Übergabe der elften Rudolf-Günther-Medaille durch den HVV Bad Salzuflen: (von links) Dr. Stefan Wiesekopsieker, Maron von Cannstein (stellvertretende Bürgermeisterin), Bernhard Dröge, Bettina Hohnhorst, Heiner Begemann (Kirchenvorstand) und Udo Voßhenrich (Bürgerstiftung Bad Salzuflen). Foto: Reiner Toppmöller

Bad Salzuflen. Großer Bahnhof im Gemeindehaus der Evangelisch-reformierten Kirchengemeinde Bad Salzuflen. Der Heimatverein Bad Salzuflen (HVV) hatte geladen, um die elfte Rudolf-Günther-Medaille für die Restaurierung des neuen Gemeindehauses an der Von-Stauffenberg-Straße 1 zu überreichen.


Begrüßt wurden die Gäste von der stellvertretenden Bauausschussvorsitzenden der Gemeinde, Bettina Hohnhorst. Sie berichtete, dass das Haus in der Coronazeit unter Denkmalschutz gestellt worden sei, womit man in der Gemeinde stark gehadert habe.  „Wir hatten mit dem Haus eigentlich etwas anderes vor, aber jetzt ist es Schmuckstück geworden“, sagte sie.

Der Vorsitzende des HVV, Dr. Stefan Wiesekopsieker, hielt die Laudatio an diesem Tag. Die Auszeichnung trägt den Namen des Bad Salzufler Architekten Rudolf Günther. 1880 in Schötmar geboren, erlernte er das Zimmererhandwerk, besuchte unter anderem die Baugewerkschule in Höxter und arbeitete einige Jahre in Bielefeld im Büro des Architekten Bernhard Kramer, bevor er 1909 im Regel’schen Hause an der Langen Straße sein eigenes Büro eröffnete.

Er lieferte zahlreiche Entwürfe für Pensions-, Geschäfts- und Wohnhäuser. Darunter Häuser wie der „Kleiner Grünauer“, am Herforder Tor, das Denkmal der Paulinenquelle am Salzhof oder das Haus Bender an der Parkstraße.

Das jetzt ausgezeichnete Haus ist in ganz besonderer Weise mit der Stadtgeschichte verwoben. Sein Bauherr war der damalige Medizinalrat Dr. Heinrich Hasse, der sich als Begründer des Bades einen Namen gemacht hat.

Hasse ließ sich 1820/21 dort ein schlichtes Wohnhaus errichten, das er auch als ärztliche Praxis nutzte. Nach seinem Tod im Jahre 1868 wurde das Gebäude von der Familie an die Stadt verkauft, die es der Kirchengemeinde zur Verfügung stellte, der es bis heute gehört und die es in den vergangenen anderthalb Jahren komplett saniert hat. In Zukunft wird dort das Gemeindebüro zu finden sein, zusätzlich ist Wohnraum geschaffen worden.

Dr. Wiesekopsieker betonte in seiner Rede, dass sich der HVV seit seiner Gründung dem „Erhalt des historisch gewachsenen Ortsbildes“ und damit auch dem Denkmalschutz verpflichtet habe. „Diese Aufgabe nehmen wir sehr ernst und werden daher nicht müde, auf Problemfälle in diesem Bereich hinzuweisen oder vermeintlich segensreichen Innovationen entgegenzuwirken“, so der Vorsitzende des Vereins.

Seit langem bedauere man den schleichenden Verlust denkmalwerter Substanz in der Stadt. Immer wieder verschwänden nahezu unbemerkt alte Häuser aus dem Stadtbild. Er bemängelte, dass zwischen den hübschen Ein- oder Zweifamilienhäusern der Vorkriegszeit nun Appartementhäuser mit Tiefgaragen und Vorgärten stünden, ausgestattet mit Steinen und Binsengras.

„Überhaupt ist unsere Stadt mit immer mehr Bauten bestückt, die den Charme von DDR-Plattenbauten haben – wohlwollend nennt man es dann Bauhausstil – oder solchen, die die 1980er-Jahre noch einmal auferstehen lassen. Auch ist es zur Unsitte geworden, Baudenkmale durch eine unpassende Bebauung in der Nachbarschaft zu entwerten, ja sogar zu zerstören“, so Wiesekopsieker.

An der unteren Waldstraße fänden sich dafür zwei grauenhafte Beispiele: Aus einem einst wunderschönen Anwesen sei dort ein Schandfleck geworden, sagte er. Er fordere daher nicht nur dort, auch zur Erhaltung von noch vorhandenen, aber zu verfallen drohenden Denkmälern, das aktive Einschreiten von Politik und Verwaltung.

Der HVV bleibe Sprachrohr und werde auch künftig dafür sorgen, dass historische Bausubstanz erhalten bleibe und der Denkmalschutz eine Lobby habe. „Wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass ein mit historischer Bausubstanz durchsetztes Stadtbild ein wesentlicher Punkt ist, weshalb die Menschen gern hier leben beziehungsweise hierherkommen. Sie stehen staunend vor den Fachwerkbauten, den Villen aus der Blütezeit unseres Bades, sie bewundern die Stadtmauer und freuen sich an intakten Straßenzügen. Touristen kommen nicht, weil wir den aberhundertsten weiß geklinkerten Bunker mit Eigentumswohnungen, Tiefgarage und gleichem Briefkasten vorhalten, sondern sie kommen, weil sie im Stadtbild das Individuelle, das Besondere und den Charme des Alten lieben“, so der Laudator abschließend.

Zum ersten Mal wird die Medaille mit einem Geldpreis versehen. Dieser wird von der neuen Bürgerstiftung Bad Salzuflen ausgelobt. Deren Vorsitzender, Udo Voßhenrich, sagte zu, dass dies auch in den kommenden Jahren so sein werde.