Museumsgründer und Hardcore-Stones-Fan Ulli Schlüter mit dem Buch „50 Jahre Stones“, in dem er eine Doppelseite belegt. Foto: Reiner Toppmöller

Lüchow. „Lüchow, wo ist das denn?“ Diese Frage hört man sofort, wenn man erzählt, dass es zu einer Tagestour ins Wendland geht. Wendland? Da war doch was. Ja, da ist Gorleben, das nicht allzu weit von Lüchow entfernt liegt. Aber deshalb fährt man dort heute nicht mehr hin.


Lüchow, der niedersächsische Ort mit rund 9.600 Einwohnern mitten im Nirgendwo, hat seit dem Jahr 2011 ein Alleinstellungsmerkmal. Ja, für manche, besonders schon in die Jahre gekommene Menschen, ist es das Mekka des Rock ’n’ Roll. Denn dort befindet sich das größte und einzige Stones-Fan-Museum der Welt von Ullrich Schröder, dem wohl dienstältesten Rolling-Stones-Fan der Welt.

Die legendäre Herrentoilette mit den Kussmund-Urinalen im Museum. Foto: Reiner Toppmöller

Auf rund 1.000 Quadratmetern findet der echte Fan dort unglaublich viele Exponate rund um die Rolling Stones und ihre ehemaligen Bandmitglieder – aber auch von anderen Pop-Größen, die mal mit ihnen zusammengespielt haben. Zudem gibt es Devotionalien aus den 1960er-Jahren wie Cocktailsessel, alte Tonbandgeräte und Plattenspieler sowie einige modische Kleidungsstücke dieser Zeit.

Ulli Schröder ist 76 Jahre jung und hat das Museum mittlerweile in die Hände seines Sohnes gelegt. Doch für die LIPPISCHE WOCHENZEITUNG stand er für einen Plausch zur Verfügung. Und er hat viel zu berichten, aus seinem und dem Leben der großen Stars.

Eines der Highlights des Museums: der erste Mercedes von Mick Jagger. Foto: Reiner Toppmöller

Mit viel Begeisterung und Freude erzählt er unter anderem die Geschichte, wie es zu der engen Freundschaft mit Gitarrist Ron Woods gekommen ist. Anlässlich dessen 50. Geburtstages im Juni 1997 hatte Woods ihn zu seiner „kleinen“ Geburtstagsparty, gemeinsam mit mehreren hundert anderen Menschen, eingeladen.

Während der Party saß der Gastgeber irgendwann neben Schröder, der damals noch Bankangestellter in Lüchow war. Schröder hatte in den Wochen zuvor die Aufmerksamkeit des Rock-’n‘-Roll-Superstars geweckt, weil er Woods Bilder (Ron Woods hat eine grafisch-künstlerische Ausbildung genossen) schon immer gut fand und Kontakt zu dessen Drucker herstellte. Woods hatte es sich daher nicht nehmen, diesen „verrückten deutschen Sammler“ zu seiner Party einfliegen zu lassen.

Für alle Besucher, die einen Rollator benötigen, stellt das Museum einen eben solchen. Foto: Reiner Toppmöller

Schröder und Woods verstanden sich so gut, dass ihm der malende Stone die alles entscheidende Frage stellte: „Willst du weiter als Bausparbanker dein Geld verdienen oder mit Sex, Drugs and Rock ’n‘ Roll?“ Schröder musste nicht lange überlegen. „Das mit den Drogen muss nicht sein, der Rest passt“, sagte er grinsend, schlug ein – und gab seinen Job auf. So wurde er zum Galeristen des malenden Rock-Stars, baute die Nähe zu den Superstars auf und wurde ihr größter Fan.

Des Weiteren erzählt Schröder vom Zusammentreffen der Stones mit Udo Lindenberg im Atlantic-Hotel in Hamburg, das Jagger mit den Worten kommentierte: „Wer soll das sein, ein großer deutscher Rockstar? Den kenne ich gar nicht.“ Oder von seinen Backstage-Erlebnissen und der Vorstellung des Buches „50 Jahre Rolling Stones“ in Berlin, in dem er eine Doppelseite füllt. Gerne zeigt er das Buch mit den Unterschriften der vier Legenden.

Vor der Eröffnung des Museums, das inzwischen mit seinen Veranstaltungen und Konzerten Anlaufpunkt für Fans aus aller Welt geworden ist, musste jedoch noch eines geklärt werden: „Es durfte nicht Rolling-Stones-Museum heißen, sondern mit Genehmigung der Band und deren Management nur Stones-Fan-Museum”, so Ulli Schröder.

Aufgebaut wurde es mit vielen Sammelstücken, die sich über die Jahrzehnte angehäuft hatten, und einem Zuschuss der Stadt sowie großer Hilfe vieler Fans, die zusammen mit Ulli Schröder in Eigenleistung das Gebäude renovierten und aufbereiteten. Etwa ein Drittel dessen, was der Superfan an Devotionalien besitzt, wird dort ausgestellt, darunter unter anderem Musikinstrumente, Goldene Schallplatten, der Snookertisch der Band und der erste Mercedes von Mick Jagger.

Für weltweites Aufsehen sorgte das Museum in der sogenannten „Toiletten-Affäre“, in der es vor Jahren um vermeintlich sexistische Kussmund-Urinale auf dem Herrenklo ging. „Dieses Thema ging um die ganze Welt. Unsere Toiletten kennt jetzt jeder“, ist sich Ulli sicher.

Inzwischen bekommen Ulli und seine Frau Birgit auch zahlreiche Fanartikel aus aller Welt zugeschickt. Was nicht im Museum gebraucht wird, kann auf einem kleinen Flohmarkt im Fanshop gegen Spenden erworben werden. Es dient der Finanzierung des Museums. Und natürlich gib es auch Bilder von Ron Woods zu kaufen. Die sind inzwischen aber sehr teuer geworden.

Das Museum wird immer häufiger auch für Veranstaltungen genutzt, da das Publikum immer jünger werde, erklärt Schröder. Alte Hardcore-Fans hätten sogar schon für Trauerzeremonien im Fanshop angefragt. „Warum nicht“, sagt der jung gebliebene Superfan lachend und freut sich auf das, was noch kommen wird.


Infos zum Museum

  • Das Stones-Fan-Museum befindet sich in Zentrumsnähe von Lüchows malerischer Altstadt, mitten im schönen Wendland, an der Dr.-Lindemann-Straße 14.
  • Telefon: 05841/5902
  • E-Mail: stonesmuseumluechow@gmx.de
  • Homepage
  • Öffnungszeiten: Von Ostersonntag bis 31. Oktober ist das Museum für seine Fans täglich von 12 bis 18 Uhr geöffnet. Montags ist Ruhetag. In den Wintermonaten bleibt das Museum geschlossen.
  • Eintrittspreise: bis zwölf Jahre kostenlos, 13 bis 17 Jahre 5 Euro, 18 bis 99 Jahre 10 Euro, ab 100 Jahren Eintritt frei zuzüglich Gastgeschenk. Einen Rollator stellt das Museum auf Wunsch zur Verfügung. Gruppenpreise ab zehn Personen nach Absprache.