Gemeinden eine Kreisumlage in Höhe von 227,9 Millionen Euro bedeutet. Eine Summe, die allerdings um fünf Millionen Euro geringer ausfällt als ursprünglich kalkuliert (232,9 Millionen Euro).
Dies ist insbesondere möglich durch die erst zu Weihnachten beschlossene niedrigere LWL-Umlage und einem erhofften höheren Entlastungsbetrag bei den Flüchtlingskosten (1,85 Millionen Euro), von denen aber noch nicht klar ist, ob sie vom Bund überhaupt gegenfinanziert werden.
Ortmeier hält weiter dagegen
Der Barntruper Bürgermeister hält dennoch dagegen, obwohl er die Reduzierung der Kreisumlage um fünf Millionen Euro begrüßt. Jeder einzelne Euro weniger sei gut für die Städte und Gemeinden in Lippe, sagt Borris Ortmeier, allerdings entfielen von den Einsparungen rund vier Millionen Euro allein auf bereits bekannte beziehungsweise erwartete Einnahmeverbesserungen und Ausgabereduzierungen von Dritten, die der Kreis nur an die Kommunen weitergibt.
„Es ist notwendig, dass der Kreis Lippe strukturell zu dauerhaften Einsparungen kommt. Das nun geplante Zahlenwerk für 2024 und die angekündigte Erhöhung der Kreisumlage im Jahr 2025 wird die Kommunen an den Rand der Haushaltssicherung bringen respektive einige direkt hereinführen“, betont der Bürgermeister. Weiter wirft er dem Kreis vor, dass immer wieder sogenannte Aufgabenkritiken und Einsparungen verkündet worden seien, am Ende aber immer neue Ausgaben entstanden seien und neue Projekte umgesetzt wurden, auch wenn hierdurch erhebliche Belastungen für kommende Haushaltsjahre verbunden waren.
Kreis greift auf Reserve zurück
Nach dem jetzt vorgelegten Haushaltsentwurf greift der Kreis Lippe auf seine komplette Reserve aus der Ausgleichsrücklage, sprich seinem Dispo zurück und fährt diese damit auf null. Eingeplant ist außerdem ein globaler Minderaufwand in Höhe von sechs Millionen Euro.
Um dieses Einsparziel zu erreichen, ist dem Kreistag eine von den Kommunalpolitikern eingeforderte Übersicht vorgelegt worden, die sämtliche in der Ertrags- oder Aufwandshöhe beeinflussbare Leistungen des Kreises Lippe enthält. Die nun folgenden Haushaltsplanberatungen in Ausschüssen, Fraktionen und Gruppen sollen nach dem Wunsch des Kreises ergeben, an welchen konkreten Stellen Ausgaben reduziert werden sollen.
Dr. Lehmann vertritt die Auffassung, dass nur ein geringer Spielraum bleibe, weil 96 Prozent der Aufgaben Pflichtleistungen seien. Finanziell gesehen, stehe das Wasser bis zum Hals, wobei die Hauptursache die mangelhafte Gegenfinanzierung von Aufgaben durch Bund und Land im Bereich ÖPNV, Eingliederungshilfe und Flüchtlinge sei.
Und die Prognosen für das Jahr 2025 sehen noch einmal finsterer aus. Dr. Lehmann appelliert deshalb an Bund und Land, Berlin und Düsseldorf müssten endlich ihrer Verantwortung gerecht werden und den Kommunen den finanziellen Rettungsring zuwerfen.
Kritik an Bund und Land NRW
Zustimmung zur berechtigt vorgetragenen Kritik zur allgemeinen Finanzausstattung von Städten, Gemeinden und Kreisen in Richtung des Landes NRW und des Bundes kommt auch von Borris Ortmeier. Jedoch entbinde dies keine Ebene davon, selbst zu sparen.
Auf Ebene des Kreises sei das in den vergangenen Jahren allerdings nicht konsequent genug geschehen. Die ursprüngliche Intention der Bürgermeister mit ihrem Brandbrief im Dezember an den Kreis Lippe, diesen zu verstärkten Sparbemühungen zu bewegen, sei aber nicht erreicht worden.
Allein der Kreistag entscheidet letzten Endes über die Höhe der Kreisumlage und schließlich über die Belastung der Städte und Gemeinden in Lippe. (rto)