Aktualisiert: Petersilie ist Giftpflanze des Jahres 2023

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Eine, die sich auskennt: Die Detmolderin Heike Mathejczyk betreut ehrenamtlich den Kräutergarten der Abtei Marienmünster. Fotorechte: Mathejczyk.

Kreis Lippe. Petersil, Peterli, Petergrün oder Silk, Felsensilge, Stehsalat und Steineppich – sie hat viele Namen und ist wohl eines der bekanntesten Gewürzkräuter schlechthin: die Petersilie. Glatt oder kraus wächst sie im Garten, auf der Terrasse, dem Balkon oder auf Fensterbänken und thront in Restaurants wortwörtlich auf fast jedem Gericht. Und doch wurde die Petersilie jüngst zur Giftpflanze des Jahres 2023 gekürt.

Es klingt wie ein verfrühter Aprilscherz: Was zuhauf in Kräuterquarks, Soßen, Salaten und Suppen gefuttert wird, soll giftig sein? „Ganz so schlimm ist es nicht. Aber wie auch bei der Kartoffel, die diesen Titel 2022 erhielt, wird auch bei der Petersilie deutlich, dass manche unserer Lebensmittel eine dunkle Seite besitzen, von der viele Menschen nichts wissen“, erläutert Biologin Heike Mathejczyk.

Giftig zum falschen Erntezeitpunkt

Eine dunkle Seite, die sich bei Petroselinum crispum, so der botanische Name des Doldenblütlers, allerdings erst im zweiten Jahr nach der Blüte zeigt. „Sobald die Pflanze blüht, sind die Blätter nicht mehr genießbar. In ihnen reichert sich das giftige Apiol an, ein ätherisches Öl, das Krämpfe von Verdauungsorganen und Gebärmutter hervorrufen kann“, zeigt die Detmolder Fachfrau auf. „Die Blätter und auch andere Teile der Pflanze sind quasi vergiftet.“ Während und auch nach dem Erscheinen der Blütendolden ist der Verzehr des Würzkrauts gesundheitsschädigend. Die Petersilie ist nicht mehr genießbar. „Bei nicht genauer Kenntnis der Petersilienpflanze sollte keine verwilderte Petersilie bei Kräuterwanderungen gepflückt und auch keine Wurzel ausgegraben werden – zumal Verwechslungsgefahr mit anderen Pflanzen der gleichen Familie besteht, die gleichartige Blätter aufweisen wie etwa die hochgiftigen Wasser- oder Fleckenschierlinge“, verdeutlicht auch Apotheker Dr. Manfred Hannig, der sich nicht nur seit mehr als 30 Jahren ehrenamtlich für das Umweltzentrum Heerser Mühle in Bad Salzuflen engagiert, sondern auch das dortige Kräutergarten-Projekt begleitet. Vorsicht sei auch bei den eiförmigen Samen geboten: „Darin ist ebenfalls ein sehr hoher Anteil des giftigen Apiols vorhanden.“

 Missbräuchliche Nutzung

„Deswegen wurden vom Mittelalter bis hinein in die Neuzeit mit apiolhaltigen Zubereitungen aus der Pflanze missbräuchlich Abtreibungsversuche durchgeführt“, wissen die beiden Experten. Der altüberlieferte Vers „Petersil und Suppenkraut wächst in unserem Garten, unser Lieschen ist die Braut, kann nicht länger warten, roter Wein und weißer Wein, morgen wird die Hochzeit sein“ liest sich so auf einmal gar nicht mehr wie ein naiver Ringelreihen. In Wirklichkeit geht es um die tragische Situation einer schwangeren, unverheirateten Frau, die mit Hilfe der giftigen Petersilie ihr Kind abtreibt. Der rote und der weiße Wein weist auf die Körperflüssigkeiten hin. Während der giftige Samen für Abtreibungen genutzt wurde – eine Verwendung, die für die Frau nicht immer positiv verlief – sagte man der Wurzel nach, dass sie die Manneskraft stärken solle: „Petersilie hilft den Männern aufs Pferd, den Frauen unter die Erd“, dichtete der Volksmund.

Vielseitige Gewürz- und Heilpflanze

Aber wie so oft macht auch bei der Petersilie die Dosis das Gift. So galt die Petersilie in der Antike als heilige Pflanze und war – in richtigem Maße eingesetzt – schon früh als Heilpflanze bekannt, die gegen eine Vielzahl von Leiden verwendet wurde. Sie spielte eine Rolle in der Klostermedizin und fand Erwähnung bei Paracelsus, Hildegard von Bingen und Kneipp. So soll Petersilie etwa den Appetit anregen und die Verdauung fördern, aphrodisierend, harntreibend, blutreinigend und krampflösend wirken oder bei Menstruationsschmerzen Linderung versprechen.

Unabhängig von ihrer Eigenschaft als Heilmittel verzehren die meisten von uns das grüne Doldengewächs allerdings, weil es einfach gut mundet. Schöner Nebeneffekt: Außer ihrem feinen aromatischen Geschmack punktet die Petersilie durch einen hohen Vitamingehalt und ihren Reichtum an Mineralien und Spurenelementen. Wer sie also demnächst wieder als grüne Dekoration auf dem Tellerrand entdeckt, weiß: Petersilie ist nicht nur ein optischer Schönmacher, sondern für die Gesundheit oft nützlicher als die Spei­se, die sie ziert. (kh)