Münster/Wien. Ein internationales Forschungsteam hat im European Journal of Taxonomy eine umfassende Studie zur Biodiversität australischer Muschelschaler veröffentlicht – mit der beeindruckenden Beschreibung von gleich 27 neuen Arten.
Dr. Martin Schwentner vom Naturhistorischen Museum Wien und Dr. Manja Hethke vom LWL-Museum für Naturkunde des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) in Münster haben über mehrere Jahre hinweg intensiv an der taxonomischen (einordnenden) Aufarbeitung dieser wenig bekannten Krebstiergruppe gearbeitet.
Aktuell befindet sich die Erde in einer Klima- und Umweltkrise, was eine Vielzahl von Arten bedroht. Um die Artenvielfalt (Biodiversität) besser schützen zu können, muss diese zunächst erfasst werden, was durch systematische Untersuchungen und Beschreibungen von Lebewesen (Taxonomie) geschieht.
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„Muschelschaler, auch bekannt als Spinicaudata, sind eine Krebstiergruppe, die es schon seit dem Frühen Devon, einer Zeit ungefähr vor 419 bis 393 Millionen Jahren, gibt. Ihr Weichkörper ist von einer zweiklappigen Schale umgeben, die an eine Muschel erinnert“, erklärt Dr. Manja Hethke die Struktur des sogenannten Carapax – also der äußeren Schale. „In unserer Studie haben wir genetische, morphologische und mathematische Analysen mit traditionellen Beschreibungen von 654 Krebstieren kombiniert“, fügt sie hinzu.
In der Studie werden neben Weichkörpermerkmalen und genetischen Daten erstmals auch Carapax-Merkmale systematisch in die Artbeschreibungen heute lebender Arten integriert. „Das ist ein bedeutender Schritt für die moderne taxonomische Beschreibung dieser Gruppe. Unsere Ergebnisse zeigen die außergewöhnliche Artenvielfalt der australischen Spinicaudaten auf. Die Gesamtzahl der anerkannten australischen Spinicaudata-Arten steigt auf 97, was fast der Hälfte der weltweit bekannten Artenvielfalt der Gruppe entspricht“, ergänzt Dr. Martin Schwentner.
Besonders bemerkenswert ist die kulturelle Dimension einiger Artbenennungen: Zwei der Arten – Ozestheria matuwa und Ozestheria ngamurru – tragen Namen, die in Zusammenarbeit mit First Nations Australiens (Aboriginal People) ausgewählt wurden.
Zwei weitere Arten, wie Ozestheria rincewindi und Ozestheria beleriandensis, wurden nach Terry Pratchetts legendärem Fantasy-Charakter Rincewind und nach dem mythischen Beleriand aus J. R. R. Tolkiens Welt benannt. Eine andere Art wurde zu Ehren von Marguerite Henry (1895-1982) benannt, einer Pionierin der australischen Urzeitkrebsforschung: Ozestheria henryae.
Insgesamt umfasst die Studie 38 Arten der Gattung Ozestheria, davon 27 neu beschriebene und 11 bereits bekannte, historische Arten. Damit liefert die Publikation einen bedeutenden Beitrag zur Kenntnis der Biodiversität Australiens – und zeigt einmal mehr, wie viel es in der Welt der Muschelschaler noch zu entdecken gibt.
Das Projekt wurde von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.