Teil 1: Lippisch-bayerisches Treffen bei „Rock am Ring“

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Treffpunkt „Rock am Ring“: Helena Kern aus Gars am Inn, Bayern, Tim Heuwinkel und Phillip Schroer aus Detmold. Helena und Phillip sind zum ersten Mal, Tim ist zum vierten Mal auf dem Gelände. Drei Tage feiern, darauf freuen sich alle. Foto: Annette Heuwinkel-Otter

Detmold/Nürburgring. Europas größtes Rock-Festival, das muss man gesehen haben. Das dachte sich auch Annette Heuwinkel-Otter und reiste für die LIPPISCHE WOCHENZEITUNG an den Nürburgring zu „Rock am Ring“. Was die gebürtige Detmolderin dort erlebte, berichtet sie den LWZ-Lesern exklusiv.

Helena, die Nichte meines Mannes, wünschte sich nichts mehr, als einmal zu „Rock am Ring“ zu gehen. Nun sollte der langgehegte Wunsch in Erfüllung gehen. Als geborene Detmolderin bin ich mit einem waschechten Bayern verheiratet und lebe in München. Hängengeblieben, als sogenannte Zugereiste.

Da den Ostwestfalen eine besondere Feierader nachgesagt wird, wurde ich zur Begleitung auserkoren. Das passte: Wir konnten am Ring Familienmitglieder und Freunde sehen und ich über das Festival berichten. Los ging’s am Freitag, 2. Juni, mit dem Zug in die Eifel zum Nürburgring. Dort wollten wir meinen Neffen Tim mit seinen Freunden aus Lippe treffen. Was folgte, waren berührende Momente und drei unvergessene Tage.

Tag eins:

Um 4 Uhr aufstehen, mit dem Taxi zum Bahnhof. Zugabfahrt 5 Uhr über Stuttgart, Remagen nach Adenau, Fahrtzeit rund sieben Stunden. Vor Koblenz wird es heiß und heißer: Ausfall der Klimaanlage, Wagen geräumt. In Remagen umsteigen. Gleiswechsel, ohne Durchsage, ohne Angaben im DB-Navigator.

Zug weg, einen später fahren. Für meine Pressetermine wird es eng. Adenau liegt im Ahrtal. Jeder erinnert sich an die dortige Flutkatastrophe im Jahr 2021. Die Schäden sind noch vielerorts sichtbar. Die Bahnlinie konnte bis heute nicht repariert werden. Schienenersatzverkehr, mit dem Bus von Ahrweiler nach Ahrbrück.

Wegen der Verspätung durch den verpassten Zug, in Ahrweiler ein Taxi genommen. Hastig in Adenau die Koffer in der Unterkunft abgestellt: „Homestay am Markt“, weiter zum Nürburgring, um die Pressetermine einhalten zu können.

Völlig geschafft erreichen Helena und ich „das Gelände“, so wird der Nürburgring umgangssprachlich von den Rockfans genannt. Medienzentrum suchen. Ein unübersichtliches riesiges Gelände, wenig Beschilderung, Menschenmassen, überall Musik, Ordner nach dem Weg fragen. Immer wieder die Antwort: „Ich bin nicht von hier, ich kenne mich auch nicht aus.“ Anmelden, akkreditieren, die Zeit ist knapp, der erste Pressetermin platzt. Zurechtfinden.

Wir suchen Laura Heinzelmann, sie arbeitet in der Pressestelle der Warsteiner-Brauerei, dem Hauptsponsor von „Rock am Ring“. Endlich finden wir sie. Von den Pannen und Verspätungen hatte ich zwischenzeitlich berichtet. In der Brauerei, extra für Events wie „Rock am Ring“ konstruiert, nimmt sie uns in Empfang und in den Arm.

Sie hat mit uns gelitten und sagt: „Erholt euch, was möchtet ihr trinken?“ Helena antwortet: „Es ist so heiß, ein kaltes Bier wäre jetzt super.“ Den Gig der Gewinnerband des Bandcontest Friends Don’t Lie habe ich verpasst. Das ärgert mich. Mittlerweile ist es 16 Uhr. Der Ärger verrauscht langsam und wir kommen endlich dazu, uns richtig umzusehen.

Drei große Bühnen, die Utopia Stage (Hauptbühne), Mandora Stage und Orbit Stage, mehrere kleinere und Warsteiner mit einer Extra-Partyszene. Der Beat wummert, überall tanzende, singende, lachende Menschen. Viele sind geschminkt, tätowiert, kostümiert. Beste Stimmung, hinein in das Gewühl. Zum Auftakt sind rund 70.000 Menschen dabei. „Heute geht es bis 2.15 Uhr“, sagt Helena. „Aha“, antworte ich leicht besorgt und denke: „Ob ich das wohl durchhalte?“ Nun wandern wir von der einen zur anderen Bühne, immer im Pulk. Zwischendurch gehe ich auf den Pressebalkon, Fotos schießen, Videos drehen, mit Kollegen sprechen.

Dann meldet sich Tim: „Wo seid ihr?“ Oje, das ist nicht einfach zu beschreiben. Wir machen Fotos der Standorte, schicken sie einander und finden uns tatsächlich, in der Mitte von Utopia Stage und Orbit Stage. Begrüßung, drücken, in den Arm nehmen. Phillip ist dabei, den kennt Helena noch nicht. Tagsüber war es warm, jetzt wird es langsam kühler, es weht ein frischer Wind. Wir wollen ein Bier trinken und ich stelle fest: Mit Bargeld bezahlen geht nicht.

Jedes Armbändchen hat einen Chip, der aufgeladen werden muss. Das geht über das Scannen mit dem Handy oder an einer der Ladestationen auf dem Gelände. Ist mir zu kompliziert, denke ich, mache ich morgen: „Tim gibt mal deinen Arm mit dem Bändchen.“ Die Bedienung hält ein Lesegerät auf den Chip und schon ist das Bezahlen erledigt. Natürlich bekommt er den Betrag und etwas mehr von mir bar, ist doch klar. Das macht man als Tante so.

Die Lipper-Clique war schon am Donnerstag angereist, mit dem Auto aus Detmold. „Wir sind auf einem Campingplatz, ungefähr vier Kilometer von hier entfernt“, sagt Phillip und ergänzt: „Schlafen im Zelt, eigentlich.“ „Wieso eigentlich?“, fragt Helena. „Na ja, es ist manchmal nicht so einfach, das Zelt zu finden“, sagt er lachend und schaut Tim grinsend an. Tim erklärt: „Die Fahrt war so anstrengend.

Nach der Ankunft haben wir dann viel Flüssigkeit gebraucht und das eine oder andere Bier gezischt. Später wollte ich die Schlafsäcke aus dem Auto holen, die waren aber im Zelt. Wusste ich aber nicht, sah ich erst als ich am Auto war. Meine Kumpels habe ich dann angeschrieben und im Auto geschlafen, war saukalt.“ Alle lachen und stellen sich Tim in Embryostellung vor.

Wir reden einige Zeit und trinken noch ein Bier. Es wird kalt, richtig kalt, ein eisiger Wind geht. Ich denke an den Nachhauseweg. Die Anbindung zwischen Adenau und dem Nürburgring ist schlecht. Es gibt Shuttlebusse, die aber nur die Campingplätze anfahren. Taxis werden manchmal nicht mehr durchgelassen, die Straßen abgesperrt. Das hatte ich recherchiert und mache mir etwas Sorgen. Uns allen wird kalt. Wir verabschieden uns. Die Jungs laufen zum Campingplatz.

„Helena, wie sieht es aus? Mir ist kalt und ich bin auch müde. Von den Bands, die heute noch spielen, ist dir da eine besonders wichtig?“, fragte ich. Blick ins Handy, Spielplan ansehen, dann erklingt ein für mich erleichterndes „nein“. Wir gehen zum Ausgang. Menschen, Menschen, Menschen.

Helena fragt einen Ordner, ob es einen Taxistand gibt. Der lacht und erklärt: „Die Straße ist geschlossen, Taxis dürfen nicht mehr hoch.“ Plötzlich ein Taxi, ich rufe Helena, laufe darauf zu und frage den Fahrer: „Können sie uns nach Adenau bringen?“ Ein Ehepaar hinter mir fragt: „Adenau? Dürfen wir mitfahren?“ Super, das ist geglückt. Die 30 Euro Fahrtkosten werden geteilt, das passt. (ah)

Teil zwei folgt in der kommenden LWZ-Printausgabe am 24. Juni.


Das größte deutsche Zwillingsfestival „Rock am Ring“ und „Rock im Park“

Bei strahlendem Sonnenschein und bestem Wetter feierten in diesem Jahr 150.000 Fans bei „Rock am Ring“ und „Rock im Park“. Über 70 Acts waren am Ring zu bewundern. Zu den Headlinern gehörten die Foo Fighters, Kings of Leon und die Toten Hosen.

Die US-amerikanische Band Foo Fighters, 1994 gegründet, präsentierte ihr neues Album „But Here We Are“ exklusiv am Nürburgring. Der Bandgründer Dave Grohl (Sänger und Rhythmusgitarrist) performte unter anderem mit seiner 17-jährigen Tochter Violet. Die Punk-Legenden NOFX und Sum 41 gaben ihre Abschiedskonzerte.

Die Veranstalter DreamHaus und Eventimpresents ziehen insgesamt ein positives Fazit. CEO und Festivalveranstalter Matt Schwarz, dankt den Fans, dass sie die Position des Festivals in Europa aufgrund ihrer hohen Teilnehmerzahl untermauert haben.

Dr. Frithjof Pils, CEO von Eventimpresents erklärt: „Von außen ist kaum zu sehen, welche planerische und logistische Herkulesaufgabe hinter der Organisation von Festivals wie ‚Rock am Ring‘ und ‚Rock im Park‘ steht. Daher gilt unser aufrichtiger Dank vor allem auch unseren fantastischen Teams und allen Beteiligten hinter der Bühne.“

Einen kostenlosen Livestream der drei Tage gibt es hier.