
Dörentrup/Lemgo. Jörn Fries hatte zusammen mit rund 170 anderen Interessierten die Chance, mit der Einschienenbahn namens MONOCAB – das grammatikalische Geschlecht ist umstritten – zu fahren. In einer umfunktionierten alten Industriehalle im BEGA-Park im Dörentruper Ortstteil Humfeld konnte man einige Meter mit einem ferngesteuerten „Demonstrator“, der sinnigerweise auf den Namen „Hermann“ hört, auf einem Stück Schienengleis zurücklegen.
Hier sein Bericht:
Damit bei diesen Demonstrationsfahrten auch wirklich nichts passiert, hatte der „Demonstrator“ – das Test-Vehikel – quasi ein Stützrad bekommen, mit dem es sich auf dem Gegen-Gleis abstützte. Technik, die begeistert! Die Fahrgäste (überwiegend der Generation Ü60 angehörig) hatten sichtlich Spaß bei der kurzen Mitfahrt.
Beginnen wir von vorne: Vor rund fünf Jahren erhielt das seinerzeit „MonoCab OWL“ genannte Projekt erstmals Fördermittel seitens des Landes NRW in Höhe von 3,6 Millionen Euro. „Um den ländlichen Raum mobiler, wirtschaftlich stärker und damit noch lebenswerter zu machen“, wurde das Projekt „AutoBAHN“ bereits vier Jahre zuvor, im Jahre 2016, ins Leben gerufen. Ab 2018 war die Landeseisenbahn Lippe (LEL) mit von der Partie; sie hat sich allerdings im letzten Jahr aus dem Projekt zurückgezogen. Immerhin gewann die LEL 2018 mit dem Projekt „MonoCab OWL“ den Deutschen Mobilitätspreis. Und Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer, ja, genau der „Maut-Pannen-Pleiten-Andi“, überreichte den Preis.
2022, sinnigerweise am 3. Oktober, dem Tag der Deutschen Einheit, wurde das Projekt offiziell vorgestellt. Am 1. Mai 2022 konnte man sich anlässlich des Bahnhofsfestes in Farmbeck von dem Projekt einen ersten Eindruck machen. Und damit das Projekt endlich auch bei den Lipperinnen und Lippern Anklang findet, wurde zugleich zu einem Namenswettbewerb aufgerufen: Wie sollen die beiden Versuchsträger künftig heißen? Die Lipperinnen und Lipper entschieden sich – wen wundert’s! – für Thusnelda und Hermann.
Diese und einen weiteren Demonstrator konnten sich die Interessierten, die sich am Freitag, dem 28. März, bereits vor dem offiziellen Start der Veranstaltung um 15 Uhr vor dem Industriekomplex eingefunden hatten und anschließend ihre Akkreditierung vorlegen mussten, in den zwei Stunden bis 17 Uhr in aller Ruhe anschauen und austesten.
Der scheidende lippische Landrat Dr. Axel Lehmann verkündete im Januar 2025, dass eine – bislang allerdings nicht öffentlich zugängliche – Studie dem MONOCAB großes Potenzial für die Begatal- und Extertalbahn bescheinige: Die Zahl von rund 600.000 Fahrgäste im Jahr machte die Runde. Lippes amtierender Landrat liebt scheinbar große Zahlen, aber ob die Addition von Einwohnern im Einzugsbereich von Bega- und Extertalbahn multipliziert mit X möglichen Fahrten/Einwohner ausreicht, um ein derzeit nicht ausgereiftes Verkehrsprojekt für den ländlichen Raum jemals Realität werden zu lassen, nun ja, die Antwort bleibt jedem selbst überlassen.
Nichtsdestotrotz heißt es Klotzen statt Kleckern – und so fließen weiterhin Millionen an Fördergeldern in dieses Projekt, das sogar eine eigene, mehrere hundert Meter lange Teststrecke auf dem Campus Lemgo der TH OWL bekommen soll. Wann das sein wird? On verra. Und am Niederrhein träumt man gar von einer grenzüberschreitenden Umsetzung: von Kleve über Kranenburg und Groesbeek (NL) bis nach Nijmegen. Think big – und lass die Zukunft kommen.
Das MONOCAB ist halt ein vielversprechendes – oder besser: viel versprechendes – Zukunftsprojekt! Dass derzeit EBO und BO-Strab, die beiden zulassungsrelevanten Verordnungen, einer zeitnahen Zulassung und somit Umsetzung des Projekts entgegenstehen: Who cares? Es gibt in Bälde ja eine neue Bundesregierung. Und dass autonomes Fahren funktionieren kann, wird gerade in der Hansestadt Herford gezeigt. Dort heißt das Versuchsfahrzeug allerdings nicht ohne Grund ULTIMO, steht es doch kurz vor der Zulassung – und das Projekt von ZF hat auch ganz andere, gewichtigere Partner mit im Boot als das MONOCAB.