Das alte Verwaltungsgebäude der Ziegelei Bergmann: Dort ist das MVZ für das Kalletal entstanden. Foto: Reiner Toppmöller

Kalletal. Für größeres Aufsehen sorgte vor einigen Wochen der Gerichtstermin „MVZ gegen die UKB Kalletal“. Es ging um die Unterlassungsklage von Aussagen der Wählerinitiative im Wahlkampf, das MVZ stünde möglicherweise vor einer Insolvenz. Dies darf nach dem Urteil vom 26. September von der UKB nicht mehr behauptet werden.


In einem Schreiben an das Gericht vom 20. September stellte Dr. Martin Schäfers, Hausarzt im Kalletal, jedoch bereits klar, dass Aussagen der Klägerin, die Kalletaler Ärzteschaft sei an den Gesprächen zur Gründung beteiligt gewesen, nicht der Wahrheit entsprechen würden und weist gleichzeitig darauf hin: „(…) dass alle Beschlussvorlagen, Finanzpläne sowie Betriebsergebnisse des MVZ strengster Geheinhaltung unterliegen (…)“ und nicht einmal die Mitglieder der Gesellschafterversammlung informiert worden seien.

Gleichzeitig rechnet der Mediziner in dem Schreiben vor, dass aus den bekannten Zahlen eine Unterdeckung von 40.000 bis 50.000 Euro in den ersten drei Monaten des Betriebs zu erwarten sei. Fazit des Schreibens: „Es liegt nahe, aufgrund dessen erhebliche wirtschaftliche Probleme einschließlich der Gefahr einer Insolvenz zu vermuten“, so der niedergelassene Arzt aus dem Kalletal.

Weiter führt er Punkte an, die einer Gründung aus wirtschaftlicher Sicht widersprochen hätten, wie zum Beispiel keine vorherige kompetente Bedarfsplanung, ausreichende Versorgung durch die Hausarztpraxen durch Doppelbesetzung, nicht vorliegende gesetzliche Voraussetzungen für die Gründung eines MVZ, sowie die Durchsetzung mithilfe eines unter fragwürdigen Kautelen (Anm. d. Red. Lateinisch für Vorsichtsmaßregel) durchgeführten Bürgerbegehrens, um nur einige Punkte zu nennen.

Jetzt spitzt sich die Lage zu. Am vergangenen Samstag (4. Oktober) lud Bürgermeister Mario Hecker nach LWZ-Informationen für Montagabend (6. Oktober) zu einer interfraktionellen Runde ein. Tagesordnungspunkt: die sofortige Bereitstellung von 50.000 Euro zur Zahlung der Löhne für die Mitarbeiter des MVZ im laufenden Monat sowie weitere 100.000 Euro Kredit für die nahe Zukunft. Nach Informationen dieser Zeitung nahmen Mitglieder der UKB an dieser Sitzung nicht teil und die CDU war ausschließlich durch ihren stellvertretenden Bürgermeister vertreten.

Der Bürgermeister braucht für diese außergewöhnlichen Ausgaben der Gemeinde durch einen Dringlichkeitsbeschluss die Zustimmung des Rates. Dort hat sich jedoch seit der Wahl die Mehrheit verändert. Jetzt soll sich, wie bereits seit dem Wahlwochenende bekannt, der alte Rat (rot-grüne Mehrheit) am 30. Oktober treffen, um dem Beschluss zuzustimmen.

Nun bleibt die Frage offen, seit wann der Bürgermeister, der auch Vorsitzender der Gesellschafterversammlung ist, von den finanziellen Problemen wusste? Wurden aus diesem Grunde Fragen der politischen Opposition nach Transparenz nicht nachgegeben? Liegt jetzt nicht doch der Verdacht der Insolvenzverschleppung, wie von der UKB angedeutet, vor?

Nicht einmal zwei Wochen nach der Wahl und eine Woche nach dem Urteil des Landgerichtes stellt er die Unterfinanzierung fest? Wenn die Finanzlücke bekannt war, rechtfertigt es dann einen Dringlichkeitsbeschluss?

Ein Hinweis darauf könnte die Aussage der Anwältin der Klägerin im Rechtsstreit gegen die UKB, Rechtsanwältin Julia Basselmann, sein, die in der Verhandlung schon sagte: „Solche Aussagen, wie die der UKB führen nicht dazu, dass mehr Patienten kommen.“

Es drängt sich der Verdacht auf, dass die rechtliche Auseinandersetzung so kurz vor der Wahl ein gezieltes Ablenkungsmanöver war, um sich vor der Wahl den berechtigten Forderungen der Oppositionsparteien nach Transparenz zu entziehen.