Das alte Verwaltungsgebäude der Ziegelei Bergmann: Dort ist das MVZ für das Kalletal entstanden. Foto: Reiner Toppmöller

Kreis Lippe/Kalletal. Er hat seinen ganzen persönlichen Ehrgeiz in die Waagschale geworfen, ja sogar die Unabhängigen Kalletaler Bürger (UKB) über die Geschäftsführung, noch vor der Wahl wegen Rufschädigung vor Gericht gezogen. Jetzt steht der Kalletaler Bürgermeister Mario Hecker (parteilos) wohl möglich vor einem Trümmerhaufen.


Sein großes Projekt, das kommunale Medizinische Versorgungszentrum (MVZ), steht vor der Insolvenz. Schon kurz nach der Wahl wurde zahlreichen Beobachtern klar, dass die UKB mit ihrer Meinungsäußerung im Wahlkampf wohl nicht gänzlich falsch lag.

Denn schon eine Woche nach dem Wahlergebnis holte sich der Bürgermeister mit der alten rot-grünen Mehrheit die dringend benötigten 260.000 Euro, um Löhne und Kosten des MVZ zu zahlen. Die CDU, die bei dieser Abstimmung schon vermutete, dass sich im Frühjahr möglicherweise dasselbe wiederholen werde, wurde jetzt, genau wie die UKB, die inzwischen vor dem Oberverwaltungsgericht (OVG) Köln in Berufung gegangen ist, mit einer 13-seitigen Vorlage für die Ratssitzung am Donnerstag, 11. Dezember, überrascht.

Demnach sollen weitere 300.000 Euro nachgeschossen werden. Zudem soll, so der Bürgermeister, ein von der CDU schon lange geforderter Aufsichtsrat für das MVZ eingerichtet werden. Folgt der Rat dem Antrag des Bürgermeisters nicht, so müsse er für das MVZ eine Insolvenz beantragen. Diese Drohung, so wurde bekannt, wurde auch in den interfraktionellen Gesprächen von Mario Hecker im Vorfeld ausgesprochen, genauso wie die Drohung, jeden mit einer Schadensersatzklage zu überziehen, der über die Gespräche berichtet.

In seiner Vorlage fordert der Bürgermeister unter Druck die zusätzlichen Mittel ein, die Auswirkungen auf den Haushalt haben werden. Mario Hecker spricht von Vertrauensverlust für die Gemeinde bei Nichtzustimmung und darüber, dass bisherige Kredite in der Insolvenz verloren wären, auch für die Volksbank Bad Salzuflen, die er explizit anspricht.

Zur Erinnerung, mit dem Beschluss zum MVZ im Jahr 2024 legte der Bürgermeister Zahlen vor, die die Einrichtung des MVZ schon mit einem Überschuss von 17.500 Euro für das Jahr 2025 vorsahen. Kritische Fragen der CDU, die damals in der Opposition war, seien von Anfang an nicht beantwortet worden. Genauso wie die Fragen nach der finanziellen Situation des MVZ vor der Wahl.

Dass die UKB mit ihrer Vermutung im Wahlkampf möglicherweise recht hatte, zeigt die schnelle Reaktion nach dem Wahlsonntag, Geld für das MVZ zu beschaffen. Jetzt schießt sich der Bürgermeister erneut auf die UKB ein und erwähnt in seiner Vorlage die Berufungsklage, die möglicherweise eine Befangenheit der Fraktion in der Abstimmung bedeuten könne. Sollte die UKB nicht abstimmen können, hätte der Bürgermeister seine alte rot-grüne Mehrheit wieder, da die derzeitige Mehrheitsfraktion dann unterlegen wäre.

Das alles reicht aber noch nicht aus. Im direkten Angriff geht der Bürgermeister auf die niedergelassenen Ärzte im Kalletal und Dr. Martin Schaefers los. Die Verwaltung habe bei der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe (KVWL) um Auskunft über die tatsächlich in Kalletal niedergelassenen Ärzte gebeten, um bestmögliche Transparenz zu schaffen, heißt es in der Vorlage.

Dr. Schaefers hatte sich von Beginn an gegen ein MVZ ausgesprochen und im Verfahren gegen die UKB dem Gericht gegenüber sehr deutlich geäußert (die LIPPISCHE WOCHENZEITUNG berichtete). Jetzt schreibt der Bürgermeister, auf Nachfrage der Verwaltung habe die KVWL mitgeteilt, dass die Ärztin, die sich bei Dr. Schaefers in der Ausbildung befände, tatsächlich nicht in der Weiterbildung stehe und auch nicht in den Daten hinterlegt sei.

Ein einmaliger Fall, dass ein Gemeindeoberhaupt gegen seine niedergelassenen Ärzte agiert, um sein aus Steuermitteln finanziertes Gebilde zu retten. Selbst der Hinweis in der Vorlage, dass Einrichtungen mit Trägerschaft Interesse am MVZ Kalletal hätten, bleibt zu bezweifeln.

Nicht der Kreis Lippe sei an den Bürgermeister wegen einer Übernahme herangetreten, sondern umgekehrt, sagt Landrat Meinolf Haase. Auf die Frage, ob er sich eine solche vorstellen könne, antwortete er: „Kreis und Gemeinde sind auf der Suche nach Optimierung.“

Fest steht, die Ratsmitglieder des Kalletaler Rates stehen vor einer großen Entscheidung. Stimmen sie zu, öffnen sie möglicherweise die „Büchse der Pandora“ für ein Millionengrab, das die Finanzen der Gemeinde langfristig belasten wird. Gib es die zusätzlichen Kredite nicht, wird das MVZ mit einer Insolvenz schließen müssen.

Warnungen von allen Seiten, dass es dazu kommen könne, wurden vom Bürgermeister und seiner alten Mehrheit von Anfang an ignoriert, ja unliebsame Warner sogar bekämpft, wie der Fall der UKB zeigt.