Detmold/Bad Salzuflen. Die Staatsanwaltschaft Detmold teilt mit, dass nach Abschluss der Ermittlungen und mit Zustimmung des Amtsgerichts von einer Anklageerhebung gegen einen heranwachsenden Beschuldigten, dessen Fall im Juni 2023 bundesweit Schlagzeilen machte, abgesehen werde. Grundlage dieser Entscheidung sei § 153b Abs. 1 StPO in Verbindung mit § 60 StGB.
Nach Angaben der Ermittler bestehe ein hinreichender Tatverdacht, dass der Jugendliche unter anderem einen gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr in Verdeckungsabsicht begangen habe. Zudem werde ihm eine versuchte gefährliche Körperverletzung zum Nachteil mehrerer Polizeibeamter, ein tätlicher Angriff sowie Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte, die Durchführung eines verbotenen Kraftfahrzeugrennens und vorsätzliches Fahren ohne Fahrerlaubnis zur Last gelegt.
Trotz der Schwere der mutmaßlichen Straftaten und der damit verbundenen erheblichen Gefährdung für die öffentliche Sicherheit habe die Staatsanwaltschaft erklärt, dass eine strafrechtliche Verfolgung in diesem Fall nicht sinnvoll sei.
Ausschlaggebend sei der Umstand gewesen, dass der Beschuldigte infolge des Vorfalls eine schwere und dauerhafte Querschnittslähmung erlitten habe. Unter Berücksichtigung des im Jugendstrafrecht vorrangigen Erziehungsgedankens seien strafrechtliche Sanktionen nach Einschätzung der Behörden weder pädagogisch sinnvoll noch angemessen.
Dieser Fall aus Detmold sorgt weiterhin für Aufmerksamkeit, da er nicht nur juristische, sondern auch ethische Fragen zum Umgang mit schwer verletzten jugendlichen Straftätern aufwirft.
Hintergrund zum Polizeieinsatz
Der Vorfall am 3. Juni 2023 begann in der Nacht mit einer Verkehrskontrolle in Herford. Ein damals 19-jähriger Audi-Fahrer soll laut Polizei ohne Führerschein und zunächst ohne eingeschaltete Beleuchtung unterwegs gewesen sein. Anstatt anzuhalten, habe er Gas gegeben und sei geflüchtet. Die Verfolgung führte über mehrere Straßen bis in eine Sackgasse in Bad Salzuflen, verfolgt von einer größeren Anzahl an Streifenwagen.
Nach Angaben der Ermittler waren insgesamt 13 Polizeikräfte am Einsatz beteiligt. Einige von ihnen hätten später ausgesagt, sie hätten sich in dieser Situation in akuter Lebensgefahr befunden. In der Folge gaben vier Polizistinnen und zwei Polizisten insgesamt 34 Schüsse in Richtung des Audi ab.
Fünf Projektile trafen den jungen Fahrer, der schwer verletzt wurde. Eine spätere ballistische Untersuchung habe ergeben, dass diese Treffer auf die Waffen zweier Herforder Beamter zurückzuführen seien. Das Ermittlungsverfahren gegen die beiden Polizisten stellte die Staatsanwaltschaft Detmold bereits Anfang dieses Jahres ein.