Leo Reisinger liest im Lagenser Technikum aus seinem Roman „Bavarese“ und gibt einen Vorblick auf sein nächstes Werk

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Nach der Lesung kommt die Schreibung: Lang ist die Schlange derjenigen, die eine persönliche Widmung von Leo Reisinger im frisch gekauften Roman wünschen. Fotos & Montage: Gärtner

Lage. Eigentlich soll Leo Reisinger seinen Zuhörern im Technikum aus seinem Roman „Bavarese“ vorlesen. Tut er auch brav. Viel lieber aber befreit er sich von der Textvorlage zwischen den Buchdeckeln und erzählt davon, was er jetzt eigentlich vorlesen will.

Und dann berichtet er über sein Leben und die Arbeit beim Fernsehen. Am Ende performt er sogar noch mitreißend als Witze-Erzähler und weiß insgeheim genau, was die Leute hören und erleben wollen: keine Audio-Umsetzung eines vorliegenden Romantextes, sondern spontane Geschichten aus dem Leben eines Weltenbummlers, der die bizarre Szene der Münchner Schickeria und des bierseligen Oktoberfestes von innen kennt, genau so wie die rohe Grausamkeit im Schlachthof und die Armut zwischen Obst und Gemüse auf dem Großmarkt. Über den Inhalt des Romans „Bavarese“ erfährst du hier mehr => 

Leo Reisinger lädt sein Publikum mit herzlicher Offenheit und  jungenhaften Charme ein, an seinem Leben teilzunehmen.

Dazu liefert der Erzähler Einblicke in die brutale Welt des organisierten Verbrechens, setzt sich aber auch ans E-Piano und spielt empfindsame Melodien aus dem eigenen Kopf. Als wäre das alles nicht schon längst genug, bietet er auch noch einen erzählerischen Vorblick auf seinen neuen Roman, an dem er gerade schreibt. Ein fantastisches Sujet: Hauptfigur ist ein Fahrer mobiler Toiletten („Scheißhausfahrer“), der ein unglaublich sagenhaften Vermögen mit Bitcoin-Spekulation aufgebaut hat und sich nun anschickt, die Weltwährung aus den Angeln zu heben.

Keiner im rund 100 Köpfe zählenden Publikum kann am Ende – nach einem fetten Schlussapplaus – sagen, er sei von Leo Reisinger nicht befriedigend bedient worden mit einem Rundum-Paket aus Personality-Show, spannender Erzählung und viel Gelegenheit zum Lachen. Unberechenbar: Mitten im Lesefluss klappt Reisinger sein Buch zu, springt von seinem Hocker und fordert seine Zuhörer heraus: „Fragt mich was. Das ist doch viel unterhaltsamer.“ Natürlich hat das Publikum Fragen, zum Beispiel nach seiner TV-Rolle der „männlichen Hebamme“. Hier räumt der Schauspieler ein, am Ende bitter enttäuscht worden zu sein. Er habe sich eine abschließende Folge, gewünscht; eine Episode, die den Sack zumacht und mit der die Serie einen befriedigenden Abschluss findet. Warum plötzlich Schluss war, wisse er auch nicht. „Vielleicht ist dem Produzenten das Geld ausgegangen.“

Reisinger liest, erzählt, macht Witze und spielt auf dem Keyboard.

Man merkt, dass die Schauspielerei gar nicht das Zentrum seiner Welt ist. Er ist vielmehr Entertainer, liebt die Interaktion mit dem Publikum und hat das Romanschreiben für sich entdeckt, was den Kontakt mit Leuten ja geradezu erzwingt: viele Lesungen so wie die im Technikum gehören einfach zum Geschäft. Und weil der neue Roman schon gut fortgeschritten ist, kann Reisinger versprechen: „Ich komme bald wieder.“

Wenn den Fans die persönliche Widmung im Roman nicht reicht, ist Reisinger auch bereit zu einem Selfie.