Nahrungs-Gewerkschaft appelliert an Ampel: Mehr Tarif-Jobs für Beschäftigte in Lippe

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Die Nahrungs-Gewerkschaft appelliert an die heimischen Bundestagsabgeordneten, sich für eine stärkere Tarifbindung von Betrieben einzusetzen. Foto: Nils Hillebrand/NGG

Kreis Lippe. Es gibt dickere und dünnere Lohntüten: „In der Regel ist da, wo ein Tariflohn bezahlt wird, auch mehr in der Lohntüte“, sagt die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG). Deshalb setzt sie jetzt auch im Kreis Lippe auf deutlich mehr Tarif-Jobs.

Insbesondere in den Betrieben, in denen Nahrungsmittel hergestellt oder verarbeitet würden, gebe es, so die Gewerkschaft, erheblichen Nachholbedarf. „Wenn das eigene Unternehmen nicht an den Tarif der Branche gebunden ist, hat das für die Beschäftigten erhebliche Folgen“, sagt Thorsten Kleile von der NGG Ostwestfalen-Lippe.

„Nicht nur ihr Verdienst ist meistens deutlich niedriger als der Tariflohn. Auch die im Tarifvertrag vereinbarten Regelungen zur Arbeitszeit, zum Urlaub oder zu Kündigungsfristen gelten für die Beschäftigten nicht. Und bei Sonderzahlungen gehen sie ohnehin meistens leer aus“, ergänzt er.

Die Arbeitsbedingungen in tariflosen Betrieben seien in der Regel deutlich schlechter. „Dort fehlen ganz einfach die für die Branche geltenden ‚Job-Leitplanken‘, für die die Gewerkschaft sorgt“, so der NGG-Geschäftsführer. Nach einer Studie des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung müssen Beschäftigte ohne Tarifvertrag pro Woche fast eine Stunde länger arbeiten als tariflich Beschäftigte. Außerdem verdienten sie durchschnittlich elf Prozent weniger.

Mit Blick auf die Tarifbindung in der Ernährungsindustrie verweist Thorsten Kleile auf neueste Zahlen des Statistischen Bundesamtes: „In Nordrhein-Westfalen kommen nur 59 Prozent aller Beschäftigten in der Herstellung von Nahrungs- und Futtermitteln in den Genuss eines Tarifvertrags. Vor Ort sieht die Situation nicht anders aus. Auch wenn sich dort langsam etwas bewegt: Trotzdem ist für einen Großteil der Beschäftigten der Branche im Kreis Lippe der Job mit Tarifvertrag noch längst nicht die Regel.“

Damit sich das ändere, müsse die Politik die Weichen für eine stärkere Tarifbindung stellen. Kleile weiter: „Es muss dafür gesorgt werden, dass mehr Beschäftigte unter dem Schutz eines Tarifvertrags arbeiten und den fairen Tariflohn bekommen. Notwendig ist deshalb ein ‚politischer Push pro Tarifvertrag‘. Ziel muss eine 100-Prozent-Quote sein.“

Das hieße, dass Tarifverträge für alle Betriebe einer Branche gelten müssten, und zwar ohne Ausnahme. Die schon jetzt existierende Möglichkeit, Tarifverträge – durch die sogenannte Allgemeinverbindlichkeit – für alle als verpflichtend zu erklären, müsse hierzu erleichtert werden.

Kleile appelliert an die heimischen Bundestagsabgeordneten, die politischen Weichen für eine Stärkung der Tarifbindung zu stellen. Auch im Koalitionsvertrag hätten sich die Ampel-Parteien dafür ausgesprochen. (lwz)