Grünes Licht für MVZ: Kalletaler Bürgermeister setzt Bürgschaft über 1,5 Millionen Euro durch

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Das alte Verwaltungsgebäude der Ziegelei Bergmann: Dort soll das MVZ für das Kalletal entstehen. Foto: Reiner Toppmöller

Kreis Lippe/Kalletal-Hohenhausen. Mario Hecker, Bürgermeister im Kalletal, strebt ein Ziel an: ein kommunales MVZ in seiner Gemeinde. Das kostet Geld, wenn es wie geplant im April kommenden Jahres an den Start gehen soll.

Die Kassenärztliche Vereinigung Westfalen-Lippe (KVWL) verlangt von jedem, der ein kommunales MVZ aufbauen möchte, eine Bürgschaft pro Kassenplatz in Höhe des doppelten durchschnittlichen Jahresumsatzes, in diesem Fall für zweieinhalb Sitze rund 1,5 Millionen Euro. In der Ratssitzung vom 28. November legte er den Ratsfraktionen jetzt eine Beschlussvorlage vor, in der über die Gewährung einer Rückbürgschaft entschieden werden musste.

Mit zwei Stimmen Mehrheit, darunter die des Bürgermeisters, stimmte die Mehrheit aus SPD und Grünen dafür. Die Volksbank Bad Salzuflen wird die Bürgschaft gegenüber der KVWL für die MVZ-Gesellschaft übernehmen. Anders als es in der Vorlage steht, wies der Bürgermeister darauf hin, dass es sich um eine Ausfallbürgschaft mit Einspruch handele.

„Der Unterschied zur selbstschuldnerischen Bürgschaft ist die, dass die Volksbank im Falle einer Inanspruchnahme erst alle infrage kommenden Mittel einsetzen muss, bevor sie die Gemeinde als Bürgen in Haftung nehmen kann“, so Mario Hecker.

CDU und UKB lehnten die Vorlage ab. Der Fraktionsvorsitzende der CDU, Julian Geber, sagte, es gäbe immer noch keine Antworten auf viele Fragen, trotz mehrfacher Anfragen an den Bürgermeister.

„Unsere Ärzte machen einen guten Job, die Situation im Kalletal hat sich positiv entwickelt. Wir sehen mit großer Sorge auf die Entwicklung des MVZ“, sagt er. Ingo Mühlmeier von der UKB schloss sich der Argumentation an und forderte zusätzlich eine namentliche Abstimmung.

Wie Bürgermeister Mario Hecker argumentierte Manfred Rehse von der SPD jetzt damit, dass aus Sicht der KVWL in Dortmund Lemgo und Kalletal eine Einheit seien. „Und die ist unterversorgt“, so Rehse. Bürgermister Mario Hecker sagte, er habe am Tag der Sitzung mit dem Unternehmen Dostal gesprochen und erfahren, dass es im Mai 2024 im Gebiet eine Unterversorgung von 75,8 Prozent gegeben habe.

„Es gibt in Bereich Lemgo/Kalletal 14 offene Kassensitze. Die Unterversorgung ist da. Das gilt auch für Barntrup, Extertal und Bad Salzuflen. Ich habe es als Auftrag verstanden, mich darum zu kümmern“, so der Bürgermeister. Arzt Sergej Stepanov, der ab 1. Januar 2025 die KVWL-Praxis im Kalletal übernehmen wird, sieht die Einrichtung des MVZ nach wie vor als Konkurrenz für sich und die niedergelassenen Ärzte an.

„Anders als in Marienmünster, wo ein MVZ alternativ los war, weil zu viele Praxen geschlossen haben, gibt es im Kalletal ausreichend Praxen. Wir haben hier nun vier Praxen mit Ärzten und jeweils einem Arzt als Praxishelfer. Das ist ausreichend für das Kalletal. Die Studie zum MVZ ist alt, wie sähe sie aus, wenn man sie heute neu anstellen würde“, so der Arzt und weiter mit klaren Worten: „Man wird sehen, was wirtschaftlich sein wird, das MVZ oder die Praxen. Ich glaube, dass die Praxen obsiegen werden. Die Wechselquote der Patienten ist gering. Sie fühlen sich wohl und gut aufgehoben bei ihren Ärzten.“

Anders als vom Bürgermeister versprochen, werden im MVZ zunächst keine zusätzlichen Ärzte arbeiten. Vielmehr stammen die drei jetzt angestellten Mediziner aus dem Pool der im Versorgungsraum bereits tätigen Ärzte. Wenn die ärztliche Versorgung für das Kalletal, wie Sergej Stepanov sagt, jetzt ausreichend durch die niedergelassenen Ärzte erfüllt ist, woher sollen die Patienten dann kommen?

Den Hinweis gaben der Bürgermeister und der Vertreter der SPD möglicherweise in ihrer neuen Argumentation mit dem Hinweis auf den Versorgungsraum Lemgo/Kalletal: Wenn die Patienten nicht aus dem Kalletal kommen, dann eben aus Lemgo.