Lesung im Technikum Lage: Joachim H. Peters stellt neuen Roman vor

2020
Man kann dem Mienenspiel des Publikums ansehen, welchen Spaß die Zuhörer beim Vortrag des Autors Joachim H. Peters haben. Der liest nicht nur aus seinem neuesten Roman vor, sondern spielt Szenen und untermalt sie sogar mit passender Musik. Foto: Hajo Gärtner

Lage. Krimiautor Joachim H. Peters präsentiert im Technikum vor vollem Haus seinen neuen Roman „On the Road to Dingsbums“. Untertitel: „Wie man aus Versehen sechs alte Leute und einen Hund entführt.“ Das Publikum zeigt sich köstlich amüsiert. 

Oleg Paschkurin und Gregori Usalenko müssen antreten zum Rapport: bei ihrem polternden Boss Iwan Iwanowitsch Kuttin. Weil sie es nicht geschafft haben, Geld aus Kuttins Schuldner Mike herauszuprügeln. Sie wissen, was ihnen blüht, wenn sie ihre letzte Chance vertun: „Oleg sah sich schon, mit dem Gesicht nach unten auf einem Förderband liegend auf eine der Müllverbrennungsanlagen zufahren.“ Denn der autoritäre Boss ist „kein Freund der Demokratie“ und kennt kein Pardon, wenn einer seine Autorität auch nur im Geringsten ankratzt. Das ist für ihn eine Frage der Ganoven-Ehre.

Brutal fängt Joachim H. Peters neuer Roman „On the Road to Dingsbums“ an. Aber auch dort schon schwingt ein feiner ironischer Ton mit, der sich im weiteren Verlauf zu einem satirischen, Zwerchfell-erschütternden Lese-Vergnügen steigert. Denn die Schurken sind nicht einfach nur hanebüchen blöd, sondern die entfachte Verfolgungsjagd auch herrlich schräg; und natürlich verfehlen der Oberbösewicht und seine Schergen ihr Ziel um eine Entfernung weiter als bis nach Polen.

Dahin soll die Reise eines vorm Seniorenheim in Bielefeld geparkten VW-Busses mit sechs Senioren eigentlich gehen. Der steht da mit laufendem Motor, und den kapert der flüchtende Mike, um seinen Häschern zu entkommen. Er übersieht in seiner Not die Passagiere an Bord; und die halten ihn für ihren Fahrer. Mike gelingt die Flucht; und dann stellt sich auch noch heraus, dass die Senioren keine Lustfahrt nach Brandenburg unternehmen, sondern aus dem bankrotten Bielefelder Heim nach Polen abgeschoben werden sollen.

Ein skurriles Szenario, aber ungemein passend geschnitzt für die schrägen Figuren an Bord des VW-Busses. Ein ungewöhnliches Sujet für den bekannten Krimiautor. So viel sei an dieser Stelle verraten: Es passiert nicht ein einziger Mord. „Schon ungewöhnlich für einen Autor, der für seine vielen zur Strecke gebrachten Mörder einen ganzen privaten Friedhof unterhalten könnte“, witzelt Peters bei der Erklärung seines neuesten Schreibprojektes.

Aber er habe einfach mal etwas ganz Anderes produzieren wollen. Herausgekommen ist dabei ein ungemein witziges Buch, in dem der ehemalige Polizist die dummen und lächerlichen Seiten der kriminellen Welt skizziert, die er ein Arbeitsleben lang unnachgiebig bekämpft hat.

Er verrät seinem köstlich amüsierten Publikum auch den seltsamen Romantitel: Lucy, die sich für eine begabte Schauspielerin hält und am liebsten Sterbeszenen spielt, leidet an Demenz und kann deshalb den Zielort der Senioren-Reise nicht im Kopf behalten oder gar präzise benennen. Wohin geht’s? Natürlich nach „Dingsbums“.

Nicht nur die vorgelesenen witzigen Stellen, auch Peters lebendige Erläuterung des Erzählkontextes begeistert seine Zuhörer. Er liest nicht nur, er zelebriert Szenen und spielt dazu passende Musik-Fragmente ein: überraschend zum Beispiel den Mundharmonika-Part aus „Spiel mir das Lied vom Tod“ (Ennio Morricone), als das brutale Gangster-Duo dem flüchtenden Mike ganz dicht auf den Fersen ist.

Da wundert es am Ende niemand, dass der Krimiautor zum guten Roman-Ende das Mikrofon ergreift und höchstselbst den Sinatra-Song „Fly me to the Moon“ zelebriert. Der Applaus will daraufhin schier kein Ende nehmen.